Öffentlicher Verkehr in Berlin: Zwischen Zoo und Südkreuz rollen jetzt Elektrobusse
Die BVG hat am Montag ihre erste Linie mit Elektrobussen in Betrieb genommen. Sie sind so laut wie ein Pkw und werden an den Endhaltestellen kabellos geladen.
Summ, summ, summ. Bei der BVG ist die elektrische Zahnbürste seit Montag ein Bus. Um 12.18 Uhr startete Nicole Baumert am Bahnhof Südkreuz den ersten Elektrobus der BVG Richtung Bahnhof Zoo. In den nächsten Jahren will die BVG auf der Linie 204 zwischen den beiden Fernbahnhöfen mit vier Bussen nur noch elektrisch fahren. Mit 4,1 Millionen Euro unterstützt das Bundesverkehrsministerium dieses Projekt.
Das Besondere: Die Batterien der Busse werden an den Endhaltestellen kabellos geladen, per Induktion. So wie elektrische Zahnbürsten zu Hause. „Das System ist einfach. Entscheidend beim Laden ist die Sicherheit“, sagte Bombardier-Chef Lutz Bertling, dessen Unternehmen das Konzept entwickelt hat. Detektoren unter der Ladeplatte entdecken so gut wie alle Gegenstände, die darauf liegen könnten.
Blinde seien nicht gefährdet
Als Beispiel nannte Bertling eine Münze. Sie würde beim Aufladen glühend heiß. Verlässt der Bus die Ladestation und ein Passant würde die Münze aufheben, würde er sich kräftig die Finger verbrennen. Und auch Menschen mit einem Herzschrittmacher dürfen nicht gefährdet werden. Das alles werde durch das System ausgeschlossen, das Bombardier Primove nennt, sagte der Chef. Die Zulassung jedenfalls für die Ladestellen auf öffentlichem Straßenland hat man erhalten.
Die E-Busse fahren nach Angaben von BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta umweltfreundlich mit Grünstrom – wie alle elektrisch betriebenen Fahrzeuge der BVG. Sie sind auch nur noch so laut wie ein Pkw. Im Innern ist die Klimaanlage lauter als der Motor. Außen dominieren die Rollgeräusche der Räder.
Befürchtungen des Blinden- und Sehbehindertenverbandes (ABSV), Blinde würden durch die leisen Busse gefährdet, teilt die BVG nicht. „Sie sind immer zu hören“, sagte Sprecher Markus Falkner. Innerhalb des Testes würden aber auch die Folgen für blinde und sehbehinderte Menschen untersucht. Für diese seien Elektroautos grundsätzlich ein Problem, sagt Wolfgang Schmidt-Block vom ABSV.
Diskrepanz zwischen Kosten und Nutzen
Zufrieden ist nach den vorausgegangenen Test- und Schulungsfahrten Fahrer Peer Schminkl. Er lobte vor allem das ruckfreie Fahren. „Davon werden auch die Fahrgäste profitieren“, sagte er. Das Geld des Bundes für dieses Projekt innerhalb des Programms „Schaufenster Elektromobilität“ sei gut angelegt, sagte Staatssekretär Rainer Bomba aus dem Bundesverkehrsministerium vor der Eröffnungsfahrt.
„Die Elektromobilität kommt so sicher wie der Herbst am Dienstag“, sagte Bomba. Noch gebe es aber eine erhebliche Diskrepanz zwischen Kosten und Nutzen. Ein Elektrobus ist gut doppelt so teuer wie ein herkömmlicher Dieselbus. Deshalb fördere der Bund den Test.
Lesegeräte für alle Busse
Und der Senat unterstütze die BVG im Anschluss finanziell weiter, wenn das Bundesprojekt 2016 auslaufe, kündigte Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) an. Mindestens bis 2023. Er hofft, dass die BVG im Zukunft weitere Linien auf E-Antrieb umstellt. Die berühungslose Ladetechnik könne in Zukunft auch für Last- und Personenwagen eingesetzt werden, sagte Bertling. Entwickelt hatte man sie ursprünglich für die Straßenbahn.
Im Bus der Zukunft funktioniert sogar eine bewährte Technik, die die BVG bisher nicht umsetzen konnte: Das Auslesen von elektronischen Tickets, die bereits Anfang 2013 eingeführt worden waren. Nach und nach sollen jetzt alle Busse solche Lesegeräte erhalten, kündigte die BVG an.