Relaunch des Frauenmagazins: Ewig „Emma“
Alice Schwarzers Frauenmagazin macht sich fit für die Generation Instagram. Dabei bleibt "Emma" sich durchaus treu.
Sie ist die Veteranin der deutschen feministischen Publizistik: Seit inzwischen 42 Jahren gibt es „Emma“. Und weil verdiente Kämpferinnen, wenn sie aus Papier sind, nicht einfach in Würde grau werden dürfen, hat sie in all den Jahren schon ein paar Renovierungen hinter sich gebracht. Die jüngste davon ist gerade in die Kioske gekommen. Für die Ausgabe November/Dezember hatte sich die Werbeagentur Scholz & Friends des Zwei-Monats-Magazins angenommen.
Erster Eindruck: Wirklich umgekrempelt sieht das Blatt nicht aus. Das war offensichtlich auch Programm. Man habe es „für die Instagram-Generation bilderreicher gestalten“ wollen, erklärt die Hausmitteilung der Redaktion. Sonst gilt: „Emma ist Emma“. Alice Schwarzer, Gründerin, Herausgeberin und auch nach mehr als 40 Jahren noch Chefin der „Emma“, zitiert im eigenen Editorial sogar eine Ex-Kollegin, die findet, die neue sehe aus wie die erste „Emma“ von 1977.
Modernisiert ist das Frauenzeichen, aus dem wie handgemalten magentafarbenen Venussymbol der Frauenbewegung aus Kreuz unter Kreis ist ein grafischeres Icon gleicher Farbe geworden. Der neue Slogan unterm „Emma“-Schriftzug auf dem Titel – „Bleibt mutig!“ – liest sich als Selbstbeschreibung etwas unnötig trotzig, als Durchhalteparole an die Leserinnenschaft dürfte er zur rechten Zeit kommen. Im Heft-Schwerpunkt „Männerwahn“ analysieren die Schriftstellerin Ines Geipel und „Emma“-Redakteurin Chantal Louis den Rechtsschwenk zweier Männer-Generationen im Osten: die DDR-Babyboomer, Geipels eigene Generation, von denen sie etliche aktiv in der AfD sieht, und die des Attentäters von Halle. Verwunderlich, dass Halle nicht Titelgeschichte dieser „Emma“ wurde, stattdessen eine immergrüne Story, die Reportage über Vater-Töchter von Bettina Flitner, der langjährigen Hausfotografin und Ehefrau der Herausgeberin. Dass Rassismus und Frauenhass zusammengehören, ist nach den Attentaten von Utoya bis Christchurch selbst in der nichtfeministischen Publizistik angekommen. Die feministische hat dazu aber eine jahrzehntealte Expertise.
Kollegah auf dem Gegentitel
Die hat es dafür auf den Gegentitel geschafft: Die Rückseite der neuen „Emma“ gehört ganz dem Rapper Kollegah, dem ersten Preisträger von „Emmas“ neuem Negativpreis „Sexist Man Alive“. Das ist nicht nur sprachlich eine etwas irritierende Adaption des „Sexiest Man Alive“ des US-Magazins „People“. Einer Negativ-Aussage so viel prominenten Platz zu geben, verstößt gegen ziemlich viel, was Rhetorik und Medienwirkungsforschung wissen. Der „Zuhälterrapper“, dessen Texte Gewalt, Frauen- und Judenhass verherrlichen, hat, nachdem ihm 2018 der Musikpreis Echo aberkannt wurde, wohl keine solche Schlagzeile mehr gehabt.
Kampf gegen Femizid, den gezielten Mord an Frauen, gegen Sexismus am Arbeitsplatz, der Blick auf Frauenleben und -tod anderswo – im aktuellen Blatt etwa auf die kurdische Feministin Havrin Khalaf, eines der ersten und gezielten Opfer der türkischen Invasion in Syrien – „Emma“ bleibt „Emma“, oft zum Glück. Leider auch da, wo Modernisierung not- täte: Alice Schwarzer hat im Blatt weiter das erste und das letzte Wort und noch viele dazwischen, darunter die Ratgeberkolumne „Ask Alice“ .
Eisern auch „Emmas“ Glaubensgewissheiten, in diesem wie allen Heften dieses Jahres: Neben Pornos geht es gegen Kopftücher und den Islam allgemein – selbst in der Reportage über Sexismus in deutschen Krankenhäusern sind Ärzte aus Nahost das Problem. Dabei handelt der Text auch von (weißer) Männerherrschaft im Krankenhaus, von Feigheit vor (auch nichtweißen) Frauenverächtern und gänzlich professorinnenfreien medizinischen Fakultäten in Deutschland.
Womöglich teilt „Emma“ das gemeinsame Problem der Mehrheit der deutschen Printmedien: Zu wenig Diversität. Und vielleicht meldet sich auf die Anzeige im neuen Heft („Emma sucht eine junge Redakteurin“) ja eine Muslima: „Bewerbung mit Foto“.
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