Estrel-Hotel Neukölln: Zweite Kongresshalle eröffnet - dritte auf dem Weg
Das größte Hotel Deutschlands will noch größer werden. Mehr Zimmer und Kongressfläche sind geplant, Baubeginn im nächsten Jahr. Braucht da noch jemand den veralteten Tanker ICC?
Die neue Kongresshalle, 10.000 Quadratmeter umbaute Luft, ist schon so gut wie ausgebucht. Für nächstes Jahr. Die Anfragen reichen bis ins Jahr 2025, sagt Alexander Dickersbach vom Estrel-Hotel. 13 Monate dauerte es, die „Convention Hall II“ zwischen Autobahnbaustelle und Neuköllner Schifffahrtskanal zu errichten, im gesetzten Budgetrahmen von 30 Millionen Euro. Was sollte die Sanierung des ICC nochmal kosten? 200 Millionen Euro, und das ist nur eine vorsichtige Schätzung.
Eine offene Bühne, nach Belieben wandelbar
„State of the Art“ sei die neue rechteckige Estrel-Halle, sagt visitBerlin-Geschäftsführer Burkhard Kieker, genau das, was sich Kunden wünschen: eine offene Bühne, nach Belieben wandelbar. Mit dem ICC hat das hier wenig gemein. Jetzt ist erstmal Hallen-Eröffnung, mit Gourmet-Imbiss, Stelzen-Portiers, unzähligen Hostessen und strahlend lächelnden Gästen, die den Hausherrn Ekkehard Streletzki mit Lob überschütten. Dem verschlägt es fast die Sprache.
Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU): „Ich bin gekommen, um Danke zu sagen.“ Dafür, dass Berlin auch wegen des Estrel unter den internationalen Messestandorten auf Platz vier vorgerückt ist, vor London, Singapur und Barcelona. „Im ersten Halbjahr 2015 gab es in Berlin 62.000 Veranstaltungen mit 4,8 Millionen Besuchern“, ein neuer Rekord. Zum ICC äußert sich Ekkehard Streletzki, der Estrel-Erfinder und -Eigentümer, nur ungern. Der Bau einer zweiten Kongresshalle habe nichts mit der Schließung des maroden Alu-Tankers am Messegelände zu tun, sagt er.
Expansion jenseits der Sonnenallee
Doch klar ist, dass Streletzki mittelfristig vom stillgelegten ICC profitieren wird. Die großen internationalen Medizin-Kongresse, die früher dort stattfanden, können jetzt nach Neukölln ausweichen. 25.000 Quadratmeter Veranstaltungsfläche und 1125 Hotelzimmer in einem geschlossenen Gebäudeensemble, das ist ein bislang unerreichtes Alleinstellungsmerkmal. Um seine Mitbewerber auf Abstand zu halten, will Großinvestor Streletzki weiter expandieren.
Jenseits der Sonnenallee wartet schon lange eine große Ödnis auf die Betonmischer. Das Estrel soll an der Allee-Achse gespiegelt werden: Noch ein Hotelturm plus Kongresshalle. Für das Bauvorhaben muss der B-Plan geändert werden, das dauert zwei Jahre, eine harte Geduldsprobe für einen unruhigen Unternehmergeist. Bis Ende des Jahres soll das Änderungsverfahren abgeschlossen sein, sagt Streletzki, ganz sicher ist er sich nicht. Ein Blick zur Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), vielleicht könne sie ja an der einen oder anderen Stelle... Giffey sagt lieber nichts dazu, nur, dass sie „sehr, sehr stolz“ auf das Estrel sei und das Motto „Neukölln macht glücklich“ an diesem Tag wahr werde.
Mitte 2016 soll der Turmbau beginnen
Der Estrel-Tower kann im Foyer schon als Modell bewundert werden. 814 Zimmer auf 45 Etagen, die eine Gesamthöhe von 176 Metern erreichen, das wäre dann das höchste Haus Berlins. Die Architekten, das Statikbüro, die Bauleitung – alles schon beauftragt, quasi in den Startlöchern. Um Zeit zu sparen, möchte Streletzki erstmal eine Teilbaugenehmigung fürs Turmfundament beantragen. 350 Betonpfähle, 30 Meter tief, würden für die Bodenplatte gebraucht.
Im nächsten Sommer könnten die Bauarbeiten beginnen, Ende 2018 wäre der Turm dann fertig. Die dritte Kongresshalle ist als zweiter Bauabschnitt geplant. Für Streletzki steht außer Frage, dass Berlin auch diese Halle brauchen wird. Das ICC wird auch 2018 noch nicht saniert sein, und ob es überhaupt noch als Kongresszentrum taugt, ist ebenfalls eine offene Frage.
Besonders stolz ist der gelernte Ingenieur Streletzki auf die technischen Finessen. 100 Autos kann er unter die statisch ertüchtigte Hallendecke hängen. Das soll ihm erst mal einer nachmachen.