TV-Moderatorin Birgit Schrowange im Interview: „Die Offenheit hat Grenzen“
Birgit Schrowange hört als Moderatorin des RTL-Magazins "Extra" auf: Ein Gespräch über Boulevard, Anfänge und Abschíede.
Frau Schrowange, anders als viele Kollegen machen Sie Ihr Privatleben publik. So weiß die Öffentlichkeit, dass Sie im kommenden Jahr heiraten werden. Kommt diese Transparenz von Herzen oder hängt sie mit Ihrem Beruf als Boulevardmoderatorin zusammen?
Ach, ich bin doch schon seit 40 Jahren eine öffentliche Person und werde 30 davon gefragt, wann ich denn nun endlich mal heirate. Trotzdem hat die Offenheit natürlich Grenzen.
Welche zum Beispiel?
Meinen Sohn, den ich seit jeher aus der Öffentlichkeit heraushalte. Darüber bin ich auch sehr froh. Obwohl, mittlerweile ist er ein so kluger, schöner Mann – da würde ich ihn schon gern mal mit auf den roten Teppich nehmen. Doch weder ich noch mein Freund würden so weit gehen wie Boris Becker und ein Kamerateam zum Traualtar lassen.
Verlangt das Publikum von Moderatoren, die in Privatsphären anderer vordringen, eine größere Bereitschaft, mehr von sich selber preiszugeben?
Absolut. Deshalb kann jemand, die wie ich im Boulevard tätig ist, schwerer völlig zumachen. Und weil ich nie etwas zu verbergen hatte, habe ich kein Problem damit, mich an die Spielregeln zu halten.
Haben Magazine wie „Extra“ die Grenzen der Privatheit Prominenter verschoben?
Nein, denn Prominente machen wir fast gar nicht, Sie verwechseln uns da mit einem People-Magazin wie „Exklusiv!“. Frauke Ludowig würde uns was husten, wenn wir in ihrem Revier wildern. Wir machen eher Schicksalsgeschichten normaler Leute wie aus einem Kinderhospiz in Olpe, wo ich gleich hinfahre, und geben Themen eine Öffentlichkeit, über die sonst wenig berichtet wird.
Bezeichnen Sie sich demnach als Journalistin oder Moderatorin?
Also, ich bin gern unterwegs, gehe auf Menschen zu und brenne für emotionale Geschichten. Gleichzeitig drehe ich selten selber welche; deshalb kann man mich als Moderatorin mit journalistischen Aufgaben bezeichnen.
Früher gab es Frauen im Fernsehen nur als Ansagerinnen
Sie machen den Beruf seit 1981 und sind die meiste Zeit davon auf dem Boulevard tätig. Wie hat sich Ihr Genre verändert?
Sehr, sowohl technisch als auch inhaltlich! Als ich anfing, gab es ja noch TV-Ansagerinnen wie mich. Und das war im Wesentlichen auch die Hauptaufgabe von Frauen in dieser reinen Männerwelt. Ich kann mich noch gut an den Aufschrei erinnern, als Barbara Dickmann 1979 die „Tagesthemen“ moderierte. Da sind wir zum Glück ein Stück weitergekommen.
Konnten Sie früher mehr wagen?
Ja, wir konnten uns früher mehr trauen und auch mehr investieren. Ich erinnere mich an den Fall eines Serienmörders, der in den USA zum Tode verurteilt war. Da bin ich mit Frank Hoffmann, meinem damaligen Redaktionsleiter, hingefahren und mit einer monothematischen Sendung zurückgekommen. Einfach los, vor Ort schauen, was draus wird, und gegebenenfalls alles in die Tonne kloppen – das wäre heutzutage unmöglich.
Auch wegen der gesunkenen Aufmerksamkeitsspanne des Publikums?
Vermutlich. Man hat sich aber auch damals ein Stück weit den Zuschauern angepasst und am Quotenverlauf beobachtet, welche Beiträge gut liefen, welche weniger. Wie sagte RTL-Chef Helmut Thoma so schön: Der Wurm muss nicht dem Angler schmecken, sondern dem Fisch.
Gibt es da Momente, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?
Viele sogar. Einer war, als ich Natascha Kampusch nach ihrer Befreiung exklusiv interviewt habe. Spannend war es auch, als wir Monica Lewinsky in New York besucht haben. Am Ende hängen gute Geschichten aber nie an großen Namen. Gerade hatte ich eine junge Frau im Studio, die ihren schwerkranken Vater pflegt, seit sie acht Jahre alt ist. Acht! Das war ebenso eindrücklich wie Besuche im Drogenmilieu. So was berührt einen sehr.
Wundertüte "Extra"
Wird man abgebrühter?
Ich kann einiges ab, aber besonders wenn Kinder beteiligt sind, fasst es einen noch an. Andererseits war „Extra“ schon immer eine bunte Wundertüte, in der es neben Schicksalsgeschichten auch mal leicht und lustig zugehen kann. Diese Mischung war mir stets wichtig.
Warum machen Sie dann jetzt Schluss?
Weil mir eine innere Stimme seit drei Jahren flüstert, den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören nicht zu verpassen. Mit dem 25. Geburtstag ist der für mich erreicht. Nach 40 Jahren im Beruf möchte ich ein bisschen kürzertreten. Mein Ziel war immer, dass man mich nicht aus dem Studio raustragen muss. Ich werde nächstes Jahr 62, da ist es ein großartiger Moment, zu sagen: Danke, RTL! Ich hatte eine großartige Zeit, aber jetzt ist es Zeit, zu gehen.
Das Interview führte Jan Freitag.
Jan Freitag
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität