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Unabhängigkeit als Markenzeichen. Armin Wolf moderiert das ORF-Nachrichtenjournal „ZIB 2“, das deutsche Zuschauerinnen und Zuschauer bei 3sat sehen können. Für seinen Interviewstil ist der 54-jährige Journalist so geachtet wie gefürchtet.
© ORF

Politik und öffentlich-rechtlicher Rundfunk: „Der Einfluss ist sehr groß“

Armin Wolf, Österreichs bekanntester Fernsehjournalist, über das Hineinregieren von Parteien in den Österreichischen Rundfunk ORF.

Herr Wolf, beim Österreichischen Rundfunk ORF wird das Amt des Generaldirektors neu besetzt. Ist das vor allem ein Managerjob oder ein politischer Job?
Das ist an sich sehr ähnlich dem ZDF-Intendanten oder dem ARD-Vorsitzenden, also ein Medienmanager. Allerdings ist der ORF-„Stiftungsrat“ politischer besetzt als die Aufsichtsgremien von ARD und ZDF. Insofern ist es – leider –seit jeher auch ein politischer Job.

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Der Stiftungsrat ist das Wahlgremium, dort verfügen die „türkisen“ Mitglieder der Regierungspartei von Sebastian Kurz über die meisten Stimmen. Wie groß ist denn der Einfluss der Parteipolitik auf den ORF?
Bei der Wahl der ORF-Direktor*innen ist dieser Einfluss leider sehr groß, weil im Stiftungsrat praktisch immer entlang politischer „Freundeskreise“ abgestimmt wird. Das merkt man dann auch noch bei der Besetzung mancher Spitzenpositionen in den Ebenen direkt darunter. Die ORF-Journalist*innen schützt unser sehr starkes Redaktionsstatut.

Wie unabhängig können die Journalistinnen und Journalisten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Österreichs arbeiten?
Die Redaktionen und die Redakteursvertretung im ORF sind sehr selbstbewusst. Wenn es Versuche der Einflussnahme gibt, wehren wir uns, durchaus auch öffentlich. Besser wäre es natürlich, es gäbe gleich gar keine Versuche.

Heinz Strache verklagt

Muss sich auch ein Armin Wolf, der Moderator von „ZIB 2“, der wichtigsten Nachrichtensendung im österreichischen Fernsehen, gegen Druck wehren?
In den vielen Jahren, die ich das jetzt mache, haben mehrfach Spitzenpolitiker verschiedener Parteien der ORF-Führung nahegelegt, mich doch was anderes arbeiten zu lassen, aber wie Sie sehen, bin ich seit 2001 da und noch immer der Hauptmoderator der Sendung. Den ehemaligen FPÖ-Vizekanzler Heinz Strache musste ich aber tatsächlich nach einer massiven öffentlichen Diffamierung mal klagen. Er hat sich dann ebenso öffentlich entschuldigt und eine Entschädigung von 10 000 Euro bezahlt, die ich einer Forschungseinrichtung über politischen Extremismus gespendet habe.

ARD und ZDF gelten in Kreisen von AfD und Querdenkern als „Staatsmedien“, wo im Endeffekt Politik und Staat die Agenda bestimmen. Wie sieht das in Österreich aus, muss sich auch der ORF gegen solche Vorwürfe behaupten?
Gerade während der Pandemie gab es von Corona-Skeptikerinnen und -Leugnern häufig den Vorwurf des „Regierungsfunks“, während die regierende konservative ÖVP gerne etwas von „Rotfunk“ raunt. Beides ist natürlich ein Unsinn. Wir sind weder die PR-Plattform, die sich die Regierung wünschen würde, noch ein Kampforgan der Opposition. Wir machen Journalismus und berichten, was ist.

Österreicher vertrauen dem ORF

Wie hoch ist das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in den ORF? Steigt es, fällt es?
Nach allen Umfragen ist der ORF jenes Medium, dem das Publikum in Österreich am meisten vertraut. Unsere Quoten sind während der Pandemie auch noch weiter gestiegen. Nur zum Vergleich: Die „ZiB2“, also die ORF-Version des „heute-journals“ bzw. der „Tagesthemen“ hat derzeit im Schnitt 800 000 Seher*innen täglich. Das wären auf Deutschland umgerechnet acht Millionen jeden Abend.

Jetzt ist Roland Weißmann zum neuen ORF-„General“ gewählt worden – mit den Stimmen einer ungewöhnlichen Koalition von Türkisen und Grünen. Was sagt das über die Zukunft des ORF aus?
Die Koalition ist insofern nicht sehr ungewöhnlich, als ÖVP und Grüne ja auch gemeinsam die Bundesregierung stellen. Sie ist aber ungewöhnlich, weil Herr Weißmann ganz eindeutig der Wunschkandidat der ÖVP und des Kanzleramts war. Angeblich haben die Grünen für ihre Zustimmung ein Mitspracherecht bei den restlichen Direktor*innen (TV, Radio, Finanzen, Technik) bekommen, was für einen ORF-Journalisten natürlich ziemlich frustrierend ist. Man würde sich ja wünschen, dass diese wichtigen Jobs einfach die bestqualifizierten Kandidat*innen bekommen und Parteien da gar nichts mitzureden hätten.

Die Fragen stellte Joachim Huber.

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