Causa Claas Relotius: Auch der Tagesspiegel ist betroffen
Auch in dieser Zeitung veröffentlichte Claas Relotius zwei Texte. Eine Reportage war gefälscht, ein Interview verdichtet.
Claas Relotius hat in seiner Zeit als freier Journalist auch für andere Medien gearbeitet: „Cicero“, „Neue Zürcher Zeitung am Sonntag“, „Financial Times Deutschland“, „taz“, „Welt“, „SZ-Magazin“, Zeit Online, „FAS“ – und Tagesspiegel.
Relotius hat in dieser Zeitung zwei Beiträge veröffentlicht, die geprüft werden. Der erste Text ist ein Interview mit dem Regisseur Werner Herzog, der zweite eine Reportage von 2015. Nach derzeitigem Stand enthält diese – „Der Mann, der Hollywood in Angst versetzte“ – über den Hacker Christopher Chaney Gesprächsszenen, die Relotius erfunden hat. Er schildert darin ausführlich ein Treffen mit dem inhaftierten Amerikaner im Bundesgefängnis von Jesup, Georgia. Sehr detailliert beschreibt Relotius, wie Christopher Chaney seine Taten reflektiert, bis hin zum sanften Klang seiner Stimme. Aus dem Text geht hervor, dass Relotius seinen Protagonisten an fünf Besuchstagen gesprochen habe.
Der Redaktion bot Relotius die Geschichte 2015 mit diesen Worten an: „Sie handelt von Christopher Chaney, einem Amerikaner, der als berüchtigter ‚Hollywood-Hacker‘ weltweit Schlagzeilen machte. Chaney, der auf den ersten Blick nur ein unscheinbarer Bürger war, hatte sich drei Jahre lang unerkannt in die E-Mailkonten berühmter Hollywoodstars gehackt und systematisch deren Intimsphäre öffentlich gemacht. Er wurde im Jahr 2011 vom FBI verhaftet und im vergangenen Herbst ein zweites Mal verurteilt. Ich habe Chaney nur kurz darauf im Gefängnis von Jesup, Georgia besucht, um die Geschichte seiner Verbrechen anhand von Justizakten und eigenen Schilderungen zu rekonstruieren.“ Anrufe in jenem Gefängnis am Mittwoch ergaben nun, dass der Reporter dort nie gewesen ist.
Der Text war zuvor bereits im Schweizer Magazin „Reportagen“ erschienen.
Der Tagesspiegel hat ihn mittlerweile bei tagesspiegel.de entfernt. Unterdessen hat sich Claas Relotius beim Tagesspiegel per SMS gemeldet. Er schrieb: "Es tut mir unendlich leid. Ich konnte Chaney nicht treffen, ich habe ihn nicht getroffen."
Interview mit Werner Herzog
Zu seinem Interview mit dem Regisseur Werner Herzog teilte Relotius mit: "Auch im Herzog-Interview sind einige Passagen verdichtet." Das Interview, das zunächst in der Schweizer Weltwoche erschienen war, ist weiterhin bei Tagesspiegel.de verfügbar. Auf Nachfrage des Tagesspiegel erinnert sich Werner Herzog nicht, ob er Relotius dieses Interview gegeben hat. Nach Angaben seines Bruders gibt Herzog etwa 500 Interviews jährlich, meist sind es kürzere Gespräche. Dass er für ein deutsches Medium in den letzten Jahren ein Gespräch dieser Länge geführt hat, hält er eher für unwahrscheinlich. Herzog hat darum gebeten, Datum und Ort des Gesprächs zu erfahren, die Redaktion hat diese Angaben von Relotius angefordert. Sobald nähere Informationen zum Ausmaß vorliegen, werden sie an dieser Stelle veröffentlicht.
Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt schrieb in seinem Checkpoint vom Freitag: "Wir sind getäuscht worden, wir haben uns täuschen lassen. Wir bitten unsere Leserinnen und Leser um Entschuldigung." Tsp
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