"Die Stadt und die Macht" endet mit schwacher Resonanz: ARD: "Weissensee" soll Quotenschmerz lindern
Riskiert die ARD zu viel mit ihren Serien? ZDF und RTL sind mit ihrer episodischen Fiktion deutlich erfolgreicher
Jetzt muss es "Weissensee" beweisen. Beweisen, dass die ARD mit ihrem weiter als bei der Konkurrenz gefassten Serien-Portfolio Publikum, viel Publikum findet. Die Miniserie "Die Stadt und die Macht" endete, wie sie begann: als Enttäuschung. Wissen wollen, wie es ausgeht, das hat der Schussfolge mit 2,47 Millionen Zuschauern größere Resonanz verschafft als Episode 5 mit 2,27 Millionen, dem Quotentiefpunkt. Die Geschichte um die Ostberliner Familie Kupfer jedenfalls geht weiter: Es werde die vierte Staffel gedreht, kündigte Programmdirektor Volker Herres am Donnerstag in Hamburg an. Die Finanzierung sei nicht einfach gewesen, sei jetzt aber unter Dach und Fach. Herres sprach in diesem Zusammenhang vom „großen Verdienst“ der Produktionsfirma, der Berliner Ziegler Film. Die Serie, die bislang im Berlin der Vorwendezeit angesiedelt war, soll jetzt mit den ersten freien Wahlen in der DDR, der Gründung der Treuhand, der Währungsunion bis zur Ermordung von Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder weiterlaufen. „Eine bislang selten im TV erzählte Phase der Geschichte“, sagte Herres.
Herres: Quote bei "Stadt und Macht tut weh"
Anders bewertete Herres den bisherigen Verlauf des Sechsteilers „Die Stadt und die Macht“ mit Anna Loos als Regierende Bürgermeisterin Berlins. So leicht empfinde er nach sieben Jahren als Programmdirektor keinen Schmerz mehr. „Aber das tut weh!“ Die Quoten fielen mit knapp 2,3 bis 2,9 Millionen Zuschauern enttäuschend aus. Dennoch gab Herres als Losung aus: „Bangemachen gilt nicht.“ Mit dem Mehrteiler „Charité“, der derzeit unter anderem in Prag gedreht wird, darf das Publikum eine neue Miniserie erwarten - aus „einer bislang fiktional weitgehend unterbelichteten Epoche der deutschen Geschichte, der Kaiserzeit“, wie Herres sagte. Auch in Arbeit: die Serienproduktion „Babylon Berlin“, die in den 20er Jahren spielt. Details über das Projekt sollen zusammen mit dem Produktionspartner, dem Pay-TV-Anbieter Sky, am Rande der Berlinale im Februar vorgestellt werden. Vorgesehen ist, dass die Serie an einem Samstag mit vier Folgen hintereinander starten soll.
Ja, Bangemachen gilt nicht, Aufgeben gilt auch nicht. Das Erste will unverändert zeigen, dass serielles Erzählen auch in der gesagten Form der horizontalen Fortsetzung beim großen Publikum funktionieren kann. Kann. Das Jahr 2016 wird da die Probe aufs Exempel liefern. Wenn die Beobachtung stimmt, dann ist die ARD erstens mutiger als die übrige Konkurrenz im linearen Fernsehen oder aber - und da wird es bitter - die ARD sucht in der Vergangenheit ihre Zukunft, respektive ZDF und RTL haben die neue Gesetzmäßigkeiten längst verinnerlicht: Die große Mehrheit des Publikums will beim linearen Fernsehen Serien nach episodischem Muster. Also holt der "Bergdoktor" im Zweiten schon mehr Publikum als der ARD-Hit "In aller Freundschaft", ist RTL mit dem "Lehrer" in Staffel zwei schon erfolgreicher als bei Staffel eins. Serie ist erfolgreich, wenn nach 45, 60 Minuten die Geschichte ihren Schlusspunkt gefunden hat. Das Publikum der großen Serienerzählung über Stunden und Stunden wird da aufstöhnen. Muss es nicht, es hat ja Mediatheken und VoD-Plattformen, die ein Wegtauchen in die fiktionale Welt gestattet. Nein, was jetzt notwendig ist: Dass ZDF und RTL ihr Serienkonzept verbessern und verfeinern. "Der Bergdoktor" und "Der Lehrer" dürfen mehr sein als Schlichtfernsehen.
Und alle Sender stehen vor einer gewaltigen Herausforderung: Sie müssen beweisen, dass das große Publikum mit dem Thema "Politik" in den fiktionalen Formaten etwas anfangen kann. Schwierig, schwierig, denn erkennbar ist, dass die Welt der schlechten TV-Nachrichten nicht in die Serienwelt verlängert werden soll. Das Einschalten fiktionalen Programms soll wenn nicht einen Spannungs-, so doch einen Erlebniswechsel bringen. Bloß nicht Merkel, bloß nicht Flüchtlinge!
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