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Auf die Dokumentation folgt der Film „Ein Mann wird gejagt“ mit Marlon Brando und Angie Dickinson.
© Arte

Marlon Brando: Durchs Leben verletzt

Eine neue Doku über Kinolegende Marlon Brando befragt Zeitzeugen, die den rast- und ruhelosen Schauspieler in seiner großen Zeit erlebt oder später noch begleitet haben.

Früh schon ist da eine große Verletzbarkeit, die sich ausprägt und formt und schließlich ein ganzes 80-jähriges Leben lang da ist. Das äußere Auftreten, der Habitus des starrsinnigen egomanischen eigenwilligen Machos, der sich von nichts und niemandem reinreden lässt, mag reine Fassade sein. Marlon Brando, eine der größten Legenden des Weltkinos, hat bei Gott kein einfaches Leben gelebt. Früh schon entstehen die ersten Wunden: nachdem die Eltern sich vorübergehend trennen, wächst er mit seinen beiden Schwestern schließlich erneut bei den Eltern auf, die beide zunehmend dem Alkohol verfallen, sich betrügen, sich bekriegen. Das Gefühl der Einsamkeit, es ist jetzt schon vorhanden. Die Mutter unternimmt mehrere Selbstmordversuche, Marlon hasst seinen gleichnamigen Vater Marlon Brando Sr. Der Sohn ist introvertiert, unsicher, rebellisch. Jegliche Autorität wird ignoriert und aggressiv begegnet. Brando, der Rebell. Ein Lebensleitmotiv. Als die Mutter stirbt, geht für den erwachsenen Brando eine Welt unter.

Für seinen 90-minütigen Dokumentar-Langfilm „Marlon Brando“ hat Filmautor Philippe Kohly einige Zeitzeugen befragt, die den rast- und ruhelosen Brando in seiner großen Zeit erlebt oder aber später noch begleitet haben. Es sind Freunde und Kollegen, darunter der Hollywood-Agent Jay Kanter, der italienische Regisseur Bernardo Bertolucci, der mit Brando 1972 den beinahe autobiografischen Seelen-Striptease „Der letzte Tango in Paris“ dreht, oder auch Ellen Adler, langjährige Vertraute. Ergänzend stehen Ausschnitte aus Brandos Filmen sowie umfangreiches Archivmaterial, etwa aus der Zeit von Brandos Engagement in der Bürgerrechtsbewegung.

Er war immer gleich

Dokumentarfilmer Philippe Kohly veranschaulicht nachvollziehbar, dass der Brando, der vor der Kamera agiert, auch jenem Brando jenseits der Kamera entspricht. Das ist nicht nur „method acting“ à la Stanislawski. Zwischen Brando und Brando gibt es keinen Unterschied. Einer der Interviewpartner, Schauspiel-Kollege Robert Duvall, mit dem Brando auch in Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now“ (1979) zusammenspielte, erzählt, wie Brando lange vor dem Dreh einer Einstellung so sprach, als werde gerade gedreht. Und lange danach. Er war immer gleich, so Duvall.

Die letzten Jahre sind Jahre der Einsamkeit. Brando, der Außenseiter, Brando, der Unverstandene, er hat sich innerlich wie äußerlich vollkommen abgeschottet. Dem voraus gehen weitere Schicksalsschläge, die letztlich den Kreis zur unglücklichen schweren Kindheit schließen: Brandos Sohn Christian erschießt am 16. Mai 1990 den Freund seiner schwangeren Schwester Cheyenne. Brandos Tochter erhängt sich 1995. Was bleibt einem Menschen da noch?

Gleich zwei Brando-Jubiläen standen 2014 an, der 90. Geburtstag des am 3. April 1924 in Omaha Geborenen, sowie der 10. Todestag des am 1. Juli 2004 in Los Angeles Gestorbenen. Da mag es beinahe überraschen, dass sich sowohl die Macher dieses abendfüllenden Dokumentarfilms als auch der Sender Arte offenbar um keinen dieser beiden Anlässe scherten, sondern der Film zum Ende des Brando-Jubiläums-Jahres erstmals überhaupt zu sehen ist. Und dieser neue Dokumentarfilm, er ist sehenswert, macht das idolisierte Phänomen Marlon Brando etwas greifbarer, fassbarer.

„Marlon Brando“, Arte, Sonntag um 22 Uhr 25

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