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Atemschutz auf vier Pfoten: ein Hund mit Maske in Peking. Für die Tiere ist das Tragen der Maske eine Qual.
© AFP
Update

Angst vor Ansteckung: Bundesinstitut testet Schweine und Hühner auf das Coronavirus

In Hongkong hat man Viren bei einem Spitz gefunden, in New York ist eine Tigerin betroffen. Das Friedrich-Löffler-Institut untersucht jetzt Nutztiere.

Wenn sie nicht weiter wissen, rufen besorgte Hunde- und Katzenhalter schon mal im Ministerium an. Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert sind, möchten von Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) wissen, ob sie ihre vierbeinigen Mitbewohner anstecken können.

Andere sind besorgt, dass ihr Haustier die Krankheit an sie weitergeben könnte, falls es Lotti oder Maunzerle erwischen sollte. Auch Atemmasken für Tiere sind ein Thema (Antwort des Ministeriums: unnötig) und die Frage, wer denn mit dem Hund Gassi geht, während man selbst unter Quarantäne steht (Antwort: der Nachbar).

Das Coronavirus verändert nicht nur das Zusammenleben der Menschen, sondern es kann auch das Miteinander von Mensch und Tier beeinflussen. Vor allem seitdem im Zoo in New York eine Tigerin positiv auf Sars-CoV-2 getestet und in Hongkong erstmals Viren der Lungenkrankheit bei einem Hund nachgewiesen worden sind. Der Spitz gehört einer 60-jährigen Frau, die mit dem Coronavirus infiziert ist. Derzeit ist der Hund in Quarantäne in einem Tierheim - so wie alle Haustiere von infizierten Menschen in Hongkong. Müssen Hunde- und Katzenhalter jetzt Angst haben?

Gassi gehen in Krisenzeiten: Atem- und Pfotenschutz in Shanghai.
Gassi gehen in Krisenzeiten: Atem- und Pfotenschutz in Shanghai.
© REUTERS

Die Antwort nach jetzigem Wissensstand lautet: nein. "Es wurden mit hochempfindlichen Nachweismethoden geringe Mengen von genetischem Material des Erregers in Abstrichproben aus Nase und Mundhöhle nachgewiesen", heißt es beim Friedrich-Löffler-Institut (FLI).

Es sei aber unklar, ob es sich um eine aktive Infektion oder eine passive Verunreinigung durch die Virusmengen in der Umgebung handelt. Der Hund zeigt keine Krankheitssymptome und wird in einer Quarantänestation weiter untersucht. "Es kann sein, dass die Besitzerin ihn angeniest hat", sagt FLI-Sprecherin Elke Reinking. Oder dass der Spitz von der Frau einen Kuss auf die Nase bekommen hat.

Experten sagen: Es gibt keine Hinweise auf eine gegenseitige Ansteckung

Das FLI ist das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit und in Deutschland eine der wichtigsten Anlaufstellen, wenn es um Tierseuchen geht. Für die rund 15 Millionen Katzen- und 9,4 Millionen Hundehalter haben die Experten eine beruhigende Botschaft: Es gibt weiterhin keine Hinweise darauf, dass Hunde oder Katzen ein Infektionsrisiko für den Menschen darstellen oder eine Rolle bei der Verbreitung von SARS-CoV-2 spielen, betonen die Forscher und sind sich darin einig mit der Weltgesundheitsorganisation WHO. Auch Nutztiere wie Rinder oder Schweine sind keine Überträger. "Das Virus wird von Mensch zu Mensch übertragen", sagt Reinking. Dennoch rät sie, nach Kontakt mit Tieren die Hände zu waschen, was aber schon immer und völlig unabhängig vom Coronavirus gegolten hat.

Allerdings sprechen erste, vorläufige Untersuchungen dafür, dass das neue Coronavirus in der Lage ist, in Zellen von Tieren der Felidae-Gruppe, den Katzenartigen, einzudringen. Das Einfallstor, das die Viren nutzen, ist bei Mensch und Katze offenbar sehr ähnlich. Es ist ein Molekül in der Zellmembran, ACE-2. Für dieses Schloss zur Zelle hat das neue Coronavirus (und auch das 2002 und 2003 kursierende Sars-Virus) offenbar den passenden Schlüssel: ein Stachel-Protein („spike“) in der Virushülle. Doch selbst wenn man Katzen - im Labor - hohe Virusdosen verabreicht, stecken sie nur selten Artgenossen an oder werden krank.

