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Mehr Daten. Telekom-Kunden können bald unbegrenzt YouTube schauen. Für Spotify gilt das nicht.
© Ole Spata/dpa

Kritik an Telekom-Dienst StreamOn: „Die Innovationskraft des Internets könnte leiden“

Die Direktorin der Medienanstalt Berlin Brandenburg, Anja Zimmer, sieht den Telekom-Dienst StreamOn problematisch.

Seit dem Start des Telekom-Dienstes StreamOn, bei dem Inhalte von Partner nicht auf das mobile Datenvolumen angerechnet werden, wird über den Dienst gestritten. Verbraucherschützer fordern ein Verbot, derzeit prüft die Bundesnetzagentur die Zulässigkeit. Auch Anja Zimmer, Direktorin der Medienanstalt Berlin Brandenburg, sieht Probleme.

Derzeit wird wieder über die Netzneutralität gestritten. Wie ist ihre Position?

Die Verbreitung von Audio- und Videoangeboten über das Internet wird für Medienanbieter immer wichtiger. Netzneutralität ist dafür relevant und daher auch ein Thema für uns Medienanstalten. Wir haben dabei immer wieder betont, dass Zero-Rating Angebote, also Angebote, bei denen bestimmte datenintensive Inhalte nicht auf das Inklusivvolumen der Nutzer angerechnet werden, anwendungs- und diensteagnostisch ausgestaltet werden müssen. Kritisch für die Vielfalt wären zum Beispiel Tarife, bei denen eine einzelne Mediathek bevorzugt würde, denn dies könnte die Nutzung von Videodiensten nachhaltig verändern. Keine Bedenken bestehen dagegen, wenn ein Mobilfunkanbieter alle Audio- oder Videoangebote freistellt.

Im Internet gelten bisher drei Prämissen, die für mich ganz eng mit dem Erfolg und der Innovationkraft des Internets verbunden sind. Erstens müssen Inhalteanbieter nicht mit einem Provider verhandeln, um zu dessen Kunden zu kommen. Zweitens entscheidet der Nutzer selbst, nicht der Netzbetreiber, welche Inhalte in welcher Qualität zum Nutzer kommen. Und drittens gibt es kein technisches Clearing. Gerade weil das so ist, waren so viele Innovationen möglich, hatten Start-ups gute Chancen, neue Angebote zu entwickeln.

Was sagen Sie in diesem Zusammenhang zu StreamOn, dem Angebot der Deutschen Telekom?

Das Angebot hat zunächst viele positive Aspekte, weil es die Nutzung von datenintensiven Audio- und Bewegtbildangeboten in Mobilfunknetzen fördert. Bislang werden insbesondere Videos unterwegs kaum genutzt, weil sie auf das Dateninklusivvolumen angerechnet werden. Ich habe mich aber schon gefragt, warum die Deutsche Telekom einen so komplizierten Weg geht. Einfacher wäre es doch, auf eine Opt-Out-Lösung zu setzen oder ganz auf Volumenbegrenzungen zu verzichten, wie das in einigen Nachbarländern bereits gemacht wird.

Die Telekom hat sich stattdessen für eine Opt-In-Lösung entschieden, Audio- und Videoanbieter müssen also die Aufnahme beantragen. Das Versprechen ist, dass alle Streaming-Anbieter, die die Bedingungen erfüllen, in das StreamOn-Angebot aufgenommen werden.

Wo ist dann das Problem?

Bei solchen Verfahren steckt der Teufel häufig im Detail: Medienunternehmen müssen sich die recht komplexen Vertragsbedingungen genau ansehen und für sich entscheiden, ob sie diese Bedingungen erfüllen wollen und können. Das fordert Ressourcen, die insbesondere bei kleinen Medienunternehmen und Start-ups immer knapp sind. Im Einzelfall kann das zudem dazu führen, dass Medien ihre Angebote ändern müssen. So zum Beispiel wenn die Vertragsbedingungen nur Streaming umfassen, der Download von Video- und Audiofiles aber ausgeschlossen würde.

Ein wichtiges Thema bei solchen Angeboten ist immer auch die Frage der Sogwirkung, die von gelisteten marktstarken Angeboten zu Lasten der kleinen Anbieter ausgehen kann. Der Kunde wird sich im Zweifel nur einige wenige Anbieter merken, zum Beispiel die großen Plattformen.

Spricht sonst noch etwas dagegen?

 

Die Video-Inhalte werden im Mobilen auf 1,7 Mbit komprimiert. Die Netzanbieter haben ein Interesse daran, dass ihr Netz nicht überlastet wird – das ist tatsächlich eine Gefahr bei Zero-Rating-Angeboten. Trotzdem halte ich eine generelle Bandbreitenreduzierung für alle Videoanbieter nicht für eine gute Idee. Die Qualität von Videos ist für viele Nutzer ein wichtiges Thema, auch wenn sie mobil unterwegs sind. Und auf einem hochauflösenden Tablet macht es sich schon bemerkbar, wenn die Daten so deutlich komprimiert werden. Das kann dann auch Einfluss auf Geschäftsmodelle von Medienunternehmen haben, zum Beispiel bei Anbietern von Premium-Inhalten. Die qualitativ hochwertigsten Angebote in technisch bester Qualität anzubieten, wäre zumindest im Mobilen nicht möglich.

Ganz allgemein stellt sich bei solchen Bandbreitenreduzierungen zudem die Frage, welche Konsequenzen das für die Zukunft hat: Sind solche Modelle Ausgangpunkt für ein Geschäftsmodell, bei dem am Ende sowohl die Anbieter als auch die Nutzerseite für besonders hohe oder sogar bevorzugte Datenübertragung an den Internet Service Provider bezahlen? Dies würde die Innovationskraft des Internets beeinträchtigen.

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