Radio auf dem Smartphone: ARD-Audiothek kommt nach Holperstart in Fahrt
Mit den 560 Sendereihen zeigt die ARD-Audiothek auch, wo die Wellen stärker kooperieren könnten. Aber auch, wie der Hörspielpreis von der App profitiert.
Das Hörspiel „Broken German“ des jungen israelischen Theater- und Hörspiel-Regisseurs Noam Brusilovsky ist am Samstagabend in Karlsruhe mit dem Deutschen Hörspielpreis der ARD ausgezeichnet worden. Für den Hörspielpreis der ARD konnten die Landesrundfunkanstalten der ARD, das Deutschlandradio sowie ORF und SRF jeweils ein Hörspiel einreichen. Das Besondere an dem diesjährigen Preis: Über die neue ARD-Audiothek, also die Radio-Mediathek von ARD und Deutschlandradio, konnten sich die Freunde des Genres bereits vor der Bekanntgabe der Preisträger in aller Ruhe seit Mittwoch ausführlich mit diesem Preis beschäftigen. Alle Nominierungen wurden über die App, die es für Smartphones und Tablets mit Android und Apples iOS gibt, vorab zum Anhören oder Downloaden bereitgestellt.
Das siegreiche Hörspiel des SWR basiert auf dem gleichnamigen Roman von Tomer Gardi, in dem ein israelischer Mann in gebrochenem Deutsch von einer Reise nach Berlin mit fremden Koffern, von Erinnerungen an das von Nazis besetzte Rumänien, vom Kauf eines Messers, von pöbelnden Skins und von einer Leiche in der Besenkammer des Jüdischen Museums berichtet. Die neue Internet-App, die das Angebot aus über 60 Radiowellen bündelt, bietet den Freunden des gesprochenen Wortes einen Service, der nicht nur beim Hörspielpreis weit über die Möglichkeiten des klassischen Radios hinausgeht. Denn dort wird nur der Hauptpreis in den Kulturradios der beteiligten Sender ausgestrahlt.
Bei Android werden nur neuere Handys unterstützt
Vor vier Wochen hatte die ARD eine Beta-Version der App online gestellt, Mitte vergangener Woche ging das Programm nun in den Regelbetrieb. An einigen Stellen hakt es noch etwas. So war der Dienst anfangs zeitweise nicht zu erreichen, zudem berichteten Nutzer, dass die App auf kostenpflichtige Mobilfunkverbindungen zugegriffen hat, obwohl diese eigentlich dafür gesperrt waren. Ärgerlich auch, dass die App unter Android nur auf neueren Smartphones funktioniert – doch insgesamt loben die Nutzer den neuen Service. Allein für Android wurde die App inzwischen 50 000 Mal heruntergeladen.
Besonders beeindruckt sind die Nutzer vom Umfang des Angebots: Aus 560 Sendereihen, die nach Themen, Sendern und einer kuratierten Empfehlungsliste im Bereich „Entdecken“ sortiert sind, kann ausgewählt werden. Die große Zahl relativiert sich allerdings bei genauerer Betrachtung. Zu vielen Themen gibt es vor allem viel vom Gleichen. Zum Beispiel im Ratgeberbereich, wo der Hörer zwischen mehreren Gesundheitssendungen der ARD-Wellen auswählen kann. Zum Thema Haus und Garten stellt sich für ihn die Frage, ob er lieber auf den „Gartentipp“ von SWR4 oder die „Gartensprechstunde“ vom MDR vertrauen möchte. Die Beispiele lassen sich auf viele andere Themenfelder ausweiten, besonders begeistert scheinen die Radiomacher auch vom Internet zu sein.
„Die Audiothek ist auch ein schöner Beleg dafür, dass Kooperation und die Bündelung von Kompetenzen Kreativität und multimediale Innovationen befördert“, sagte die Karola Wille zum Start des Audiothek-Regelbetriebes. Die ARD-Vorsitzende meinte damit die Zusammenarbeit von BR, Radio Bremen und SWR bei der Entwicklung der App, deren Funktionen sukzessive ausgebaut werden. Positiv gesprochen, zeigt die App aber auch, welche Synergien genutzt werden könnten, wenn die ARD-Radiowellen inhaltlich stärker zusammenarbeiten würden. Denn die Kritiker des öffentlich-rechtlichen Rundfunks könnten die App auch als Beleg werten, wie Gebühren verschwendet werden, weil jeder Regionalsender jedes Thema selbst besetzen möchte. Kurt Sagatz