Homosexualität in der Evangelischen Kirche: Zwei schwule Pfarrer aus Berlin und der Kampf um ihre Liebe
Die beiden Pfarrer Jörg Zabka und Alexander Brodt-Zabka leben als schwules Paar zusammen. Geht das? In Lichterfelde, ja. Doch bis dahin war es ein langer, steiniger Weg.
Licht fällt in die geräumige Altbauwohnung in Lichterfelde. Die Wände sind mit Bücherregalen tapeziert. Kirchenlexika, typisch Pfarrhaus. Und doch ist hier vieles anders. Jörg Zabka und Alexander Brodt-Zabka sind beide Pfarrer. Und sie sind ein schwules Paar. Vor neun Jahren haben sie sich kennengelernt, vor acht Jahren geheiratet.
Zabka hielt die Kirche immer für einen Ort der Freiheit
Vor Jahren hat die evangelische Landeskirche beschlossen, dass schwule und lesbische Pfarrerpaare unter einem Dach zusammenleben dürfen, das Kirchenparlament der Evangelischen Kirche in Deutschland folgte diesem Beschluss. Es war ein langer Weg bis dorthin. Wie lang und hart, das haben Jörg und sein Mann Alexander erlebt.
Outing nach dem Abi. Der eine in Pankow, der andere in Hanau bei Frankfurt am Main. Da war jedem der beiden schon klar, dass er Pfarrer werden wollte. War auch klar, dass das nicht ganz einfach werden würde?
Über das Thema Homosexualität wurde in Kirchenkreisen, wenn überhaupt, in informellen Zirkeln gesprochen. Vor der Wende riet der Pankower Gemeindepfarrer Jörg Zabka ab. „Wirst nie genommen.“ Aber der Glaube war Zabka da schon viel zu wichtig, als dass ihn die Warnung abgehalten hätte. DDR, Armee – er war immer der mit der Bibel im Schrank. „Die Kirche hielt ich immer für einen Ort der Freiheit“, sagt Jörg Zabka. Durch diese Freiheit habe er gelernt, als schwuler Christ offen zu leben. Und nun sollte er feststellen, dass ihn ausgerechnet diese Kirche nicht akzeptiert?
Die Espressomaschine schnurrt, Alexander deckt gerade den Kaffeetisch auf dem winzigen Balkon in Lichterfelde. Sein Coming-out im konservativen hessischen Dorf war nicht einfach. Auch für ihn war es der Glaube, der Kraft gab. „Gegen alles, was so an Turbulenzen des Lebens über mir zusammenschlug.“ Das Glück schien perfekt, als er im Internet-Chat Jörg kennenlernte und sich verliebte. Der hatte nach dem Theologiestudium seine erste Pfarrstelle in der Martin-Luther-Gemeinde Lichterfelde. Der Plan: zusammenziehen, zusammenleben.
Der zuständige Personaldezernent stellte Zabkas Eignung als Pfarrer infrage
Der zuständige Personaldezernent der Landeskirche Berlin-Brandenburg macht Jörg Zabka nicht unbedingt Mut. Mit Kindern oder der Ehefrau ins Pfarrhaus ziehen sei in Ordnung, mit einem Mann nicht. Andererseits: „Er würde nicht von sich aus nachforschen, mit wem ich hier wohne“, sagt Jörg Zabka. „Wenn jedoch aktenkundig werde, dass das ein Mann ist, gebe es ein Disziplinarverfahren.“ Jörg Zabka Eignung als Pfarrer stellte er auch gleich infrage. Als solcher müsse er im Pfarrhaus wohnen und das könne er mit einem homosexuellen Partner nun mal nicht.
Die beiden ließen sich nicht beirren, gingen durch die Instanzen – und hatten Erfolg. 2010 stand die „Lex Zabka“. Seitdem dürfen homosexuelle Pfarrer in Berlin und Brandenburg gemeinsam im Pfarrhaus wohnen. In anderen Landeskirchen ist das bis heute umstritten.
Jörg und Alexander wollten dennoch nicht im Pfarrhaus leben, auch wenn das jetzt erlaubt wäre. Sie sind auf die Seite gegenüber gezogen. Ihrer Beziehung haben die Schwierigkeiten nicht geschadet. „Wir ergänzen uns gut“, sagen sie, seien immer noch neugierig aufeinander. Es macht ihnen Freude, über ihre Beziehung zu sprechen. Am wichtigsten ist es ihnen immer noch, selbstverständlich leben zu können. Dazu gehört auch, dass Alexander Brodt-Zabka, der eine halbe Stelle als Pfarrer für Gemeinschaftsaufgaben im Kirchenkreis Stadtmitte hat, seinen Mann regelmäßig zum Gottesdienst begleitet.
Die Gemeinde hat den Mann ihres Pfarrers herzlich aufgenommen
Dass in der Kirche immer noch konservative, vor allem evangelikale Kreise gegen Homosexualität wettern, ärgert die beiden Pfarrer dennoch. Da würden immer wieder Stellen aus dem Alten Testament herangezogen, in denen es unter anderem heißt: „Es ist dem Herrn ein Gräuel, dass ein Mann bei einem Manne liegt.“ An dieser Stelle, korrigieren die beiden, gehe es nicht um Sünde, es sei von Tempelprostitution die Rede. „Wenn man die Bibel wortwörtlich nimmt, bewegt man sich schnell auf dünnem Eis“, sagt Alexander Brodt-Zabka und empfiehlt: die Botschaft als Ganzes in den Blick nehmen.
In der Martin-Luther-Gemeinde ist Alexander als Mann des Gemeindepfarrers herzlich aufgenommen worden. Manche Gemeindemitglieder seien allenfalls unsicher, wie sie ihn bezeichnen sollten. Manche sagen zu Jörg Zabka dann einfach: „Grüßen Sie Ihren Alexander von mir.“ Das macht den beiden nichts , wichtig sei doch, dass der Gruß von Herzen komme. Auch bei ihnen hat es schließlich eine Weile gedauert, bis sie ganz selbstverständlich sagen konnten: „Mein Mann.“
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