Das Virus kommt von der Fledermaus

Auch wenn Hunde und Katzen nach jetzigem Stand das Virus weder übertragen noch bekommen können, stammt das Virus dennoch vom Tier, nämlich der Fledermaus. Fledermäuse tragen zahlreiche Viren in sich, darunter auch das Ebola-Virus. Den Flugtieren schaden die Viren nicht, den Menschen schon.

Unklar ist noch, ob die Übertragung direkt von der Fledermaus auf den Menschen erfolgt ist oder ob es eine weitere Tierart als Zwischentier gibt. Das könnte das Schuppentier sein, bei dem ebenfalls Coronaviren entdeckt worden sind - und das, obwohl streng geschützt, in China gegessen wird.

Der Überträger: Experten vermuten, dass Fledermäuse das Coronavirus verbreitet haben.
Der Überträger: Experten vermuten, dass Fledermäuse das Coronavirus verbreitet haben.
© imago/blickwinkel

Als Keimzelle der Epidemie gilt der Sea-Food-Market in Wuhan, der chinesischen Stadt, die am stärksten von der Krankheit betroffen ist. Auf dem Markt wurden nicht nur Meeres-, sondern auch andere lebendige Tiere zum Verzehr angeboten. Käfige mit Marderhunden, Bisamratten und Fledermäusen, die in China ebenfalls als Essen auf den Tisch kommen, standen dort übereinander gestapekt. Für das Virus paradiesische Bedingungen, um sich auszubreiten.

Nicht zum Kuscheln, sondern zum Verzehr: lebende Hauskatzen auf einem Markt in China.
Nicht zum Kuscheln, sondern zum Verzehr: lebende Hauskatzen auf einem Markt in China.
© picture alliance / WILDLIFE

Beim Friedrich-Löffler-Institut testet man nun, ob sich Schweine oder Hühner mit dem Virus anstecken können. Dazu werden die Tiere bewusst infiziert und über Wochen beobachtet. Mit Ergebnissen ist nicht vor Ende April zu rechnen. Die Analyse ist wichtig, um auszuschließen, dass die Tiere das Virus als Wirt in sich tragen können, auch wenn sie keine Krankheitssymptome zeigen. Schweine und Menschen sind genetisch eng verwandt, die Übereinstimmung liegt bei rund 90 Prozent.

Doch wenn es um die Übertragung von Viren über Atemwege geht, ist uns Menschen ein Tier noch näher: das Frettchen. Die große Ähnlichkeit eröffnet Chancen, wenn es um die Behandlung von COVID-19 (Coronavirus Disease 19) geht. "Man könnte Medikamente erst an den Frettchen testen", sagt FLI-Sprecherin Elke Reinking.

Frettchen reagieren auf bestimmte Viren ähnlich wie Menschen. Das kann bei der Entwicklung von Medikamenten helfen.
Frettchen reagieren auf bestimmte Viren ähnlich wie Menschen. Das kann bei der Entwicklung von Medikamenten helfen.
© dpa-tmn

Auch wenn im Ministerium besorgte Tierfreunde anrufen, in Berlin ist die Tierliebe größer als die Besorgnis. Die Kleintierklinik der Freien Universität verzeichnet keinen verstärkten Besuch von Katzen- oder Hundebesitzern im Kontext des Coronavirus, teilte die FU auf Anfrage mit. Allerdings fällt dem Klinikpersonal auf, dass die Besucher generell stärker auf Hygiene achten - das betreffe aber eher den Kontakt von Mensch zu Mensch.

Auch ins Tierheim kommen die Berliner nach wie vor. Bei den Vermittlungen gibt es keinen Rückgang.

Anders sieht die Lage dagegen in China aus. In Wuhan kämpfen viele Hunde und Katzen ums Überleben, weil ihre Besitzer sie allein zurückgelassen haben. Aus Peking gibt es Berichte, dass Tiere ausgesetzt werden oder gar von Balkonen geworfen werden, weil die Menschen Angst haben sich bei ihnen anzustecken.

Die Angst, dass Haustiere erheblich unter der Corona-Epidemie leiden könnten, ist nicht unbegründet, glaubt die Berliner Katzenexpertin Birga Dexel. "Während der SARS-Epidemie 2003 mussten Katzen in China und Hongkong schon einmal einen hohen Preis zahlen", schreibt sie in ihrem Blog. Weil das SARS-Virus in einer geringen Zahl von Katzen gefunden worden ist, wurden zahlreiche Tiere getötet oder ausgesetzt.

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