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Die Muster der Mode: Berlin macht Druck

Diesen Frühling kommt man um Muster nicht herum. Es gibt wild kombinierte afrikanische Motive für die Damen, Blumen für die Herren, Fotodrucke und eine Erinnerung an das Palästinensertuch.

Geschmischte Motive

Auf den Kleidern von Lena Hoschek geht es dieses Frühjahr ganz schön wild zu. Die Grazerin ist bekannt für ihre Muster und intensiven Farben. Normalerweise entwirft sie Silhouetten im Stil der 50er und 60er Jahre, jetzt geht sie weiter. Der in den 70er Jahren berühmt gewordene Safari-Look trifft bei ihrer aktuellen Kollektion „Hot Mama Afrika“ auf Waxprints, eine Drucktechnik aus Afrika mit Batik-Effekt.

„Afrika, die intensiven Farben und die Prints mit ihrer besonderen Geschichte haben mich schon lange fasziniert“, sagt die Österreicherin. Die Inspiration ist unübersehbar, fast alle Entwürfe sind mit afrikanischen Motiven bedruckt. Interessant ist, wie Hoschek diese Ethno-Einflüsse mit Retro-Entwürfen verbindet.

Dass Musterkombinieren kniffelig ist, erkennt man schon daran, dass sich diesmal kaum ein anderes Label auf der Berliner Fashion Week daran versucht hat. Es gab zwar viele Muster zu sehen, aber immer nur im Unilook. Was auf den ersten Blick zufällig zusammengewürfelt wirkt, setzt viel Farbgefühl voraus. Alleine mit dieser Idee ist Hoschek trotzdem nicht, seit 2012 zeigt die haitianische Designerin Stella Jean, wie afrikanische Mode mit Retro-Einfluss funktioniert. Bei ihr sieht man Kombinationen wie eine gerade geschnittene Siebenachtelhose in Rosarot mit Fischmuster zum Jackett mit ockerfarbener Giraffenprägung oder eine streng geschnittene, signalblaue Karobluse zu einem Rock, der Afrikanerinnen vor einem Dschungelhintergrund zeigt. 2013 wurde sie dafür von Giorgio Armani nach Mailand eingeladen und präsentierte im Teatro Armani ihre Musterentwürfe.

Bei Modedesignern wie dem Belgier Dries van Noten und der Italienerin Consuelo Castiglioni, die für ihr Label Marni entwirft, ist der Mustermix seit Jahren ein Erfolgsrezept.

Vivienne Westwood, die berühmt-berüchtigte Punkkönigin der Modewelt, experimentiert schon immer gerne mit wilden Mustern. Bei ihr hat Hoschek gearbeitet, bevor sie ihr eigenes Label gründete. Diesen Sommer zeigt sie mit ihren eigenen Musterkombinationen, was sie aus London mitgenommen hat.

Politischer Druck

Westwood macht mit ihren Prints immer wieder auf die Ausbeutung der dritten Welt oder den Klimawandel aufmerksam, Jean Charles de Castelbajac druckte für seine Sommerkollektion 2009 großformatige Porträts von Barack Obama auf leuchtend gelbe Kleider. Irgendwie findet die Politik immer wieder ihren Weg in die Mode.

Das ist bei Lala Berlin anders. Zwar sind die Entwürfe von Leyla Piedayesh häufig an das klassische schwarz-weiße Muster des Palästinensertuches Kufiya angelehnt, mit der politischen Aussage der traditionellen Kopfbedeckung haben sie aber nichts mehr zu tun. Für die in Teheran geborene Leyla Piedayesh ist es einfach ein Muster aus ihrer Kindheit: „In der Mode relativiert sich so was.“ Vor rund zehn Jahren landete das Kufiya-Muster auf einem Kaschmirschal der Designerin, seitdem setzt sie es in jeder Saison anders um.

Im Sommer 2015 ist der schwarz-weiße Druck dem Wüstenthema der Kollektion entsprechend verzerrt dargestellt: „So ist in dem Muster viel Bewegung. Das erinnert an den Effekt, wenn die Hitze aufsteigt und man alles verschwommen sieht.“ Ein Jumpsuit ist mit dem Kufiya-Muster bedruckt. Den Einteiler mag Piedayesh wegen seiner verschiedenen Aussagen: „Eigentlich hat der Jumpsuit seinen Ursprung in der männlichen Arbeitskleidung. In den 70ern wurde er dann zu einem coolen Teil für Frauen. Heute tragen sehr moderne Frauen den Jumpsuit, die ohnehin gerne Statements setzen.“ Nur keine politischen.

Voll unter Druck. Eine Aufnahme von der Lena-Hoschek-Show bei der Fashion Week Juli 2014 in Berlin.
Voll unter Druck. Eine Aufnahme von der Lena-Hoschek-Show bei der Fashion Week Juli 2014 in Berlin.
© Getty

Realistische Ansichten

Mittlerweile lassen sich T-Shirts ganz einfach beim Onlinehändler mit eigenen Schnappschüssen bedrucken und bestellen. Und das zu günstigen Preisen. Immer mehr junge Marken versuchen sich an Fotodrucken. Erstmals wurde Mitte der 90er mit dem digitalen Textildruck experimentiert. Ein Vertreter des modischen Fotodrucks der ersten Stunde ist Albert Kriemler. Für die Schweizer Marke Akris thematisiert der Designer immer wieder Prints von Fotokünstlern, zu seinem zehnjährigen Schauenjubiläum in Paris im Frühling 2014 etwa druckte Kriemler die Nachtaufnahmen des Becher-Schülers Thomas Ruff großformatig auf Mäntel und Kleider.

Für Anne Gorke hat die Arbeit mit dem Digitaldruck mit einer Artischocke angefangen, dem ersten Motiv, das als Druck auf den Kleidern der Weimarer Designerin landete. Vorher war sie eher für schlichte Mode bekannt. Seither gibt es in jeder ihrer Kollektionen Prints, im letzten Winter Fotografien niederländischer Künstler, im Sommer 2015 der hellrote Ara. Anne Gorke ließ Fotografien des Papageien in verschiedenen Flugphasen drucken.

Sie hat sich bewusst wieder für Realaufnahmen entschieden. „Ich mag nichts Gezeichnetes auf meinen Sachen, zumindest nicht, wenn es um ein konkretes Motiv geht“, sagt sie. Da sie umweltfreundlich produziert, kommen auch die Prints aus einer zertifizierten Druckerei in Österreich. Der ökologische Charakter der Marke soll aber nicht im Vordergrund stehen: „Ich finde es gut, wenn meine Kunden die Sachen erst mal nur schön finden.“

Lust auf Blumen

Auch Frida Homann vom Label Dyn hat sich mit Mustern beschäftigt: „Ich hatte diesmal Lust auf Blumen.“ Normalerweise kleidet sie Männer in gedeckte Farben, dieses Mal hat sie Blumen fotografiert, ausgeschnitten und zu Collagen zusammengefügt.

Besonders ein mit rosafarbenen Pfingstrosen und Anemonen bedruckter Blouson kam gut an. Das Blumenmuster steht dabei im Gegensatz zum lässig- maskulinen Schnitt der Jacke. Die Verbindung von sportlich- männlichen Schnitten und femininen Drucken ist auch international ein Sommertrend. Beim amerikanischen Designer Marc Jacobs liefen die Models in Sommerhemden mit pinkfarbenem Flamingodruck über den Laufsteg. Sogar der sonst eher traditionelle Italiener Valentino stickte farbenfrohe Schmetterlinge auf khakifarbene Männerblousons.

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