Hass im Netz: Facebook gründet "Taskforce" gegen Hass
Facebook und Bundesjustizminister Maas haben sich auf Maßnahmen im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit im Netz geeinigt. Doch nicht alle Forderungen des Ministers wurden erfüllt.
Das Bundesjustizministerium will eine "Taskforce" gegen Hasskommentare im Internet einrichten. Daran könnten sich Anbieter sozialer Netzwerke und nichtstaatliche Organisationen auf Einladung des Ministeriums beteiligen, sagte Justizminister Heiko Maas (SPD) am Montagabend in Berlin. Ziel sei es, „das Beschwerdemanagement zu verbessern und dafür zu sorgen, dass strafbare Aussagen schneller identifiziert werden können“. Die "Taskforce" solle Vorschläge für einen effektiven Umgang mit Hetzreden im Internet entwickeln. Erste Ergebnisse dazu sollen bis Ende des Jahres vorliegen. Maas betonte, das Grundgesetz schütze die Meinungsfreiheit, die jedoch Grenzen habe. Volksverhetzung sei eine Straftat und müsse wirksam verfolgt werden.
Facebook will Arbeitsgruppe auch finanziell unterstützen
Zwei Stunden hatte Maas am Montag zusammen mit Vertretern von Facebook debattiert, wie konsequenter gegen Hasskommentare im Netz vorgegangen werden könne. Weitermachen wie bisher, wäre für Facebook kaum möglich gewesen. Nachdem vergangene Woche auch noch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) das US-Unternehmen aufgefordert hatte, sich konsequenter im Kampf gegen Hass-"Parolen" zu engagieren, musste das soziale Netzwerk handeln. Bereits vorm Treffen mit dem Bundesjustizminister gab Facebook bekannt, welche Schritte es ergreifen will, um Fremdenfeindlichkeit auf der Plattform zu begegnen.
So strebt Facebook neben der Teilnahme an der Arbeitsgruppe auch an, Mitglied bei der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) zu werden, einem gemeinnützigen Verein, der sich mit Jugendmedienschutz in Onlinemedien befasst. Auch will das soziale Netzwerk eine Kampagne starten, die Nutzer animieren soll, Hassbotschaften aktiv zu widersprechen.
"Ich hätte mir ein Löschgremium in Deutschland gewünscht"
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt zeigte sich enttäuscht über das Ergebnis das Treffens. "Facebook hat mehr Möglichkeiten, als einen Arbeitskreis einzusetzen und eine Aufklärungskampagne zu starten", sagte Göring-Eckardt dem Tagesspiegel. "Ich hätte mir ein Löschgremium in Deutschland gewünscht." Sie fordert: "Facebook muss dauerhaft sicherstellen, dass Rassismus, Sexismus und Homophobie auf seinen Seiten keinen Platz haben.“ Vergangenen Freitag hatte die Grünen-Politikerin in einem Video Hasskommentare vorgelesen, die sie selbst über Facebook erhält - und das das soziale Netzwerk aufgefordert, konsequenter zu handeln.
Facebook will Beschwerdestellen finanziell unterstützen
Maas ermahnte Facebook, mit privaten Beschwerdestellen wie Netz gegen Nazis, Laut gegen Nazis und FSM noch enger und intensiver als in der Vergangenheit zusammenzuarbeiten. Ihren Hinweisen solle "schnell und privilegiert" nachgegangen werden. Vereinbart wurde im Rahmen des Treffens auch, dass Facebook die Arbeit bestehender Internet-Beschwerdestellen mit einem „signifikanten finanziellen Beitrag“ unterstützen wird. Welchen Betrag das soziale Netzwerk in die Maßnahmen investieren wird, gab Policy-Director Allan nicht bekannt.
Auch wenn Facebook angesichts des politischen Drucks Zugeständnisse gemacht hat, kommt das Unternehmen nicht allen Forderungen nach, die Maas vorher erhoben hatte. So hatte er verlangt, in Deutschland ein Team mit deutschsprachigen Mitarbeitern einzustellen. Sie sollten gezielt gegen Hassbotschaften über Ausländer und Flüchtlinge auf der Plattform vorgehen. Facebook beschäftigt jedoch bereits deutschsprachige Mitarbeiter, allerdings in der Europazentrale in Dublin, wo ein Team Kommentare überprüft und gegebenenfalls löscht. Das soziale Netzwerk setzt hierbei auf das Prinzip der Selbstregulierung, nur von Nutzern gemeldete Posts werden geprüft und vor allem nur dann gelöscht, wenn sie nach Ansicht von Facebook gegen die Gemeinschaftsstandards des Netzwerks verstoßen. Dazu würden Inhalte „wie Hassrede, Aufruf zur Gewalt oder Gewaltverherrlichung“ zählen. Allerdings zeigen Beispiele, dass dieses Prinzip nicht ausreichend greift.
Oettinger will Plattformen für Inhalte haftbar machen
EU-Digitalkommissar Günther Oettinger will Internetkonzerne wie Facebook deshalb für die auf ihren Plattformen verbreiteten Inhalte haftbar machen. Für die Fernsehsender gebe es bereits solche Regeln, sagte er dem „Handelsblatt“. Gewaltverherrlichung, Pornografie und Hassreden seien verboten. „Wir müssen nun überlegen, ob einige Vorschriften auf neue Dienste und Plattformen im Internet ausgeweitet werden können“, sagte Oettinger. Entsprechende Vorschriften wolle er in die in Kürze zu novellierende Richtlinie für audiovisuelle Medien einfügen. Das dürfte allerdings nicht ganz einfach werden: Denn beispielsweise Googles Youtube ist in mehreren Verfahren vor Gericht als Plattform eingestuft worden, die nicht für die Inhalte von Nutzern haftet, bevor sie davon Kenntnis erlangt.
Umso mehr werden die ersten Ergebnisse der "Taskforce" erwartet, die in knapp dreieinhalb Monaten vorliegen sollen. Hassparolen werden mithilfe der Arbeitsgruppe sicher nicht aus den sozialen Netzwerken und von Online-Plattformen verschwinden. Aber vielleicht trägt die Kampagne zu einer Sensibilisierung der Nutzer bei, die Kommentare voller Hass und Hetze künftig schneller melden. Diese dann umgehend zu löschen oder Ermittlungsbehörden weiterzuleiten, bleibt weiterhin die Aufgabe von Facebook.