"Bild" für Friedrich Merz: Es kann nur einen CDU-Parteichef geben
"Hätte es mit Merz die AfD nie gegeben?": "Bild" macht weiter massiv Stimmung für den CDU-Politiker.
Hätte, hätte, Fahrradkette? Für die "Bild"-Zeitung gilt diese Redewendung nicht, jedenfalls nicht, wenn es um den CDU-Politiker Friedrich Merz geht. Der wird sich beim 31. Parteitag der CDU am 7. und 8. Dezember in Hamburg mit wahrscheinlich elf weiteren Kandidatinnen und Kandidaten um die Nachfolge von Angela Merkel als Parteivorsitzender bewerben. "Bild", immer noch die auflagenstärkste Zeitung im Land, hat sich nicht erst seit der Ausgabe vom Dienstag auf die Seite des sauerländischen Comebackers geschlagen.
Am Dienstag nun die Fahrradketten-Nummer. Auf Seite 2, der politischen Seite des Boulevardblattes, fragt die Zeitung: "Hätte es mit Merz die AfD nie gegeben?" Schon vor 18 Jahren habe der mögliche Merkel-Nachfolger vor Migrationsproblemen gewarnt. "Bild" zitiert aus einer Merz-Rede vom 15. Oktober 2000, gehalten in einem Kaufhaus in Neukölln: "Wir haben Probleme mit Ausländern. (...) Probleme, die mittlerweile die Menschen zutiefst beunruhigen und bewegen: mit Kriminalität, mit sehr hoher Ausländerarbeitslosigkeit, mit ungelösten sozialen Konfliktstoffen auch mit der übrigen Wohnbevölkerung." Merz beklagte laut "Bild" zudem, es werde versucht, "auch mir persönlich zu sagen: Darüber darf man öffentlich nicht streiten."
Zeithistoriker werden bemüht
Das Blatt bemüht zwei Zeithistoriker - Andreas Rödder und Eckhard Jesse -, die sich darin einig seien: Hätte die CDU in den Jahren danach mehr Merz gewagt, wäre eine andere politische Kraft nicht so groß auf der Bildfläche erschienen, die Alternative für Deutschland (AfD), gegründet 2013.
Hätte, hätte, Fahrradkette. Die "Bild"-Frage ist eine Spekulation, nichts und niemand kann Merkels humanitäre Entscheidung, 2015 die Grenzen nicht zu schließen, rückgängig machen. Und keineswegs ist es so, dass die Entscheidung von vielen nicht auch heute getragen wird. Und 2015 war die Aufnahme von Empathie, wenn nicht Euphorie begleitet worden.
Was "Bild" insinuiert: Mit einem CDU-Parteichef Friedrich Merz wird die Partei eine andere Flüchtlingspolitik praktizieren, und, wenn man die Berichterstattung des Blattes seit dem Antritt von Julian Reichelt als alleinigem Chefredakteur erinnert, diese Politik wird je restriktiver, desto besser sein. "Bild" hat mit dieser Perspektive eine Kehrtwende vollzogen. Reichelts Kurs ist eine klare Absage an seinen Vorgänger Kai Diekmann. Wenn es noch Restposten einer liberalen Flüchtlingspolitik in der "Bild"-Redaktion gegeben hat, sind diese endgültig getilgt und das Contra dazu mit der Merz-Unterstützung zum Programm gemacht. "Bild" will Merz, wird ihn puschen, Stimmung machen unter den 1001 Delegierten des Parteitages.
Friedrich Merz: Parteichef und Kanzler
Iden des Merz: Wenn der Politiker im Dezember neuer CDU-Chef wird, ist Angela Merkel immer noch Bundeskanzlerin. Aber wie lange dann noch? Werden "Bild" und bild.de nicht alsbald zum Kanzlerinnen-Sturz aufrufen und Friedrich Merz ins Kanzleramt tragen wollen? "Bild" und bild.de sind unverändert die größte Pauke, die die Publizistik in Deutschland kennt.
Am Dienstagnachmittag musste "Bild"-Favorit Friedrich Merz einen möglichen Rückschlag hinnehmen. Ermittler der Kölner Staatsanwaltschaft haben Räume der Vermögensverwaltung BlackRock in München durchsucht. Die Ermittlungen beziehen sich auf Cum-Ex-Transaktionen des Unternehmens im Zeitraum 2007 bis 2011, "also lange vor dem Eintritt Merz‘ in das Unternehmen", wie es bei Bild.de heißt. Merz arbeitet dort seit 2016 als Aufsichtsratschef. Der Bericht bei Bild.de hat eine Stichzeile mit nur einem Wort: "Zufall?".