"Tatort" mit Ulrike Folkerts: Ein Krimi voller Mitgefühl
Die Ludwigshafener "Tatort"-Kommissarin Lena Odenthal soll den Mord an einem Bodybuilder aufklären. Doch ihre Gefühle gehen in eine ganz andere Richtung.
"Tatort" Ludwigshafen mit Lena Odenthal aka Ulrike Folkerts: „Die Kamera liebt dich. Das nächste Mal filmen wir noch mehr“, sagt Evelyn Zoller (Lilli Fichtner) zu ihrer besten Freundin. Diese heißt Marie Rainders (Elisa Afie Agbaglah), wurde sechs Wochen zuvor so brutal vergewaltigt, dass sie seither im Koma liegt. Evelyn sitzt an ihrem Krankenbett und schaut sich Videoclips von Marie an, in denen die junge Balletttänzerin vor Energie und Lebenslust geradezu sprüht. Doch für die Mordermittlung im „Tatort“ aus Ludwigshafen ist nicht Marie das Opfer. Das heißt Tarim Kosic (Luca Riemenschneider) und ist ein Bodybuilder, der sein Leben am liebsten im Fitness-Studio verbringt.
Auf dem Weg vom Power Gym L. A. zu seinem Auto wird er im nahe gelegenen Parkhaus zuerst von einem Auto überfahren und seine Leiche danach verbrannt. Weil im Kofferraum seines Wagens große Mengen anaboler Steroide gefunden werden, wird zunächst in diese Richtung ermittelt. Bis sich herausstellt, dass seine DNA beim Vergewaltigungsopfer Marie Rainders gefunden wurde. Doch wenn Rache das Motiv für die höchst emotionale Tat war, wer war dann der Mörder? Welche Rolle spielt Maries Mutter Birte Rainders (Sandra Nedeleff)? In welchem Verhältnis stand Marie zu Rapper Yago „El Macho“ Torres (Matthias Weidenhöfer), in dessen Musikvideo sie tanzt?
Autor und Regisseur lassen wenig Mitleid mit dem Toten aufkommen
Für die „Tatort“-Episode „Du gehörst mir“ hat der SWR mit Jürgen Werner, dem Erfinder des Dortmunder „Tatort“, und mit Regisseur Roland Suso Richter („Dresden“, „Mogadischu“, „Das Wunder von Berlin“) zwei Könner ihres Fachs zusammengespannt. Herausgekommen ist ein Odenthal-„Tatort“, in dem das Opfer der Mordermittlung sehr schnell als der eigentliche Täter erkennbar wird. Für den Bodybuilder lassen Werner und Richter kein Mitleid aufkommen. Mit mangelnder Empathie hat das nichts zu tun, denn daran mangelt es diesem „Tatort“ nicht. Mitgefühl ist sogar das bestimmende Thema.
Auf der einen Seite der Skala steht Lena Odenthal (Ulrike Folkerts). Sie ist wohl die empathischste Kommissarin im „Tatort“-Universum. Auch dieses Mal gelingt es ihr nur mit großen Mühen, sich bei der Aufklärung des Verbrechens nicht von ihren Gefühlen überwältigen zu lassen. Und auf der anderen Seite steht Johanna Stern (Lisa Bitter). Odenthals neue Kollegin wirkt in ihrer Effizienz mitunter ebenso kühl wie ein Computer.
Johanna Stern macht es sich und ihren Kollegen nicht leicht
Effizient sind aber auch Jürgen Werner und Roland Suso Richter. In vier Minuten und vier Einstellungen schaffen sie es, den Rahmen des Films abzustecken – inklusive einem ersten verbalen Gefecht zwischen den beiden Kommissarinnen: „Na, Frau Stern. Immer vorneweg und zuerst am Tatort?“, begrüßt Lena Odenthal die ungeliebte Kollegin. „Lag auf dem Weg zur Kita, passte gut rein“, erwidert diese. Die Spannungen im Ludwigshafener „Tatort“-Team werden langsam unerträglich – nicht nur für Odenthal, Mario Kopper und Sekretärin Keller, sondern auch für die Zuschauer. Sicher: Lena Odenthal ist die dienstälteste Ermittlerin im ARD-„Tatort“. Seit Oktober 1989 ist sie im Einsatz, Mario Kopper (Andreas Hoppe) ist auch schon seit 1996 dabei. Eine gewisse Belebung war somit nötig. Dazu gehört die Auflösung der Kommissars-WG, wobei Kopper den Auszug von Odenthal noch nicht ganz verwunden hat. Vor allem aber soll Johanna Stern den Laden aufmischen.
Dass die neue Kollegin Johanna Stern keinen Streit auslässt, hat sich inzwischen herumgesprochen. Zum Glück verliert sich dieser Nebenkriegsschauplatz im Verlauf etwas. Zudem wird der Zuschauer durch den guten Plot, eine sehr einfühlsame Kamera und durch tolle Musik für solche Holprigkeiten entschädigt. Am Ende werden es ohnehin andere Empfindungen sein, die der Zuschauer aus Ludwigshafen mitnimmt.
„Tatort: Du gehörst mir“, ARD, Sonntag, 20 Uhr 15