Zalando-Marketingchef Carsten Hendrich über die neue Bread & Butter: Das neue Offline
Wie aus einer Fachmesse für Mode ein Festival für Endverbraucher wird, weiß Carsten Hendrich. Als Marketingchef von Zalando ist er für die Neuausrichtung der Bread & Butter verantwortlich.
Wie wichtig ist die Bread & Butter für Zalando als physischer Ort? Reicht es nicht, digital zu sein?
Digital ist wie Sauerstoff. Das ist etwas, was da ist. Das Internet schafft neue Verbindungen und Zugänge. Jetzt geht es darum, ein neues Event mit dem Digitalen zu verbinden. Aus Kommunikationssicht hat das natürlich ein Riesenpotential. Auch für unsere Marken ist es spannend, viel direkter in den Austausch zu gehen und eine Rückkopplung zu haben.
Wie hat sich die Bread & Butter entwickelt, seitdem Zalando 2015 die Sportswear-Messe vom Gründer Karl-Heinz Müller gekauft hat? Damals war der Flughafen Tempelhof als Ausstellungsort vorgesehen.
Das war verknüpft damit. Wir hatten damals, als die Entscheidung getroffen wurde, eine abstrakte Vision davon, wie man ein etabliertes Messeformat in eine Kundenveranstaltung umwandelt. Als wir dann in die Konkretisierung gingen, haben wir realisiert, dass ein physisches Event ganz andere Herausforderungen mit sich bringt, als unsere digitale Präsenz. Bei einem Event habe ich einen Ort, eine Deadline, Marken. Ich muss dort Besucher haben. Ich will nicht sagen, dass wir das unterschätzt haben, aber das ist schon sehr intensiv.
Karl-Heinz Müller hat versucht, ein neues Konzept anzustoßen, dass die Endverbraucher einbindet. Das hat nicht funktioniert.
Da haben wir es auf jeden Fall leichter. Und wenn man schaut, wie sich der Markt verändert hat, haben wir mit der Bread &Butter ein sehr gutes Format. Wir sehen, dass sich das Thema Saisonalität deutlich verändert hat. Man muss durch Produktbesonderheiten Anreize schaffen, zum Beispiel über Kollaborationen, limitierte Editionen, und auch die direkte Verfügbarkeit. Auf der anderen Seite sehen wir das Thema Inhalt und Kommunikation. Im Digitalen geht es immer weniger darum, vorproduzierte Inhalte zu haben.
Sondern?
Festivals haben einen enormen Einfluss bekommen. Da sieht man, dass es neben dem Bedürfnis nach digitalem Leben auch um einen konkreten Austausch geht. Mit dem Format Bread & Butter versuchen wir eine Verbindung zu schaffen.
Kommen die rund 20 000 Besucher auch wegen des Namen Bread & Butter?
Das ist für uns schwierig herauszubekommen. Die Messe Bread & Butter hat vor allem in der Modeindustrie eine Strahlkraft gehabt. In Berlin hat sich das natürlich übertragen, weil die Veranstaltung stark in der öffentlichen Wahrnehmung war. Aber es hatte noch keine Relevanz für Verbraucher. Durch den Zusatz, dass es von Zalando ist, ist das Event greifbarer geworden. Es ist immer noch nicht etabliert, aber das kann ich nach einem Jahr auch nicht erwarten. Wir haben immer noch ein Stück weit einen Erklärungsauftrag.
Mode ist also immer noch der Schwerpunkt?
Absolut. Die Beteiligung der Zielgruppe, die wir ansprechen, ist ungemein hoch. Im Digitalen sieht man, dass Mode ein Mittel ist, um sich auszudrücken und sich zu inszenieren.
Eine bekannte Designerin wie Vivienne Westwood hatte schon Retrospektiven im Museum. Jetzt gibt es auch auf der Bread & Butter eine Ausstellung?
Das ist keine klassische Retrospektive. Wir sagen nicht, was gemacht werden soll, wir verstehen uns mehr als Plattform. Sie zeigt die Kollektionen, die für sie eine Bedeutung haben. Sie wird auch über Literatur und Kunst sprechen. Die Leute, die vor Ort sind und sehr stark im Digitalen leben, soll es aus der Reserve locken, um eine andere Perspektive darauf zu bekommen, wie man konsumiert.
Was bedeutet die direkte Kommunikation?
Da gehen wir dieses Jahr einen Schritt weiter, und probieren ein paar Dinge aus. Die wesentlichen Happenings, also die Shows und Gespräche, werden wir über Facebook live in unsere 15 europäischen Märkte streamen. Wir werden aus den jeweiligen Märkten Influencer und Redakteure vor Ort haben, die dann davon berichten. Beim Livestreaming geht es nicht nur darum, eine Fashionshow zu zeigen, sondern auch Menschen aus dem Markt die Chance zu geben, sich darüber zu unterhalten. Und wir werden versuchen Reaktionen aus der digitalen Welt auf die physische Bread & Butter zu bringen.
Geht es auch darum, den Firmen die Erkenntnisse zur Verfügung zu stellen?
Genau. Natürlich in einem gewissen Maße, weil wir da gewisse Anforderungen haben, was Informationsweitergabe betrifft, das ist der ganz normale Standard. Aber klar, es geht darum gemeinsam zu lernen, 80 Prozent der Marken sind wieder dabei und die Konzepte entwickeln sich weiter. Es gibt spezielle kleine Kollektionen und besondere Produkte.
Das funktioniert nur mit größeren etablierten Firmen. Es geht also nicht darum, neues Design zu entdecken?
Wir finden das eigentlich wahnsinnig spannend und würden das auch gern tun. Wir merken aber auch, dass wir zwei Dimensionen haben, die uns begrenzen: Zum einen fehlt aktuell noch der Platz und dann muss man die kleinen Marken auch stärker unterstützen. Eine große Marke weiß, wie man Kommunikation für sich entwickelt. Beim jungen Designer geht es auch sehr stark um das Produkt und die Identität und nicht so sehr darum, wie ich es vermitteln kann. Wir haben dieses Jahr schon ein paar kleinere Labels dabei und das ist auch für die Zukunft wichtig, weil es natürlich auch darum geht, etwas zu entdecken.
Welche Bedeutung hat das Verkaufskonzept "See Now, Buy Now" für Zalando?
Es gibt eine neue Konsumentenautonomie. Heute wird viel selbstbestimmter gekauft, weil sich das Wetter ändert und nicht, weil die Saison startet. Diese Herausforderung hat man. Das war bei uns von Anfang an ein Prinzip und nichts Neues. Das ist es eher für die Marken. Die Besucher wollen die Mode natürlich sofort haben. Wir haben für den Event ein Armband mit der Nahfunk-Technologie RFID entwickelt, das dient als Zugang und dann kann ich damit Bilder, Produktinformationen und Inhalte sammeln und der User entscheidet, was er damit tun möchte.
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