Twitter-Ärger für Julia Klöckner: Rezo wirft der Landwirtschaftsministerin Schleichwerbung vor
Julia Klöckner veröffentlicht ein Video, das sie im Gespräch mit dem Nestlé-Chef zeigt. Die Frage: Ist das unerlaubte Werbung?
Bei ihrem jüngsten Vorhaben, Zucker, Salz und Fette in Lebensmitteln zu reduzieren, wird Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) von dem Unternehmen Nestlé unterstützt. Ein Video, in dem sich Klöckner gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden des Lebensmittelkonzerns, Marc-Aurel Boersch, zeigt, postete sie Anfang dieser Woche auf Twitter. Sonderlich viel Aufmerksamkeit bekam der Kurzclip nicht. Bis der Youtuber Rezo ihn entdeckte.
Der 26-Jährige rügt den Post des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit den Worten: "Fun Fact: Hätte ich exakt diesen Tweet mit genau so einem Video gepostet, hätte ich es als #Werbung kennzeichnen müssen." 3500 User markierten den Tweet binnen weniger Stunden mit "Gefällt mir". Rund 500 retweeteten ihn.
Und der Eindruck Rezos ist nicht ganz falsch: In dem 59 Sekunden langen Videoclip dankt Klöckner Nestlé für die Zucker-, Salz- und Fettreduktion in seinen Lebensmitteln: "Essen und trinken ist wichtig, aber die Frage ist: Ist es mit unserer Umwelt gut vereinbar und ist es vor allen Dingen gut für unsere Gesundheit. Und deshalb freue ich mich, dass wir uns heute über die Philosophie von Nestlé unterhalten haben", flötet die Ministerin.
Rezo, der unmittelbar vor der Europawahl ein mehr als 14 Millionen Mal geklicktes Youtube-Video mit dem Titel "Die Zerstörung der CDU" veröffentlichte, steht mit seiner Auffassung, bei dem Clip der Landwirtschaftsministerin handele es sich offensichtlich um Werbung, nicht alleine: Cartoonist Ralph Ruthe und Bundestagsabgeordnete Renate Künast kritisieren neben der fehlenden Kennzeichnung ebenso die Zusammenarbeit mit Nestlé selbst.
Richtlinien für Werbung
Grundsätzlich gilt: Posts sollten in sozialen Medien als Werbung gekennzeichnet werden, sobald sie eine Werbewirkung für Unternehmen und dessen Dienstleistungen erfüllen oder es sich um Beiträge handelt, für die Nutzer von Unternehmen entlohnt werden. Ein großes Thema waren diese Leitlinien in der Vergangenheit für Influencer, also Nutzer mit einer hohen Reichweite.
Das Netzwerk Instagram hat die Kennzeichnungspflicht in seinen Richtlinien wie folgt festgehalten: "Gemäß unseren Richtlinien müssen Creator und Herausgeber Geschäftspartner in Beiträgen mit Branded Content markieren, wenn es zu einem Wertaustausch zwischen einem Creator/Herausgeber und einem Geschäftspartner kommt." Auch Youtube und Facebook führen diese Regel in ihren Nutzungsbedingungen auf. Twitter bezieht sich in seinen Nutzungsrichtlinien vornehmlich auf Werbung von Drittanbietern innerhalb eines Videos: "Du darfst ohne unser vorheriges Einverständnis über unsere Dienste keine Videos mit Werbeinhalten von Drittanbietern wie Pre-Roll-Videoanzeigen oder Sponsorship-Grafiken senden, posten oder darstellen."
Werbung im Sinne der Plattformbetreiber ist das Video von Klöckner also nicht. Fragen kann man natürlich, ob eine Ministerin sich so mit einem CEO präsentieren sollte, dessen Unternehmen wegen diverser Umweltvergehen in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik stand.
Das BMEL antwortet den Kritikern auf Twitter: "Wir verstehen den Punkt. Und gleichzeitig werben wir dafür, dass es vorangeht mit gesünderen Lebensmitteln - weniger #Zucker, #Fette, #Salz. Dabei sehen wir gerade auch die ganz Großen in der Verantwortung!" (tsp)