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Die Stiftung „Zukunft Berlin“ macht sich Gedanken über die Berliner Bezirke.
© Kitty Kleist-Heinrich

Wachsendes Berlin: Zwölf Bezirke mit Zukunft

Die Stiftung "Zukunft Berlin" formuliert Thesen für eine moderne, bürgernahe Stadt. Die Arbeitsgruppe beklagt, dass es für das wachsende Berlin kein klares Zielbild gibt.

Sind die Bezirke dafür gerüstet, dass Berlin so schnell wächst? „Wenn wir uns nicht positiv dazu verhalten, könnte es peinlich werden“, antwortete der Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Oliver Igel (SPD) auf diese Frage. Sein Bezirk werde 2030 voraussichtlich 60.000 mehr Einwohner haben. Die Verwaltung und die öffentliche Infrastruktur müssten mit diesem Wachstum überall in Berlin Schritt halten. Sonst könne es passieren, so Igel, dass private Investoren neue, schöne Wohnungen bauen, aber bei der Eröffnung die Gehwege fehlen.

Der Bezirksbürgermeister gehört zu einer Arbeitsgruppe der Stiftung „Zukunft Berlin“, die sich Gedanken über die Zukunft der Berliner Bezirke machte. Weitere Mitglieder sind der frühere Stadtrat und Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU), Finanz-Staatssekretär Klaus Feiler, der Spandauer Bürgermeister Helmuth Kleebank (SPD), der Verwaltungsreformer Hartmut Bäumer und Vertreter der Berliner Wirtschaft. Sie waren sich einig, dass Bezirke und Senat besser zusammenarbeiten und endlich aufhören müssten, sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben. Zumal der Senat bisher nicht den Beweis erbracht habe, „dass er es besser macht“, wenn er bezirkliche Projekte in gesamtstädtischer Verantwortung an sich ziehe, sagte Bäumer.

Bürgerämter sollen besser organsisiert werden

Kleebank beklagte den „Kompetenz-Wirrwarr“ in manchen Bezirksämtern und setzte sich für eine stärkere Rolle der zwölf Bezirksbürgermeister ein. Sie sollten eine fachliche Weisungsbefugnis gegenüber den Stadträten bekommen. „Die Bürgermeister sollten Dienstvorgesetzte werden“, forderte Branoner, die Bezirke brauchten intern klarere Verantwortlichkeiten. Und im Zusammenspiel mit dem Senat solle der Rat der Bürgermeister gestärkt werden.

Staatssekretär Feiler wies daraufhin, dass die starren Sparvorgaben beim Personal in den Bezirksämtern „vom Tisch“ seien. Trotzdem warnte er davor, einfach nur nach neuen Stellen zu rufen. In den Bürgerämtern beispielsweise gebe es Probleme, die nicht nur mit fehlendem Personal zu tun hätten. „Wir sollten die Arbeitsabläufe prüfen und diskutieren“, sagte Feiler. Gegenüber den Bezirken hat er eine entsprechende Organisationsuntersuchung angeregt, im Herbst will der Staatssekretär das Projekt weiterverfolgen.

Ausgangslage der Bezirke ist unterschiedlich

Feiler plädierte, wie auch andere Mitglieder der Arbeitsgruppe, für mehr finanzielle Anreize und einen Wettbewerb zwischen den Bezirken. „Wir müssen wegkommen von den gleichmacherischen Finanzzuweisungen. Wer sich anstrengt, soll davon profitieren.“ Bürgermeister Igel fände ein solches Bonussystem gut, die Prämien könnten Schulen und Kitas, Jugendfreizeit- oder Senioreneinrichtungen zugute kommen. Der Spandauer Amtskollege Kleebank mahnte aber einen „fairen Wettbewerb“ an. Denn die wirtschaftliche und soziale Ausgangslage der Bezirke sei sehr unterschiedlich.

Noch nicht ausgereizt, so meint die Arbeitsgruppe, sei die Regionalisierung oder Zentralisierung bezirklicher Aufgaben. Nach dem Motto: Ein Bezirk für alle. So ist Pankow seit dem Frühjahr der Pilotbezirk für die Bekämpfung der Schwarzarbeit. Feiler schlug ein gemeinsames Immobilien-Management für die Schulen vor, das habe sich in Hamburg bewährt.

Mal sind wir Hauptstadt, mal sind wir Kiez

Neukölln hat die Archivierung der Leichenschauscheine für die bezirklichen Gesundheitsämter übernommen. In Tempelhof-Schöneberg arbeitet eine gemeinsame Unterhaltsvorschusskasse. Ähnliches biete sich für die Ordnungsämter oder die Kontrolle der Zweckentfremdungsverordnung an, sagte Igel.

In ihren Thesen zur Zukunft der Bezirke beklagt die Arbeitsgruppe, dass es für das wachsende Berlin kein klares Zielbild gebe. „Mal sind wir Hauptstadt, mal sind wir Kiez.“ Auch die Bezirke müssten eigene Leitvorstellungen entwickeln. Vor der Wahl im September 2016 werde daraus wohl nichts werden, sagte Branoner.

Dies sei aber ein dringendes Thema für die nächste Legislaturperiode in Berlin. Eine Möglichkeit wäre die Einrichtung einer Enquetekommission des Abgeordnetenhauses. Ein Ziel formulierte der Verwaltungsexperte Bäumer schon am Freitag: „Wir brauchen einen neuen Umgang des öffentlichen Dienstes mit den Bürgern.“

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