Der Koreaner lutscht. Rote Daunenjacke, Brille, schwarzglänzende Haare, und er löst geschickt das Hähnchenfleisch vom Knochen ab. So als würde er einen Lollipop bearbeiten. Die marinierten Chicken Wings mit der würzigen Zimt-Soja-Sauce sind das Markenzeichen des Kreuzberger Imbiss. So authentisch, dass Berlin-Touristen aus Korea sofort mit ihrem Rollkoffer vom Flughafen hierher fahren. Der Mann schwört, Daumen hoch, dass es im Lokal genauso schmeckt wie in der Heimat auf der anderen Seite der Welt.
Und er ist nicht der Einzige mit einem gesunden Appetit. Eine Frau mit weißem Kopftuch kauft gleich für fünf Personen ein, „zum Mitnehmen, bitte!“. Zwei deutsche Studentinnen schauen auf den Fernseher, der über der Tür hängt und in Dauerschleife Videos von koreanischen Popbands zeitgt. Sechs Mädchen im Kornfeld, im Park, in einer Shoppingmall, eine trägt Schulmädchenuniform, eine andere schwarze Haute-Couture, eine dritte sieht mit den gefärbten Haaren wie eine Manga-Figur aus. Das Angry Chicken ist nicht bloß Fastfood-Stube, es ist ein Kulturzentrum. Nirgendwo sonst gibt es einen Crashkurs in Sachen Korea-Pop.
Koreanisches Allerlei
Ausgedacht haben sich den Laden am Heinrichplatz Young Mi–park und Huyn Wanner vom Kimchi Princess, einem ständig knüppeldickevollen Restaurant gute 100 Meter weiter am Görlitzer Bahnhof. Längst gibt es nicht nur Hühnchenhappen im Angry Chicken, die Gäste können zwischen einer Schüssel Bibimbap (koreanisches Allerlei mit Reis, Gemüse und wahlweise Fleisch) und einem Angry Beef Burger wählen. Der kommt mit Kimchi, einer scharfen Chili-Mayonnaise obendrauf, die beim Hineinbeißen fettig herausspritzt. Sofort trieft es von den Fingern, es ist ein Genuss. Irgendwann ist das Brot des Burgers leider so durchweicht, dass es schwer tropfend herunterfällt. Jetzt heißt es Handarbeit und danach ein paar Servietten verbrauchen.
Als Menü gibt es dazu Süßkartoffelchips, die wie kleine Holzraspel aussehen. Auch hier ist lustvolles Hineingreifen gefragt, mit den Holzgabeln lassen sich die Chips nicht aufspießen. Nur Vorsicht vor den fremdländischen Getränken: Nach einem kräftigen Schluck aus der Flasche, die nach koreanischer Limonade aussah, stellte sich im Rachen feurig heraus, dass es sich um einen Kartoffelschnaps handelte. Prost!
Drei Schwestern nebenan
Adresse Oranienstraße 16, 10999 Berlin-Kreuzberg, Tel. 030/695 994 27
Geöffnet täglich 12-22 Uhr
Im Netz angry-chicken.com
Interessanter Nachbar Drei Schwestern, Mariannenplatz 2