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Käthe Kruse (Friederike Becht)
© ARD

Wer war Käthe Kruse?: Die Künstlerin

Der TV-Film „Käthe Kruse“ zeichnet das Leben der Puppen-Schöpferin nach, mit einer grandiosen Friederike Becht.. Allerdings gibt es eine Leerstelle im Film.

Am Anfang deutet nichts auf ihren späteren Weltruhm hin: Als Tochter einer alleinerziehenden Näherin scheint Katharina Simon (Friederike Becht) der Weg in die Berliner Oberschicht auf ewig verwehrt. Käthe, so wie sie später genannt wird, hat schon früh ihren eigenen Kopf. 17 ist sie, als sie im Jahr 1900 ihr Debüt als Schauspielerin am Berliner Lessingtheater gibt. Hier lernt sie den gefragten Bildhauer Max Kruse (schön zauselig: Fritz Karl) kennen, der fast 30 Jahre älter ist als sie. Doch der frisch geschiedene Künstler ist nicht bereit, erneut zu heiraten, auch nicht als Käthe ein Kind von ihm erwartet. Da ihre wilde Ehe in höheren Kreisen nicht gern gesehen ist, wird Karl gemieden, erhält kaum noch Aufträge. Als er eine Trennung auf Zeit erwägt, flüchtet Käthe in die Künstlerkolonie Monte Verita im Tessin. Dort kreiert sie eine Puppe für ihre Tochter, die ihren Namen durch die Welt tragen wird: die Käthe-Kruse-Puppe. Stoff für einen ARD-Film am Karsamstag.

Weich, biegsam und lebensecht begeistert sie Kinder und Eltern gleichermaßen. Die Presse feiert die liebenswürdigen Puppen, ein amerikanischer Spielwarenhändler bestellt 200 Stück. Mit Max, der sie schließlich doch noch heiratet, und ihren zu dem Zeitpunkt fünf Kindern zieht sie 1912 ins sächsische Bad Kösen, wo eine kleine Manufaktur eröffnet wird.

Für Max, dessen Stern sinkt, ist es nicht einfach, der erfolglose Ehemann einer aufstrebenden Unternehmerin zu sein. Als der mächtige Spielzeugfabrikant Bing Käthes Erfolgsmodell kopiert und seine maschinell gefertigten Billigprodukte weltweit verkauft, droht ihrer Manufaktur das Aus. Der Film (Drehbuch: Sharon von Wietersheim) beginnt und endet mit dem Urheberrechtsprozess, den Kruse 1919 gegen Bing anstrengt. Ein recht schmaler Fokus, wenn man bedenkt, dass es über ihre Soldatenpuppen, die während des Zweiten Weltkrieges entstehen, über die Umwandlung in einen volkseigenen Betrieb und die Neugründung der Werkstätten in Westdeutschland und nicht zuletzt über ihre sieben Kinder noch viel zu erzählen gegeben hätte.

Sorgfältig inszeniertes Biopic

„Beim fiktionalen Erzählen historischer Figuren kommt es darauf an, einen Fokus zu finden, wenn man einer Figur gerecht werden will“, sagt Regisseurin Franziska Buch. „In unserem Fall ist es der Werdegang von Käthe Kruse in ihrer Bindung zu Max Kruse.“ Dazu wurde die Figur eines Anwalts (Franz Dinda) dazuerfunden, durch den ein Liebesdreieck entsteht. Auch wenn die Dialoge eher zur Aufrechterhaltung des Handlungsgerüsts dienen, werden die bis in die Nebenrollen hinein gut besetzten Figuren stets lebendig. Was die Bilder angeht (Kamera: Konstantin Kröning), ist ein zwar nicht opulentes aber doch sorgfältig inszeniertes Biopic entstanden.

Eine Entdeckung ist die 28-jährige Friederike Becht, die manchem Zuschauer bereits als junge Hannah Arendt in Margarethe von Trottas Kinofilm begegnet sein mag. Auch wenn sie noch stark auf die Karte „jung und frisch“ setzt, hat die Schauspielerin eine Substanz, die über den Charme eines sonnenhellen Lächelns hinausgeht. Variantenreich und kraftvoll spielt sie eine Frau, die sich lebenshungrig und zäh über gesellschaftliche Zwänge hinwegsetzt.

„Trotz widriger Umstände hat sie sich durchgebissen, ihren Traum verfolgt, den Schauspielberuf zu erlernen und am Theater als Schauspielerin Erfolge zu feiern“, sagt Friederike Becht. Im Bett ihres Sohnes liegt zwar eine Spieluhr von Käthe Kruse, wirklich viel wusste Becht aber vor diesem Film nicht über die titelgebende Hauptfigur: „Ich habe mich für das Casting eingelesen und dann begonnen, Bücher, Biografien und Dokumentationen durchzugehen. Wie ein Forscher fühlt man sich da.“ In den drei Monaten Vorbereitungszeit hat sie unter anderem das Nähen gelernt und einen Modellierer getroffen. Beeindruckt habe sie die wahnsinnige Energie und der Lebensmut dieser Frau.

Außer dass man dieser sympathischen Erfolgsgeschichte gern länger gefolgt wäre, gibt es noch eine Leerstelle in dem Film, die weitgehend unbesetzt bleibt. Es ist das Verhältnis von Kruse zu ihren Kindern, nach deren Modell sie ihre Puppen geschaffen hat. Wie es ihr gelingt, in diesem gesellschaftlichen Umfeld und in wirtschaftlich schweren Zeiten Unternehmerin und Mutter von sieben Kindern zu sein, bleibt offen.

„Käthe Kruse“, ARD, Samstag, 20 Uhr 15

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