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Als „Münchhausen“ mit Hans Albers 1943 in die Kinos kam, war vielen Deutschen längst bewusst, dass sie einem großen Schwindel aufgesessen sind.
© Friedr.Wilhelm-Murnau-Stiftung

100 Jahre Ufa: Ein Universum auf Zelluloid

Von einem General des Kaisers aus der Taufe gehoben, von Konrad Adenauer vor der Zerschlagung gerettet, heute vor allem im Fernsehen unterwegs: Arte erzählt in einer großen Retrospektive die Geschichte der deutschen Traumfabrik Ufa.

Ohne Erich Ludendorff hätte es keine Universum-Film Aktiengesellschaft Ufa gegeben, ohne Konrad Adenauer könnte die Ufa heute nicht die großen Erfolge feiern. Die Politik spielte in den 100 Jahren des Bestehens der Ufa über lange Zeit eine zentrale Rolle, nicht nur unter den Nazis – auch wenn diese den Film am rigorosesten als Propagandainstrument missbrauchten. 100 Jahre Ufa, der deutsch-französische Kultursender Arte widmet diesem Jubiläum einen ganz besonderen Schwerpunkt. Im Französischen wird Ufa übrigens als „Un Film Allemand“ übersetzt, wie es in der Dokumentation „100 Jahre Ufa – im Maschinenraum des deutschen Films“ heißt.

Die Rolle, die die Ufa zwischen 1933 und 1945 zu spielen hatte, ist immer wieder thematisiert worden, inklusive der 40 Vorbehaltsfilme, die auch heute nur unter ganz bestimmten Auflagen gezeigt werden dürfen. „Hitlerjunge Quex“ gehört dazu, ebenso „Jud Süß“ oder der Euthanasie-Wegbereiter „Ich klage an“. Anderes ist zwar ebenfalls bekannt, aber im öffentlichen Bild der Ufa nicht so präsent. Das gilt selbst für die Gründungsumstände. Aus Ärger darüber, wie Gegner des Kaiserreichs Deutschland während des Ersten Weltkrieges im Film verhöhnten, hatte sich Ludendorff für die Zusammenführung kleinerer Filmfirmen zu einer schlagkräftigen Propagandamaschine Ufa eingesetzt, eine „dringende Kriegsnotwendigkeit“, wie er es nannte. Das Geld dazu stammte teils vom Staat, aber auch von der Deutschen Bank.

Aus Deutschland vertrieben

Trotz dieser Vorbelastung erlebte die Ufa in den zwanziger Jahren eine Blütezeit. Ernst Lubitsch, Fritz Lang, Robert Siodmak stehen für diese Zeit. Wirtschaftlich lief es weniger gut, eine Insolvenz konnte nur durch den Einstieg des rechten Medienmoguls Alfred Hugenberg verhindert werden. Vollständig auf NS-Linie wurde die Ufa ab 1937 von Joseph Goebbels gebracht, viele große Persönlichkeiten wie der Produzent Erich Pommer, die Schauspieler Fritz Kortner und Peter Lorre und Regisseur Billy Wilder hatten das Unternehmen und das Land schon vorher verlassen müssen, weil sie Juden waren oder weil sie wie Fritz Lang unter solchen Bedingungen nicht arbeiten wollten. Andere arrangierten sich mit der Lage. Schauspielern wie Heinz Rühmann oder Hans Albers wurde nach Kriegsende verziehen. Andere wie Heinrich George – im Durchhaltefilm „Kollberg“ sagte er Anfang 1945 den Satz „Die Häuser können sie verbrennen, unsere Erde nicht“ – zahlten einen hohen Preis dafür, ihren Beruf auch in der dieser Zeit mit Hingabe ausgeübt zu haben.

„Der blaue Engel“ mit Marlene Dietrich, die durch diesen Film zum Weltstar wurde, stammt noch aus der Vor-Nazi-Zeit.
„Der blaue Engel“ mit Marlene Dietrich, die durch diesen Film zum Weltstar wurde, stammt noch aus der Vor-Nazi-Zeit.
© dpa

Nach Kriegsende teilt sich die Geschichte der Ufa, im Osten entsteht die Defa, im Westen drohte die Zerschlagung, die Bundeskanzler Konrad Adenauer jedoch zu verhindern wusste. Wiederum mit Geld der Deutschen Bank und Hermann Josef Abs. Doch diese dritte Ufa war wirtschaftlich alles andere als erfolgreich, erneut stand sie vor dem finanziellen Aus. 1964 stieg Bertelsmann ein, öffnete die Ufa für das immer wichtiger werdende Medium Fernsehen.

"Wie ein Propagandafilm von 1943"

Die Politik bestimmt zwar in der heutigen Ufa nicht mehr das Programm, die Projekte jedoch können politische Auswirkungen haben. Das musste insbesondere Ufa-Fiction-Chef Nico Hofmann erfahren. In der ZDF-Kriegstrilogie „Unsere Mütter, unsere Väter“ von 2013 wird Polen indirekt ein latenter Antisemitismus vorgeworfen. Kritik hagelte es nicht nur aus dem Nachbarland, auch US-Kritiker fanden scharfe Worte, verglichen die Ufa-Produktion mit Propagandafilmen von 1943.

Das meiste Geld verdient die Ufa allerdings in einem völlig unpolitischen Umfeld mit Daily Soaps wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ oder Castingshows wie „Deutschland sucht den Superstar“ – wenn man einmal davon absieht, dass auch die Schaffung des Privatfernsehens einen politischen Hintergrund hatte. Aber auch für aufwändige TV-Mehrteiler steht die Ufa.

Den Auftakt der Ufa-Retrospektive macht an diesem Montag Hans Albers als „Münchhausen“. Nicht nur wegen der hervorragenden Tricktechnik ist diese Komödie – übrigens der dritte Farbfilm der Ufa – noch immer sehenswert. Arte zeigt eine digital restaurierte Version. Am 4. September gibt es ein weiteres Wiedersehen mit Hans Albers, diesmal in Schwarz-Weiß als Privatdetektiv in „Der Mann, der Sherlock Holmes war“. An seiner Seite Heinz Rühmann. In der Tradition der amerikanischen Screwball-Komödie wurde „Glückskinder“ (11. September) mit Lilian Harvey und Willy Fritsch inszeniert.

Mit der deutschen Geschichte beschäftigt sich die Ufa auch heute noch, wie in „Unsere Mütter, unsere Väter“ von 2013.
Mit der deutschen Geschichte beschäftigt sich die Ufa auch heute noch, wie in „Unsere Mütter, unsere Väter“ von 2013.
© picture alliance / dpa

Insgesamt zeigt Arte rund ein Dutzend Ufa-Filme, darunter auch den Propaganda-Film „Titanic“, in dem kapitalistische Profitgier für den Untergang des Luxusliners verantwortlich gemacht wird. Zwei Höhepunkte der Ufa-Reihe stehen im Winter an: Am 4. Dezember läuft das 1959 gedrehte „Totenschiff“ nach B. Traven mit Horst Buchholz und Mario Adorf. Aber auch „Kolberg“ steht an diesem Tag auf dem Programm. Am gleichen Tag läuft eine Doku über die verbotenen Filme des Nazi-Kinos. Eine Woche später dann „Der blaue Engel“ von 1930, der Marlene Dietrich zum Weltstar machte, und in dem Emil Jannings erstmals in einem Tonfilm zu sehen war.

Die Rückschau endet am 11. Dezember mit Rüdiger Suchsland Dokumentation „Hitlers Hollywood“ eigentlich eine Woche zu früh: die Gründung der Ufa erfolgte erst am 18. Dezember 1917.

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