Neues Eheglück bei den Wulffs: Der "Bild"-Aufzug fährt wieder nach oben
Piep, piep, piep: Alle haben sie wieder lieb. Das wiedervereinte Ehepaar Wulff im Medienbild.
Es bieten sich jetzt Binsen an. „Amor vincit omnia“ wäre eine, Liebe überwindet alles. Oder: „Liebe ist die stärkste Macht der Welt und je widriger die Umstände desto stärker die Liebe“. Das ist jetzt ein Originalzitat aus der „Bild“-Zeitung vom Mittwoch. Es gehört zur Berichterstattung über „Die Liebes-Sensation des Jahres!“ auf der Titelseite von Deutschlands auflagenstärkstem Boulevardblatt am Mittwoch. Um die „Liebes-Sensation“ haben sich Christian und Bettina Wulff verdient gemacht. Sie sind wieder ein Paar, die Scheidung ist abgesagt, Herr Wulff zieht wieder bei Frau Wulff und den gemeinsamen Kindern ein.
Die Versöhnung im Kleinen scheint mit einer Versöhnung im Großen einherzugehen, der Versöhnung eines zum Boulevard gewordenen Paares mit dem Boulevard. Die „Bunte“, das People-Magazin, ist bei Fotos und Informationen zur überraschenden Paar-Wende führend, steckt in der aktuellen Ausgabe unmissverständlich den künftigen Weg ab. Mit Blick auf den 17. Februar 2012, den Tag des Rücktritts von Christian Wulff vom Amt des Bundespräsidenten, schreibt „Bunte“-Autorin Tanja May: „Der beliebte CDU-Politiker und seine attraktive Frau Bettina, 41, waren Opfer einer brutalen medialen und juristischen Hetzjagd geworden, die es so in Deutschland bislang noch nicht gegeben hatte.“ Die „Bunte“ wusste und weiß, wo ihr Platz ist: an der Seite der Opfer, des Ehepaares Wulffs. Nun ist es dem Boulevard zu eigen, dass er Zu- und Abneigung am erprobten Kalkül von Aufmerksamkeit und Auflage ausrichtet. Springer-Chef Mathias Döpfner hat das als Merksatz formuliert: „Für die ,Bild‘-Zeitung gilt das Prinzip: Wer mit ihr im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten. Diese Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen.“
Medial aufgeblasene Affäre
Christian Wulff hatte sie – wahrscheinlich im Verbund mit der früheren PTR-Managerin Bettina Körner, verheiratete Frau Wulff – für sich getroffen. Aufwärts geht es mit „Bild“ schneller. Dann, als sich Bobbycar, Immobilienkredite, Hotelrechnungen zu einer großen, von allen, auch zahlreichen seriösen Medien überlebensgroß aufgeblasenen Affäre (Skandal wäre eine zu große Kategorie) amalgamierten, da hatte Christian Wulff eine fatale Idee: In vollkommener Verkennung medialer Paternoster-Logik sprach er „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann auf dessen Handymailbox. Er bat, er drohte, sollte „Bild“ nicht aufhören, sei der Rubikon überschritten. Der Rest ist Geschichte, im Wortsinn: Diekmanns Blackberry mit Wulffs Mailbox-Nachricht ist heute Ausstellungsstück im Haus der Geschichte in Bonn, der 56-jährige Wulff ist vor Gericht von allen Vorwürfen freigesprochen worden, er arbeitet als Anwalt, als Berater in Fragen der deutsch-arabischen Wirtschaftsbeziehungen, auch als Vertreter der Bundesrepublik. Da passt die „Liebes-Sensation“ ins Bild. Was jetzt nur noch fehlt, ist die Versöhnung von Christian Wulff und Kai Diekmann.
In den sonstigen Boulevardmedien, ob Print oder digital, regnete es Tränen der Rührung, Daumendrücken, Ausrufezeichen. Die Wulffs wurden unisono in den siebten Himmel expediert. Anderswo Fragezeichen – heute.de: „Happy End für Christian und Bettina Wulff?“ – und mehr sanfter als böser Spott.
Bei Twitter fragte einer, ob Wulff jetzt auch wieder Bundespräsident werde, der aktuelle Amtsinhaber Joachim Gauck lebe doch in sehr fragwürdigen Verhältnissen („wilde Ehe“, noch nicht geschieden); ein anderer, aka „Harald Schmidt“, sieht das Paar als heißen Kandidaten für die RTL-Tanzshow „Let’s dance“. Nein, das Medienbild zeigt: Boulevard und Regenbogenpresse schwelgen, der Rest schwingt mit, das Paar soll eine, seine neue Chance bekommen. Einsicht, Unrechtsbewusstsein, schlechtes Gewissen? Egal, die letzte Frage geht in eine andere Richtung: Wann wird Guttenberg medial rehabilitiert?