ARD-Film "Terror": Der Fernseh-Zuschauer als Richter
"Terror": Die ARD verfilmt mit exzellentem Ensemble das Theaterstück Ferdinand von Schirachs über den Abschuss einer gekaperten Passagiermaschine - die Zuschauer sollen am Ende abstimmen, ob der Pilot ein Held oder ein Mörder ist.
Das aktuelle Urteil vom Mittwoch lautet: Nicht schuldig. 59,4 Prozent der Theaterbesucher in Deutschland haben entschieden, dass der Bundeswehrpilot Lars Koch eine Lufthansa-Maschine mit 164 Menschen abschießen durfte. Ein Terrorist hatte die Maschine in seine Gewalt gebracht, um sie auf die mit 70.000 Menschen voll besetzte Allianz Arena abstürzen zu lassen. Koch hatte das Krisenzentrum zwei Mal gefragt, wie er sich verhalten solle. Er bekam keine Antwort, es gab keinen Befehl. Der Kampfpilot schießt den Airbus ab. Er wird festgenommen und vor Gericht gestellt.
Koch wird seine Überzeugung verteidigen müssen, dass er durch den Abschuss 70.000 Menschenleben gerettet habe. Wäre die Maschine in das Stadion gestürzt, wären die 164 Passagiere ebenfalls getötet worden. Die Gerichtsverhandlung beginnt – das Theaterstück „Terror“ von Ferdinand von Schirach beginnt. Auf knapp 20 Bühnen wie am Deutschen Theater Berlin wird es bereits gespielt, in mehr als einem Dutzend stehen die Premieren an (www.kiepenheuer-medien.de/terror). Ein Stück zur Zeit, zum Terrorismus, und mit eingebauter Zuschauerbeteiligung. In jeder Aufführung werden die Besucher aufgefordert, nach den Schlussplädoyers den Saal zu verlassen und per „Hammelsprung“ – schuldig oder Freispruch – das Ende der Aufführung herbeizuführen.
Die ARD nimmt gesellschaftliche Fragen ernst
So einen Stoff kann ein Fernsehen, das es in seinem Programm mit gesellschaftlichen Fragestellungen ernst meint, nicht links liegen lassen. Die ARD, die schon mit der NSU-Trilogie den rechtsextremen Terror behandelt hat, tut es nicht. „Terror“ wird Fernsehen. Degeto und RBB verfilmen mit Movie-Produzent Oliver Berben das Theaterstück.
Groß Gedachtes wird groß gemacht: Regisseur ist Lars Kraume, der gerade mit dem eindringlichen Kinofilm „Der Staat gegen Fritz Bauer“ die juristische und publizistische Aufarbeitung der NS-Massenmorde aktualisiert hat. Burghart Klaußner spielt die Titelfigur des hessischen Generalstaatsanwalts, ohne den die Auschwitz-Prozesse und der Prozess gegen Adolf Eichmann nicht zu denken waren; Klaußner agiert in der „Terror“-Produktion als Vorsitzender Richter, Klaußner kennt den Stoff aus dem Eff-Eff, er hat ihn im Staatsschauspiel Dresden inszeniert, und auch dort spielt er den Richter. In den Berliner CCC-Studios, wo am Dienstag die letzte Klappe fiel, berichtete der Schauspieler, dass nur in Dresden eine Mehrheit des Publikums den Piloten Koch schuldig gesprochen habe. Er bot zwei Erklärungen an: entweder ist das Publikum in Dresden noch sehr autoritätshörig oder aber, im Gegenteil, durch den Rechtsruck habe sich ein geschärftes rechtsstaatliches Bewusstsein eingestellt.
Exzellentes Schauspieler-Ensemble
Burghart Klaußner, Martina Gedeck als Staatsanwältin, Florian David Fitz spielt Major Koch, Lars Eidinger dessen Verteidiger, Jördis Triebel die Nebenklägerin – von solcher Exzellenz ist die Besetzung in diesem Ensemblestück. Für die Dreharbeiten wurde in das CCC-Studio ein Gerichtssaal gebaut, schwarz ausgeschlagen mit Fensteröffnungen im Hintergrund, die auf den Reichstag blicken. Das eine und einzige Motiv des quasi anonymisierten Verhandlungsortes erlaubte es, chronologisch zu drehen; dadurch wie auch durch die kontrollierte Lichtsituation wurde eine besondere Intensität kreiert, die die Diskurse und Reflexionen über Recht und Unrecht, Mörder oder Held über den Bildschirmrand hinaus ins Publikum schieben soll.
Denn auch der Fernsehzuschauer wird am wahrscheinlichen Sendetermin 10. Oktober herausgefordert sein. Mittels multimedialer Kanäle ist er zur Urteilsabgabe aufgerufen. Über die Entscheidung des Publikums diskutiert anschließend eine Expertenrunde mit Frank Plasberg in einem „Hart aber fair“-Spezial. „Terror“, ein TV-Event.
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