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Wehrt euch! Kurt Krömer, 44, war fast fünf Jahre weg vom Fernsehen. Am kommenden Dienstag gibt er sein Comeback. Brillenmäßig ist er schon mal flexibel.
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Comeback der Kunstfigur beim RBB: Der Streichholz: Das ist Kurt Krömers neue Show

„Auf so einen wartet Berlin seit Jahren“: Kurt Krömer ist zurück beim RBB und (fast) der Alte – zum Leidwesen seiner Gäste.

Hornbrille, bunt gemustertes Hemd, keck in die Runde guckend – da sitzt er wieder, als wäre er nie wie weg gewesen. Und das sollte ja auch gar nicht sein, irgendwie scheint das Fernsehen ärmer ohne ihn, jedenfalls deutet die öffentliche Resonanz darauf hin, als es vor ein paar Wochen hieß: Kurt Krömer kommt zurück. Fünf Jahre Fernsehabstinenz liegen hinter Alexander Bojcan alias Kurt Krömer.

Fünf Jahre, in denen man die Lust auf diese Neuköllner Kunstfigur nur bei seinen Solo-Programmen auf der Bühne oder auf Youtube stillen konnte. Doch was heißt das schon: nur auf Youtube – bei jemandem wie Krömer, der sagt, er finde Fernsehen „scheiße langweilig“. Überhaupt, er kenne gar keinen Freund, der noch Fernsehen guckt.

Jetzt macht er selber wieder Fernsehen, wenn auch erst mal in homöopathisch Dosen. Vier Folgen „Chez Krömer“ beim RBB, Start am kommenden Dienstag, 3. September, 22 Uhr, wobei es Krömer vor versammelter Journalistenschar wichtig ist mitzuteilen, das Ganze stehe schon einen Tag vorher im Internet und dann ein Jahr in der Mediathek.

RBB? ARD? Im  Grunde egal, wo das läuft, sagt Krömer. Er sei so unterzuckert, er treibe sich verschärft nur noch bei Streaminganbietern herum, er müsse jetzt einfach was machen, und sei es im „kleinen Krankenhaus am Rande der ARD“, wie Produzent Friedrich Küppersbusch liebevoll den Haussender nennt. Neben ihm lächelt RBB-Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus. Der Sender freut sich, Krömer wieder im Haus zu haben. Wer den holt, weiß, was er kriegt.

Und was will Krömer? Das Problem bei seinen früheren Sendungen war ja, sagt er, dass er am Ende von Leuten gemocht wurde, auf die er gar keinen Bock hatte. Die Frage nun also: Machen wir einen Aufguss der „Krömer – Late Night Show“, wie sie zuletzt 2015 im Ersten lief? Der Trailer, der gezeigt wurde, lässt auf beide Antworten schließen – ja und nein. 30 Minuten statt 45, ein Gast statt drei.

Krömer zieht seinen Stiefel durch, Kette rauchend

Das Ganze sei journalistischer, so Küppersbusch. Es werde aktuell produziert, live-on-tape eingespielt und – anders als in der „Krömer-Show“ – Tage später ausgestrahlt. Statt Ableserei der Fragekarten Vorbereitung auf den Gast, der in einer Art „Kammerspiel“ in drei Akten abgefragt, man kann auch sagen vorgeführt wird. Nach einer Solo-Vorstellung am Schreibtisch geht es in einen Verhörraum, bevor sich Gastgeber und Gast in einer Art „Wie waren wir?“-Verabschiedung dem Publikum stellen.

Darein wagt sich zuerst Motivationstrainer Jürgen Höller. Nach der Pleite seines Unternehmens saß Höller Anfang der 2000er Jahre wegen Veruntreuung von Firmengeldern im Gefängnis. „Auf so einen wartet Berlin seit Jahren“, sagt Krömer und lässt seinen Gast nach allen Regeln der Nicht-Interview-Kunst abblitzen. Das wirkt neu und wiederum auch nicht.

Ob nun Journalismus oder Nonsens – die eingeführte und jahrelang erfolgreiche Unterhaltungsmethode lässt sich auch mit Küppersbusch („Er ist der Brandbeschleuniger, ich bin der Streichholz“, sagt Krömer) nicht gänzlich neu erfinden oder dekonstruieren.

Zum Leidwesen der Gäste. Höller sieht am Ende alt aus. Zu erwarten ist, dass das den weiteren Gästen, darunter CDU-Politiker Philipp Amthor und Juso-Chef Kevin Kühnert, ähnlich ergehen wird.

Krömer zieht seinen Stiefel durch, Kette rauchend. Anarcho-TV. Die Gäste finde er jetzt schon fürchterlich, genau darin liege der Reiz. Ob er sich vorstellen könnte, Leute rauszuwerfen? Klar, das mache er jetzt schon bei seinen Solo-Programmen, zum Beispiel, wenn’s um das Thema AfD geht.

Was die RBB-Programmplanung betrifft, ist so ein Charakter natürlich nicht ganz unproblematisch. Lassen sich weitere Gäste für mehr als vier Folgen finden, die sich der Show ausliefern, wenn sich dieses Konzept erst mal rumspricht? „Abwarten“, sagt Krömer. Ihn reizen die Höllers dieser Welt, Sparringspartner auf Augenhöhe. „Ich möchte Leute, die sich wehren können.“

2014 hatte Krömer, 44, angekündigt, sich aus dem Fernsehen zurückzuziehen, um mehr auf der Bühne tätig sein zu können. Hoffentlich geht in Zukunft beides. So was Quergebürstetes und Unberechenbares wie „Chez Krömer“ findet sich beim RBB sowieso nicht und im deutschen Fernsehen nirgendwo sonst, vielleicht noch bei Olli Dittrich. Krömer ist der Alte geblieben. Das ist gut so.

Markus Ehrenberg

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