"Abbruch wäre verrückt gewesen": ARD-Aktuell-Chef verteidigt Paris-Berichterstattung
Hätte die ARD die Übertragung aus dem Stadion in Paris abbrechen müssen? ARD-Aktuell-Chef Kai Gniffke verteidigt den Umgang seines Senders mit den Terroranschlägen von Paris.
„Ein Terroranschlag und die Berichterstattung darüber sind kein Rattenrennen und sie sind kein Schönheitswettbewerb“, sagte Kai Gniffke, Erster Chefredakteur ARD aktuell beim Mainzer Medien-Disput am Montagabend in der Landesvertretung von Rheinland-Pfalz beim Bund und verteidigte, wie das Erste am Freitagabend mit dem Terroranschlägen von Paris umgegangen ist. „Ich nehme alle Kritik auf, wo man gerade in der ersten Stunde noch besser hätte sein können, aber ich glaube, es ist uns gelungen, authentisch, kompetent und vor alle Dingen jederzeit angemessen darüber zu informieren“, sagte Gniffke weiter. Das Medienblog World Wide Wagner hat die Ausführungen des Chefs von ARD aktuell über einen Audio-Mitschnitt dokumentiert. Gniffke zufolge hat die ARD in den ersten drei Tagen nach dem Terrorakt insgesamt 15 Stunden Sonderprogramm gebracht.
"Das war der Ort des Geschehens"
Kritik hatte es vor allem daran gegeben, weil das Erste am Freitagabend sogar auch dann noch vom Fußball-Freundschaftsspiel Frankreich gegen Deutschland berichtet hatte, als die ersten Anschläge bekannt geworden waren. „Es hat eine sehr intensive Diskussion darüber geben, ob es in der ersten Stunde richtig war, im Fußballstadion zu bleiben, dort wo alles begann. Ich habe das nachhaltig am Freitagabend unterstützt, denn nirgendwo war, meiner Meinung nach, in diesen Moment authentischer der schockierte Zustand dieser Stadt zu transportieren, als in diesem Stadion“, sagte dazu nun Kai Gniffke. „Lange Zeit waren wir auch der Meinung, dass der Schwerpunkt dieser Anschläge auf dem Stadion liegt. (…) Und ehrlich gesagt, in der ersten Stunde hätte ich gedacht, jeder, der jetzt sagt, wir müssen da abbrechen und rausgehen, den hätte ich für fast verrückt gehalten. Weil nochmal: dort war der Ort des Geschehens.“
Gniffke verteidigte auch das weitere Vorgehen des Senders am Freitag: Das Erste sei um elf Uhr der erste öffentlich-rechtliche Anbieter gewesen mit einer Sondersendung zu dem Thema. „Wir haben dann wieder ins Stadion zurückgegeben, um auch der Korrespondentin Zeit für Recherchen zu geben.“ Auch die Interviews mit Löw, Rauball und Bierhoff habe er als richtig empfunden, die als deutsche Zeugen am Ort des Geschehens waren und dazu Aussagen treffen konnten. Im Verlauf des Abends folgte dann eine weitere Sondersendung und von Mitternacht bis zwei Uhr morgens eine ausführliche Berichterstattung über die Ereignisse in Paris. Fast vier Millionen Zuschauer sind Gniffkes zufolge beim Ersten geblieben.
Das Freundschaftsspiel Deutschland gegen Holland am heutigen Dienstagabend wird vom ZDF übertragen. Kommentator Oliver Schmidt will die Begegnung, die unter anderem von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor Ort verfolgt wird, "ohne Schärfe" kommentieren, kündigte er im Tagesspiegel an. Lob hat ZDF-Mann Schmidt für seinen ARD-Kollegen Tom Bartels. Bei der Kommentierung des Spiels in Paris habe dieser die Situation "vorbildlich gemeistert".