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Trump-TV oder der Tunnelblick bleibt
© AFP

Trump-TV: Deutsche Sender gut, CNN besser

Wie wäre es mal mit weniger Interpretation und mit mehr O-Ton und Livebild, deutsches Fernsehen?

Es wird in den nächsten vier Jahren kein Fehler sein, vermehrt und länger CNN einzuschalten. Der amerikanische Nachrichtensender hat ein Programm: Es heißt "Donald Trump", Untertitel : "45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika". Auch während der stundenlangen Übertragung der Inaugurationsfeier war das Staunen der Reporter und Kommentatoren über den neuen Präsidenten spürbar und hörbar. Seine actiongeladene Rede wurde von CNN als "nationalistisch" und "populistisch" eingestuft, die Haltung und die Tonalität des Senders bleiben wie gehabt - aber da ist diese anhaltende Irritation über einen Präsidenten, der kein Politiker sein will, der der Elite in Washington und CNN verbal in den Hintern tritt. Trump-Fans auf Twitter vergleichen ihn schon mit John F. Kennedy. CNN wird, wie am Freitag geschehen, ihm auf Schritt und Tritt folgen, in Tiefe und Breite, in Skepsis und Faszination.

Und der CNN-Zuschauer hat einen Vorteil: Der US-Sender kann bei seinem, vor allem einheimischem Publikum auf Vorwissen und genauere Kenntnisse von Politik und Befindlichkeiten in den USA setzen. Es muss nicht alles und andauernd erklärt und erläutert werden. Da regiert das Bild, die drei Bildern im geteilten Bildschirm. Zusehen, wie sich Menschen bewegen, ihre Körpersprache, ihre Sprache, O-Ton, die Stimme und die Stimmen.

Gute Leistung der deutschen Sender

Nein, das soll jetzt keine Schelte der Leistungen des deutschen Fernsehens an diesem Freitag werden. Der öffentlich-rechtliche Ereignis- und Dokumentationskanal Phoenix wollte dem Thema zehn Stunden widmen, die privaten Stationen n-tv und N24 hatten Korrespondenten in der US-Hauptstadt, im Studio war Kompetenz versammelt, das war - alles in alles genommen - seriöses und solides Arbeiten. Aber eines zog sich durch die Programme: Über Trump liegt und wird immer ein Filter liegen - wie Trump mit deutschen Augen gesehen werden muss. Die Interpretation der Journalisten wird über die Imagination des Publikums gestellt. Im "ZDF spezial" nach den "heute"-Nachrichten wurde wieder von den Trumpschen Methoden der "Boulevardisierung" und der "Brutalisierung " gesprochen. Eins in der Haltungsnote Eins, wo aber waren das genauere Hinhören und das genauere Verstehen-Wollen von Trumps erster Rede als US-Präsident? Sendungen wie diese sind pure Wiederholungen und Vertiefungen bisheriger Berichterstattung. Auch deswegen ist CNN so wichtig: Das ist Trump live, direkt, unvermittelt - der Zuschauer kann sich mehr sein eigenes Bild machen, wo es anderswo permanent Malen nach Zahlen praktiziert wird.

Nervöse ARD-Kommentatorin

Die ARD versuchte am Freitag den Spagat. Als einziges Hauptprogramm wurde zwischen 17 Uhr 15 und 18 Uhr 50 live von der Amtseinführung berichtet. Das Erste nimmt seinen Anspruch als Informationssender ernst. Ellen Ehni führte im WDR-Studio durch die anderthalb Stunden. Auch hier eine Mischung aus Einordnung und Teilhabe. Korrespondentin Ina Ruck hatte den erfrischend frechen Publizisten Charles King Mallory an ihrer Seite. Ruck war entweder nervös oder übermotiviert, ihre Liveness ist anstrengend, sie verhaspelt sich und vertut sich, die Journalistin ist eine hervorragende Korrespondentin, eine hervorragende Live-Kommentatorin ist sie nicht. Moderatorin Ehni hatte einen Experten im Studio, der so häufig noch nicht gesehen worden ist, gerne aber häufiger gesehen werden sollte: Klaus Scharioth, ehemaliger deutscher Botschafter in Washington. Da hört man ihn, das sind Einschätzungen, die wahr und authentisch wirken. Er hatte eben was zu sagen, anders als die zugeschalteten ARD-Korrespondenten in Brüssel, Kairo, Peking und Moskau.

Vielleicht sollten die deutschen Sender mehr riskieren, mehr auf die Straße gehen. Im "ZDF spezial" ging die Reporterin auf die Straßen von Washington. Während sie Trump-Anhänger interviewte, wurde sie von Trump-Gegnern umringt. Die Reporterin fürchtete Gewalt, alles blieb friedlich - aber dieses Bild blieb haften: Das Land ist gespalten und - und wie nach der Rede schien - gespaltener denn je. Mal nachsehen, bei CNN.

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