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Wärme, Dunkelheit, Rhythmus – das ist Techno, das bin ich, sagt Club-Promoter Beat (Jannis Niewöhner).
© Amazon Prime Video

Neue Prime-Video-Serie: Der "Beat" von Berlin

Die deutsche Amazon-Serie "Beat" mit Jannis Niewöhner, Karoline Herfurth und Kostja Ullmann verknüpft die Club-Welt der Hauptstadt mit dem Thema Organraub.

Unter seinem richtigen Namen Robert Schlag (Jannis Niewöhner) kennen ihn im Kreuzberger Club Sonar die wenigsten. Dort heißt er schlicht „Beat“. Seine Berufsbezeichnung lautet „Promoter“, andere beschreiben ihn als Wunscherfüller. Jemand, der weiß, was man braucht, und wo man es bekommt. Er selbst vergleicht seine Leidenschaft für das Club-Nachtleben mit dem Mutterleib: Bereits dort gab es Wärme, Dunkelheit, Rhythmus. „Das ist Techno, das bin ich.“

„Beat“ ist der Titel einer weiteren deutschen Prime-Video-Serie. Wie bereits bei „You Are Wanted“ wurde sie von Warner Bros und der Schweighöfer-Firma Pantaleon produziert. Die Idee für „Beat“ kommt von Marco Kreuzpaintner („Krabat“), der auch Regie geführt hat. Das Drehbuch stammt von Norbert Eberlein. Doch obwohl „Beat“ zu einem erheblichen Teil in dem fiktiven Kreuzberger Club Sonar spielt, so ist die Serie doch keinesfalls eine Glorifizierung von Institutionen wie dem Berghain oder Kater Blau. Vielmehr hält es den Party-People den Spiegel vor. Nichts ist umsonst, alles hat Konsequenzen.

Das deutsche Drogengeld führt andernorts zu Unterdrückung und stärkt gewissenlose Warlords, wird ihm Emilia (Karoline Herfurth) nach einem gemeinsamen Club-Besuch vorhalten. So wie Beat ein Nachtmensch ist, gehört Emilia zur Tagwelt. Sie arbeitet für die Geheimdienst-Organisation ESI. Ihr Chef (Christian Berkel) hat ihr den Auftrag gegeben, Beat anzuwerben. Denn dessen Partner Paul (Hanno Koffler) hat einen stillen Teilhaber aufgenommen. Philipp Vossberg (Alexander Fehling) steht im Verdacht, ganz tief im illegalen Waffenhandel zu stecken. Der Club im abhörsicheren Weltkriegsbunker dient ihm als Besprechungszentrale. Beat soll Vossberg ausspionieren.

Doch davon hält Beat anfangs wenig. Er steht noch unter Schock. Nachdem das Sonar zum Tatort einer skurrilen Leichenschau wird, muss er erkennen, wie zerbrechlich die scheinbar friedliche und freiheitliche Club-Welt ist. An der Decke werden zwei Körper kunstvoll in langen Tüchern drapiert. Beat hilft dabei, einen Verdächtigen auszumachen. Der Zuschauer weiß bald, dass mehr dahinter steckt. Die Leichen wurden ausgeschlachtet: Es geht um Organraub an Flüchtlingen.

Bereits 1979 ging es in "Fleisch" um Organraub

Filme über Organdiebstahl sind nicht neu, man denke nur an Rainer Erlers „Fleisch“ von 1979. In dem vom ZDF beauftragten Thriller wurden die Opfer von angeblichen Sanitätern überwältigt und in Rettungswagen entführt, um ihnen später die kostbaren Organe zu entnehmen. Wie anfällig die Transplantation von Organen für Missbrauch ist, zeigt nicht nur die Fiktion. Beim Organspende-Skandal von 2012 wurde bekannt, dass in vier Transplantationszentren in Deutschland offenbar Krankenakten manipuliert wurden, um ausgewählte Patienten bevorzugt mit Organen zu versorgen. Seither werden deutlich weniger Organe gespendet.

Marco Kreuzpaintner schreibt diese Geschichte nun vor dem Hintergrund der weltweiten Flüchtlingsströme weiter. Das ist nicht unrealistisch: In ihrer Not verkaufen syrische Flüchtlinge in der Türkei ihre Organe auf dem Schwarzmarkt, wie Medienberichte 2017 schildern.

Manche Sätze stehen da, als sollten sie in Stein gemeißelt werden. „Wenn das Böse nach Hause kommt, sollte man wissen, auf welcher Seite man steht.“ Karoline Herfurth hat jedenfalls einen klaren Standpunkt zur Arbeit der Nachrichtendienste: „Ich bin sehr dankbar, wenn unser Staat so viel wie möglich über potenzielle Gefahren weiß und uns schützen kann. Ich finde es sehr beeindruckend und bewundernswert, dass Menschen diesen in der heutigen Welt unbedingt notwendigen Beruf ausüben“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Der Kontrast zwischen der Welt der Clubs und Flüchtlingen als lebende Organbanken ist an sich schon groß genug, die Geschichte von „Beat“ geht an Komplexität noch darüber hinaus. Beeindruckend ist auch das Ensemble. Neben Niewöhner, Herfurth, Berkel, Koffler und Fehling sind unter anderem Claudia Michelsen, Karl Makovics und ein herrlich freakiger Kostja Ullmann dabei.

Eine weitere Hauptrolle spielt Berlin, wobei auf die Geografie wenig Rücksichten genommen wird. Gerade erst hat Beat den Kreuzberger Club verlassen, als er schon über die Röntgenbrücke in Charlottenburg läuft. Wild wird von einer Location zur nächsten gesprungen, von der Station zum Amtsgerichtsplatz, vom Kotti zu den Hackeschen Höfen. Gleichwohl ist „Beat“ eine der besten Berlin-Serien nach „Im Angesicht des Verbrechens“.

„Beat“, Amazon Prime Video, sieben Folgen, ab Freitag

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