ZDFneo: Böhmermann und Barnaby
Erfolg der Programm-Taktik: Warum ZDFneo so erfolgreich geworden ist.
Das ZDF ist drei Programme. Da ist das Hauptprogramm, schon im siebten Jahr Marktführer im deutschen Fernsehen, da ist ZDFinfo, das mit seiner Orientierung auf Dokumentationen ähnlichen Programmen wie dem privaten Nachrichtensender n-tv zu schaffen macht. Und da ist ZDFneo, das an immer mehr Fernsehabenden an die „zweite TV-Liga“ aus Vox, RTL 2 und Kabel 1 heranrückt, wenn es sie nicht wiederholt.
ZDFneo, 2009 gestartet, gelingt der Spagat, jüngeres Publikum zu gewinnen und älteres nicht zu vergraulen. Mit Sitcoms wie „Blockbustaz“ oder „Tanken – Mehr als Super“, insbesondere mit dem „Neo Magazin Royale“ von und mit Jan Böhmermann wird der Altersschnitt, der im originären ZDF-Publikum bei 62 Jahren liegt, auf die Um-die-50er-Marke gedrückt. Was auch an den Serien glückt, die in ZDFneo Premiere feiern. Am vergangenen Donnerstag zum Beispiel „Greyzone“, eine Produktion im bewährter Scandi-Noir-Stil, in die auch ZDFneo Geld investiert hatte.
Am 14. November soll noch größere Aufmerksamkeit generiert werden: Start der Crime-Serie „Das Parfüm“ nach dem Bestseller von Patrick Süskind. Beachtliche Besetzung (Wotan Wilke Möhring, Friederike Becht, August Diehl), bemerkenswerter Regisseur (Philipp Kadelbach) und ein bedeutender Produzent (Oliver Berben) kommen zusammen. „Das Parfüm“ kommt zeitgleich mit dem Start bei ZDFneo in die Mediathek, im ZDF soll die Serie Anfang 2019 laufen.
Das muss sich ein Sender erst einmal getrauen: Eine hochwertige Produktion erst im „kleinen“ und dann im „großen“ Programm ausstrahlen. In der ARD ist vergleichbares Verhalten nicht zu erkennen; die Dritten zum Beispiel sind, was Fiktion angeht, ein Festival nicht nur der „Tatort“-Wiederholungen.
Mix aus Innovationen und Wiederholungen
Der Fernsehsender ZDF erreicht mit dieser Programm-Taktik den gewünschten Erfolg, ZDFneo ist in der Wahrnehmung des Publikums nach oben geklettert. Die Innovationen werden aufgewogen, manch traditioneller ZDF-Zuschauer wird sagen: aufgefangen durch ein breites Repertoire an Reruns. Die Krimiserie „Letzte Spur Berlin“, der Wiedergänger „Wilsberg“ und am Montag der Klassiker schlechthin: „Inspector Barnaby“ in Doppelfolge.
Wobei der Tom Barnaby des John Nettles von der Gemeinde lauter akklamiert wird als sein Nachfolger John Barnaby (Neil Dudgeon). Die Krimiserie ist fern jeder TV-Vision und ganz nah dran an der Agatha-Christie-Tradition: Britishness at its best. Da sind am Montag bis zu zwei Millionen Fanzuschauer drin, selbst wenn im Zweiten der „Fernsehfilm der Woche“ läuft.
Der Mix bei ZDFneo, zugleich die Doku-Schiene bei ZDFinfo erlauben es dem ZDF, sein Hauptprogramm deutlicher auf Quoten hin zu schleifen, respektive von Sendungen zu „befreien“, die kein hohes Publikumsinteresse entfachen. Der beste Doku-Platz, am Dienstag um 20 Uhr 15, wird dann am 18. September einen „Schuhmarkt-Check“ bieten. Da hat es am Sonntag schon das Melodram „Ein Sommer in Vietnam“ gegeben, am Mittwoch geht es mit „Aktenzeichen XY“ auf Verbrecherjagd, und am Donnerstag heißt die Komödien-Losung „Neid ist auch keine Lösung“. Aber es gibt ja noch ZDFneo.
„Inspector Barnaby“, ZDFneo, Montag, 20 Uhr 15