„Sie hören nicht auf zu töten“: Selenskyj berichtet vor italienischem Parlament von 117 getöteten Kindern
Ukraines Präsident fordert Italien auf, seine Häfen für russische Schiffe zu sperren. Vor der Videoschalte telefonierte er auch mit dem Papst.
Im Ukraine-Krieg sind nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schon mindestens 117 Kinder getötet worden. Das sagte Selenskyj am Dienstag in einer Videoschalte vor dem italienischen Parlament. „Aber 117 wird nicht die letzte Zahl sein“, warnte er in der Übertragung vor den Abgeordneten der beiden Kammern in Rom, zu der er aus Kiew zugeschaltet war. Mit Blick auf die russischen Truppen fügte er hinzu: „Sie hören nicht auf zu töten.“
[Alle aktuellen Nachrichten zum russischen Angriff auf die Ukraine bekommen Sie mit der Tagesspiegel-App live auf ihr Handy. Hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen.]
Selenskyj erinnerte an das Leid der Menschen in der Hafenstadt Mariupol am Schwarzen Meer, die von den Russen besonders heftig bombardiert wird. „Mariupol ist ähnlich groß wie Genua. Stellt euch vor, Genua wird komplett zerstört“, sagte der Präsident. „Die Ukraine ist das Tor für die russische Armee. Sie will nach Europa. Aber die Barbarei darf nicht durch!“
Russische Schiffe sollen nicht mehr anlegen dürfen
Selenskyj forderte weitere Sanktionen gegen Moskau. Unter anderem sollten russische Schiffe - ähnlich wie bei der Sperrung des Luftraums für russische Flugzeuge etwa in der EU und in Nordamerika - nicht mehr in ausländischen Häfen anlegen dürfen. „Ihr wisst, wer den Krieg gebracht hat, wer die Bombardierungen anordnet, wer die Propaganda betreibt.“ An Italien appellierte Selenskyj, russisches Vermögen einzufrieren und Luxusgüter wie Jachten zu konfiszieren. Das sei nötig, um Putin aufzuhalten. „Ihr müsst nur eine Person stoppen, damit Millionen überleben können.“
Papst in der Vermittlerrolle
Vor der Schalte mit dem Parlament hatte Selenskyj nach eigenen Angaben mit Papst Franziskus telefoniert. Der Papst habe ihm Mut zugesprochen. „Ich habe ihm geantwortet: Unser Volk ist zum Heer geworden, als es gesehen hat, wie viel Leid der Feind mit sich bringt, wie viel Zerstörung er hinterlässt, wie viel Blutvergießen das fordert.“
Selenskyj hat in dem Gespräch mit Papst Franziskus eine Vermittlerrolle des Vatikan befürwortet. Man habe über die humanitäre Lage und die Blockade von Rettungskorridoren durch russische Truppen gesprochen, schrieb Selenskyj (Dienstag) auf Twitter. Er schätze die „Vermittlerrolle des Heiligen Stuhls bei der Beendigung menschlichen Leidens“ und danke für die Gebete für die Ukraine und für Frieden.
Mehr zum Ukraine-Krieg bei Tagesspiegel Plus:
- Drohungen gegen die eigenen Bürger: Wie viel Stalin steckt in Putin?
- Vorräte hamstern, Bunker bauen, Schießen lernen: Wie sinnvoll sind Vorbereitungen für den Kriegsfall?
- „Putin schreckt vor wenig zurück“: Wie weit kann die Nato gehen, ohne einen Weltkrieg zu riskieren?
- Die Kreml-Versteher der CIA: „Putin lesen“ – die angesagteste Disziplin unter Geheimdienstlern
- Vitali Klitschko im Interview: „Bomben gewinnen keine Kriege, sondern Wille und Geist“
Bereits Ende Februar hatte Franziskus mit Selenskyj telefoniert. In dem Gespräch habe der Papst seinen tiefgreifenden Schmerz über die aktuellen tragischen Ereignisse in der Ukraine zum Ausdruck gebracht, teilte die ukrainische Botschaft beim Heiligen Stuhl per Twitter mit. Der Vatikan bestätigte auch damals das Telefonat ohne weitere Details zu Inhalten. Selenskyj selbst bedankte sich via Twitter für die Gebete des Papstes. Das ukrainische Volk spüre den spirituellen Rückhalt. (dpa, KNA)