Fashion-Week-Wettbewerb "Designer for Tomorrow": Blick in die Zauberkugel
Der von Peek & Cloppenburg initiierte Wettbewerb "Designer for Tomorrow" ist längst etabliert. Von den Prämierten spielt jedoch kaum jemand eine Rolle in der deutschen Modeszene.
Dass ein prominentes Gesicht häufig mehr Aufmerksamkeit auf ein Ereignis lenkt als der Inhalt des Ereignisses selbst, ist der Berliner Modewoche nicht fremd. Beim jährlich stattfindenden, vom Düsseldorfer Bekleidungsfilalisten Peek & Cloppenburg initiierten Preis „Designer for Tomorrow“ (DfT) wiederholt sich dieser Mechanismus Jahr für Jahr.
Der DfT hat sich seit seiner Gründung 2009 als feste Größe im Kalender der Berliner Modewoche etabliert. Das liegt einerseits natürlich an seinem Programm: Der Wettbewerb lockt mit einem auf die speziellen Bedürfnisse des Gewinners zugeschnittenen Förderprogramm für ein Jahr. Dazu gibt es die Möglichkeit, im Rahmen der Fashion Week eine Schau zu präsentieren sowie ein besonders Stück oder eine zwei- bis fünfteilige Kollektion in ausgewählten P&C-Häusern und im Onlineshop zu verkaufen.
Der eigentliche Grund aber für den Wirbel um den Wettbewerb sind die prominenten Schirmherren und nicht die Finalisten. Das waren in den letzten Jahren gestandene Designer wie Marc Jacobs, Stella McCartney und Tommy Hilfiger, nun ist es der US-amerikanische Modedesigner Zac Posen.
Könnte da nicht der Verdacht aufkommen, dass die Teilnehmer des von P&C initiierten Nachwuchsförderungspreises von so einem großen Namen nur überschattet werden können? Was nützt es den Preisanwärtern, wenn sich die Aufmerksamkeit auf die Prominenten und weniger auf die eigenen Entwürfe richtet? Die PR-Abteilung von Peek & Cloppenburg sieht da kein Problem, die Jungdesigner würden vom Fahrtwind eines Zac Posen nur profitieren. Außerdem sei die Expertise der Großmeister „eine wichtige Bereicherung für den DfT und seine Finalisten.“
Alexandra Kiesel: "Man muss aufpassen, dass man nicht untergeht"
Ganz so einfach ist es vielleicht nicht. „Man muss natürlich aufpassen, dass man neben solch einem großen Namen nicht untergeht“, sagt Alexandra Kiesel, die mit ihrer Debütkollektion „Building Blocks“ 2011 den Wettbewerb gewann. Geschadet hat es ihr aber nicht, sagt sie. „Marc Jacobs war definitiv ein Name, der ziemlich krass gezogen hat.“
Auch die Gewinner der vergangenen Jahre, Matteo Lamadini, Ioana Ciolacu und Leandro Cano sind zufrieden. Alle vier empfinden einen medial wirksamen Schirmherren und das Förderprogramm als nachhaltigen Karrierekick. Wie sie gefördert wurden, wird allerdings nicht ganz klar. Die Preisträger sagen Sätze wie „P&C hat mir gezeigt, dass es viel Arbeit ist, ein Label aufzubauen.“ Ohne den Preis wären sie nicht so weit gekommen, versichern sie und betonen, dass sie sich auch nach Ende der Förderung jederzeit an das Unternehmen wenden könnten.
Einzig Alexandra Kiesel wird konkreter. Sie berichtet, dass sich die Unterstützung bei ihr in erster Linie auf die Realisation einer Modekollektion bezog. Das Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro, das Peek & Cloppenburg für den Gewinner sponserte, landete nicht auf ihrem Konto, sondern wurde für Sachwerte wie eine professionelle Ausstattung inklusive technischer Maschinen für ihr Atelier und für den Einkauf von Stoffen und weiteres Arbeitsmaterial bereitgestellt. Davon profitiert Kiesel noch heute. Hinzu kommen sowohl die Modenschau, die auf Kosten von P&C ging, als auch die Produktion und der Verkauf von zwei Kollektionsteilen, darunter ein Kleid, das massentauglich modifiziert wurde.
Die Gewinner des Preises „Start your Fashion Business“ sind hingegen fest verankert in der Modeszene
Doch wie hat sich die Karriere der anderen Gewinner entwickelt? Von Leandro Cano hat man in Deutschland zwar seit dem Wettbewerb nicht mehr viel gehört – dafür darf sich der Jungdesigner seitdem über Berichterstattung in Spanien freuen. Ioana Ciolacu, regelmäßig auf der Berliner Modewoche vertreten, glänzt mit einer professionellen Website und verkauft ihre Entwürfe unter anderem über den Onlineshop Moda Operandi. Ihre modischen, kommerziell tragfähigen Kollektionsteile überzeugen deutsche Blogs wie „Edited“. Und Alexandra Kiesel, die mittlerweile Dozentin an der Esmod ist und ihre Kollektionen nebenbei weiterführt, macht jetzt erst einmal eine kurze Babypause. Ob sie danach weitermacht? Bislang ist das zumindest ihr Plan.
Die international erfolgreichste Gewinnerin der letzten vier Jahre ist wohl Ioana Ciolacu – auch, wenn man von ihr wie von den anderen Gewinnern nicht als Überfliegerin sprechen kann. Auffällig ist, dass keiner der DfT-Prämierten – abgesehen von Kiesel – für die deutsche Modeszene eine tragende beziehungsweise überhaupt eine Rolle spielt. Ganz im Gegensatz zu den Gewinnern des Preises „Start your Fashion Business“, ausgelobt vom Berliner Senat: Michael Sontag, Perret Schaad, Vladimir Karaleev, Augustin Teboul und Bobby Kolade – sie alle sind mittlerweile fest verankert in der Berliner Modeszene.
Der DfT-Award verspricht schon mit seinem Namen, die Zukunft des Modedesigns zu finden. Doch schaut man sich die Karrieren der Gewinner an, scheint es ein diffuser Blick in die Zauberkugel zu bleiben.