Mode: Fashion Week Berlin: Die Frau als Mann
„Ich entwerfe für mich als Mann“, sagt Sarah Effenberger. Mit ihrem Label Fomme ist sie am Mittwoch bei der Fashion Week zum ersten Mal beim Vogue Salon dabei.
Seit 2011 ist der Vogue Salon fester Bestandteil der Berliner Modewoche, Nachwuchs-Designer zeigen hier ihre Kollektionen. Aber modische Entdeckungen innerhalb der ambivalenten deutschen Szene zu finden, ist nicht so einfach. Der Grat zwischen Newcomer und etabliertem Jungdesigner ist schmal, und zum Hochglanz-Image sollen die Entwürfe auch noch passen.
Vielleicht ist das ein Grund, warum Perret Schaad bereits seit Juli 2014 dabei sind. Das Label gibt es schon seit 2009, verkauft wird auch in die USA. Die Österreicherin Marina Hoermanseder ist zum ersten Mal im Vogue Salon, doch auch sie ist bereits recht bekannt, sie hat zum Beispiel die Uniformen für Austrian Airlines entworfen.
Sarah Effenberger haben die Redakteurinnen der „Vogue“ auf ihrer Abschlussshow entdeckt. „Wir suchen auf Uni-Schauen immer nach neuen Talenten“, erklärt „Vogue“-Redakteurin Hella Schneider, die der Chefredakteurin Christiane Arp Sarah Effenberger wärmstens empfohlen hat.
Und tatsächlich ist die junge Designerin ein echter Newcomer: Ihr Label Fomme ist ihr Abschlussprojekt, das Studium hat sie erst in diesem Winter abgeschlossen. Der Modedesign-Master an der Berliner Universität der Künste ist ungewöhnlich strukturiert, man bewirbt sich mit einem Projekt auf ein Thema hin. Letztes Jahr war das „transfect designsystems“. Der Begriff „Transfektion“ stammt aus der Biologie, fremde DNA wird hier in ein System eingeschleust, um das gesamte System zu verändern. „Was mich am Modesystem stört, sind klassische Unisex-Formate“, erklärt Effenberger, „also habe ich mich entschlossen, mich mit einem eigenen Label in diesem Feld zu bewerben.“ Beim Begriff Gender kriegt sie eigentlich Gänsehaut, trotzdem war ihre Mission schnell klar: Dem Mann auch vermeintlich feminine Ästhetiken zusprechen und der Frau erlauben, Männersachen zu tragen. Fomme ist nämlich ein Männerlabel, dessen Mode sich an beide Geschlechter richten soll.
Effenberger geht anders als viele Unisex-Label auf beide Körperformen ein
„Ich entwerfe für mich als Mann“, sagt Effenberger. Anders als andere Unisex-Labels, die ihre Produkte in derselben Ausführung an beide Geschlechter verkaufen wollen, geht Effenberger auf beide Körperformen ein. „Andere Unisex-Labels machen Körper negierende Entwürfe“, sagt sie, „sie ignorieren, dass es nun mal zwei Körperformen gibt.“ Mit ihrem Label bietet auch sie das gleiche Design für Frauen an, der Schnitt wird aber abgeändert, zum Beispiel durch zusätzliche Abnäher für Rundungen.
„Sarahs ungewöhnliches Konzept hat uns überzeugt“, sagt Hella Schneider, „Geschlechterrollen werden in der Mode immer mehr aufgelöst, die Grenzen verschwimmen.“ Das verdeutlicht Fomme nicht nur im Konzept. Die erste Kollektion thematisiert zum Beispiel starke Taillierungen für den Mann, Babyblau und Beerenrot werfen auch farbliche Fragen an klassische Geschlechterrollen auf.
Und der Name? Ein Wortspiel: Aus Femme und Homme wird Fomme. „So eine klare Sprache und ein eigener Standpunkt ist für den Erfolg eines jungen Designers essenziell“, meint Hella Schneider. Ein kleines Risiko geht die „Vogue“ aber auch ein: Einzelteile der ersten Kollektion, die heute im Vogue Salon ausgestellt werden, gibt es nur auf Bestellung zu kaufen. Für die nächste Linie, die Effenberger im Juli fertig haben will, hat sie noch viel zu tun: „Die nächsten Monate suche ich ein größeres Atelier, schreibe Businesspläne und beantrage Gründerzuschüsse“, sagt sie. „Das ganze Programm!“ Ob sie auch mit dem Entwurf für die nächste Kollektion schon angefangen hat? „Nee“, sagt Sarah Effenberger und tippt sich an den Kopf. „Aber hier drin schon!“
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