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Bausatz. Das Erdferkel sieht aus wie eine Mischung aus verschiedenen Tieren.
© Stephanie Pilick dpa

Berliner Schnauzen (43): Das Erdferkel

Ein Tier wie aus einem bizarren Baukasten. Trotzdem ist diese visuelle Mischung aus Känguru, Hase und Schwein ganz reizend. Jetzt auch als Podcast.

Erinnern Sie sich noch an dieses alte Kinderspiel? Einer zeichnet ein paar Tierohren auf ein Blatt Papier. Nehmen wir an, er malt lange Hasenohren. Dann knickt er das Blatt um. So können die anderen nicht sehen, was er im Sinn hat. Der Nächste malt nun eine beliebige Schnauze. Sagen wir einen rosa Schweinerüssel in Steckdosenoptik. Nun malt einer einen Rumpf, besetzt, nur zum Spaß, einen klobigen Körper mit Borsten wie ein unrasierter Mann sie trägt und knickt erneut das Blatt um. Zuletzt fügt einer den Schwanz eines Kängurus hinzu. Faltet man das Blatt jetzt auseinander, steht da, ohne Zweifel: ein Erdferkel. Wer es im Nachttierhaus des Berliner Zoos besucht, fragt sich: Ist das Erdferkel überhaupt ein Tier? Und wenn ja, wie viele?

Diese Stückwerke, hier heißen sie Karla und Plucki, sind mit Schweinen jedenfalls kein bisschen verwandt. Egal, könnte man einwenden, schließlich muht weder die Seekuh noch bellt der Seehund. Und wie schön muss es sein, das Kind schon im Namen zu tragen. Auch als Greis ist das Erdferkel noch Ferkel.

Wie viele dieser urtümlichen Geschöpfe – sie existieren wohl seit 15 Millionen Jahren – es weltweit gibt, ist unbekannt. Noch hat sich niemand die Mühe gemacht, sie in der afrikanischen Savanne und im Buschland zu zählen. Die Ferkel verlassen erst lange nach Sonnenuntergang die Höhlen, um mit ihren starken Vorderpranken betonharte Termitenhügel aufzuknacken. Dicke Haut schützt sie dabei vor Bissen. Schnell werden die Tiere bis 100 Kilo schwer. Normalerweise sind sie allein unterwegs, so ein Insektennest ist ja schnell aufgefressen, zumal, wenn man Platz für 50.000 Termiten im Bauch hat.

Die Ferkel können ihre Nasenlöcher vor Dreck verschließen

Auch die Zunge haben sich die Erdferkelzeichner bei einem anderen Tier abgeschaut, dem Ameisenbär. Mit dem das Ferkel natürlich auch nicht verwandt ist. Soweit man weiß, ist es das mit keinem anderen lebenden Tier. Keines besitzt beispielsweise heute noch solche röhrenförmigen Zähne, die permanent nachwachsen und abgenutzt werden statt auszufallen. 30 Zentimeter lang und fingerdünn ist diese Ameisenbärzunge, klebrig und von Warzen besetzt. Ideale Termitenaufschleckzunge.

Passt allerdings auch gut ins Nasenloch des Tierpflegers, finden die Ferkel im Zoo. Bis hinauf zur Stirn. Eine schmerzhafte Erfahrung für Menschen. Die Ferkel selbst können ihre Nasenlöcher vor Dreck verschließen. Das hilft, wenn sie sich bei Gefahr – Löwen, Hyänen, Pythons – auf den Rücken werfen, mit Krallen und schaufelförmigen Nägeln nach dem Feind schlagen und sich innerhalb von 30 Sekunden einen Meter tief in die Erde eingraben. Füchse und Wildhunde übernehmen die Wohnräume der Ferkel, Höhlen und Gänge, später gern.

Tierpfleger Mario Grüßer serviert dem Ferkelpaar im Nachttierhaus nun Milupa-Babymilchbrei – sie sind ja schließlich Ferkel – und versucht mit Hackfleisch, Obst und Mehlwürmern die Termiten zu ersetzen. Dann schnappt sich die Erdferkelfrau einen Springhasen, mit dem sie das Gehege teilt, fixiert ihn mit den starken Vorderpranken und lutscht ihn von oben bis unten ab. Apropos kindliches Verhalten: Wie heißen eigentlich die Ferkel der Ferkel?

ERDFERKEL IM ZOO

Lebenserwartung:  25 Jahre

Fütterungszeiten:  Mo-Fr 10 Uhr,

Interessanter Nachbar: Senegal-Galago, Plumplori

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