RBB-Radiosendung "sanft und sorgfältig": Böhmermann und Schulz gehen zu Spotify
Die Radiosendung "sanft und sorgfältig" mit Jan Böhmermann und Olli Schulz wird eingestellt, zumindest beim RBB und anderen ARD-Wellen. "Wir hatten keine Chance mitzubieten", heißt es vom öffentlich-rechtlichen Sender.
Jan Böhmermann hat sich nach dem Wirbel um sein Schmähgedicht auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zurückgemeldet. "Es wird keine weitere Ausgabe mehr von ,sanft & sorgfältig' geben", verkündete Böhmermann am Montagnachmittag auf seiner Facebook-Seite. Statt dessen haben Jan Böhmermann und Co-Moderator Olli Schulz eine Vereinbarung mit dem Streaming-Dienst Spotify geschlossen, wie ein Sprecher des aus Schweden stammenden Unternehmens dem Tagesspiegel bestätigte. "Die Tinte unter dem Vertrag ist sozusagen trocken", sagte er. Konkret geht es um ein Podcast-Format, weitere Details zu Startzeitpunkt, Inhalten und dem weiteren Konzept werden in den nächsten Wochen bekannt gegeben. Ob es neben der Podcast-Sendung von Böhmermann und Schulz weitere deutsche Sendungen geben wird, wollte das Unternehmen nicht kommentieren. Böhmermann und Schulz hatten bislang nicht gerade die beste Meinung über den Streaming-Dienst: "Spotify ist so eine Scheiß-Plattform, wo der Künstler keine Kohle bekommt", sagten sie vor drei Jahren in "sanft und sorgfältig".
Zu dem Schritt hätten er und Co-Moderator Olli Schulz sich "völlig unabhängig" von den Geschehnissen rund um das Erdogan-Gedicht des "Neo Magazin Royale"-Moderators entschieden, hatten beide bekannt gegeben. Schon länger hätten die beiden daran gedacht, aufzuhören. "Wir sind von dieser Entscheidung überrascht und bedauern sie sehr. Nun müssen wir uns erst einmal sammeln", sagte RBB-Sprecher Justus Demmer dem Tagesspiegel und kündigte an, dass der Sender in Kürze erklären werde, wie es auf dem Sendeplatz weitergehen soll. Offenbar ging es beim Wechsel zu Spotify um Geld, sehr viel Geld. "Wir hatten allerdings keine Chance mitzubieten", sagte der RBB-Sprecher weiter.
Am Montagabend hatte sich ein "sehr trauriger" RadioEins-Programmchef Robert Skuppin zum Weggang der beiden geäußert. "Die Entscheidung von Jan Böhmermann und Olli Schulz hat sich schon länger abgezeichnet. Wir wussten, dass sie entsprechende Verhandlungen führen", sagte er auf RadioEins ohne jedoch mitzuteilen, ob die beiden mit ihrer Sendung bereits eine neue Heimat gefunden haben. Vom RBB hieß es dazu: "Wir bieten mehr als nur Geld, bei uns gibt es zudem eine Redaktion, eine Produktion und das Sendungsumfeld."
"sanft und sorgfältig" gehöre zu den erfolgreichsten Radioformaten, sagte Skuppin. Die vor drei Jahren beim RBB gestartete Sendung lief zuletzt auch auf You FM vom Hessischen Rundfunk, Bremen Vier von Radio Bremen, N-Joy vom Norddeutschen Rundfunk und Puls vom Bayerischen Rundfunk sowie als Podcast. Böhmermann hatte Skuppin am Nachmittag angerufen und über die Entscheidung informiert, ließ sich dabei nicht vom Weitermachen überzeugen, so der Radioeins-Programmchef. Eine große Abschiedssendung wird es wohl nicht geben, Böhmermann und Schulz werden sich aber bei den Hörern dennoch verabschieden.
Die Entscheidung fällt in eine Zeit, in der die Zukunft von Böhmermann in Funk und Fernsehen ungewiss ist. Zumindest die Pause für das "Neo Magazin Royale" hat bald ein Ende. Für Mitte Mai wurde auf der Facebook-Seite vom "Neo Magazin Royal" eine Aufzeichnung seiner Sendung am 11. Mai angekündigt. Erst-Ausstrahlungstermin soll demnach Donnerstag, der 12. Mai um 22.45 Uhr sein, auf ZDFneo. Das bestätigte das ZDF am Montag. In der Nacht von Freitag auf Samstag läuft um Mitternacht die Wiederholung im ZDF.
Der Moderator war seit seiner letzten Sendung Anfang April auf Tauchstation gegangen, ließ sowohl die Sendung „Neo Magazin Royale“ als auch seine wöchentliche Radio-Sendung mit Olli Schulz ausfallen. Anlass war der umstrittene Satire-Beitrag über Erdogan vom 31. März, bei dem Böhmermann in seiner Show ein Schmähgedicht vorgetragen hatte. Auch bei der Verleihung des Grimme-Preises am 8 April fehlte Böhmermann, obwohl er zu den Preisträgern gehörte.
Chefredakteur von "Cumhuriyet" verurteilt
Erdogan bleibt unterdessen bei seiner harten Linie gegen unliebsame Journalisten. Ein Istanbuler Gericht verurteilte den Chefredakteur der Zeitung „Cumhuriyet“ am Montag wegen Beleidigung des Staatspräsidenten zu einer Geldstrafe. Dündar soll rund 29.000 Türkische Lira (rund 9000 Euro zahlen), wie dessen Anwalt Bülent Utku der Deutschen Presse-Agentur am Telefon sagte. Das Gericht beschuldige den Journalisten, sowohl Erdogan als auch dessen Sohn Bilal und mehrere Minister in seinen Kolumnen beleidigt zu haben. Der Journalist bestritt die Vorwürfe und kündigte Berufung an.
In den Texten hatte Dündar den Korruptionsskandal aus dem Jahr 2013 thematisiert. Mehrere Minister der islamisch-konservativen AKP-Regierung, deren Söhne und der Sohn Erdogans waren damals in Verdacht geraten, in Korruption verwickelt zu sein. Dündar muss sich mit dem Hauptstadt-Büroleiter der „Cumhuriyet“ in einem weiteren Prozess unter anderem wegen Spionage und Unterstützung einer Terrororganisation verantworten. Den beiden droht lebenslange Haft.