Civey-Umfrage zum Wahlrecht: Zwei Drittel der Berliner sind gegen Wahlalter ab 16 Jahren
Sollen auch schon 16-Jährige an den Abgeordnetenhaus-Wahlen in Berlin teilnehmen dürfen? Nein, sagt eine deutliche Mehrheit. Nur junge Erwachsene sind dafür.
Die meisten Berliner wollen nicht, dass 16- und 17-Jährige an der Wahl zum Abgeordnetenhaus teilnehmen. Bei einer Umfrage des Instituts Civey für den Tagesspiegel sprachen sich 66,9 Prozent der Hauptstädter gegen eine Absenkung des Wahlalters aus. Nur bei den 18- bis 29-Jährigen fand sich eine knappe Mehrheit von 50,1 Prozent. Je älter die Befragten, desto geringer ist das Zutrauen zur "Wahlkompetenz" der Jugend. Lediglich 16,7 Prozent der Berliner über 65 Jahre sind dafür, das Wahlalter für die Abgeordnetenhauswahl um zwei Jahre zu verringern.
Nicht nur das Alter, sondern auch die politische Neigung ist entscheidend, wenn es um das Wahlalter in Berlin geht. So befürworten 57 Prozent der Grünen-Wähler das Wählen ab 16. Bei den Anhängern der Linken sind es 48,4 Prozent, bei den SPD-Sympathisanten 42,3 Prozent. Je konservativer die Befragten, desto weniger halten sie von der Idee. Die Wähler der AfD lehnen den Vorschlag zu 96,7 Prozent ab, bei den CDU-Wählern sind es 93 Prozent und bei den FDP-Anhängern 92,2 Prozent, die keine Wahlrechtsänderung wollen.
Azubis und Studierende sind für ein Wahlrecht ab 16 Jahre
Schul- und Berufsausbildung, Geschlecht, Familienstand oder die Wohnregion haben keinen großen Einfluss auf die weitgehend ablehnende Haltung zum "Wahlalter 16". Nur Auszubildende und Studierende sind mit klarer Mehrheit dafür.
Bisher können 16- und 17-jährige Berliner nur die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) mitwählen. 2005 wurde die Landesverfassung und das Wahlgesetz auf Initiative von SPD, PDS (heute Linke), Grünen und FDP geändert. Das ist keine Berliner Besonderheit. In elf Bundesländern darf diese Altersgruppe an Kommunalwahlen teilnehmen. Einen Schritt weiter sind Hamburg und Bremen sowie die Flächenländer Brandenburg und Schleswig-Holstein, die es 16- und 17-Jährigen erlauben, auch die Bürgerschaft bzw. den Landtag mit zu wählen.
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Unter dem Eindruck der "Fridays for future"-Bewegung wird über die Absenkung des Wahlalters wieder diskutiert. Die ehemalige Justizministerin Katarina Barley (SPD), jetzt Mitglied des Europaparlaments, hatte sich im März für ein Wahlrecht für den Bundestag ab 16 Jahre eingesetzt. Unterstützung bekam sie von den Grünen. In einer bundesweiten Civey-Umfrage sprachen sich damals drei Viertel der Deutschen dagegen aus. Noch mehr als jetzt in Berlin.
Das Wahlrecht ab 18 Jahre wurde in der Bundesrepublik Deutschland im November 1972 eingeführt, vorher lag es, seit Kriegsende 1945, bei 21 Jahren.
Alle Initiativen für eine Reform des Wahlrechts sind bisher gescheitert
Im Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün ist die Absenkung des Wahlalters für die Abgeordnetenhauswahl kein Thema, obwohl sich SPD, Linke und Grüne in Partei- und Wahlprogrammen dazu bekennen. Das Problem ist, dass sich CDU, AfD und FDP bisher nicht dafür gewinnen lassen, die notwendige Verfassungsänderung in Berlin mitzutragen. Erforderlich wäre eine Zweidrittelmehrheit, dafür fehlen 15 Stimmen aus den Reihen der Opposition. Während die AfD prinzipiell gegen ein verringertes Wahlalter ist, verweisen CDU und FDP auf das - ihrer Beobachtung nach - geringe politische Interesse der Berliner Jugend.
Ein erster Versuch, die Berliner Verfassung zugunsten des "Wahlalters16" für die Abgeordnetenhauswahl zu ändern, war im Mai 2011 gescheitert. Die Initiative ging damals von den Grünen aus. Ein Parlamentsantrag von Linken, Grünen und Piraten versandete im Herbst 2016 kurz vor der Abgeordnetenhauswahl.
Rund 50.000 Jugendliche würden von einer erfolgreichen Wahlrechtsänderung profitieren. Das sind zwei Prozent der Berliner Wahlberechtigten. Gesicherte Daten über das Wahlverhalten 16- und 17-Jähriger gibt es bundesweit nicht. Aus repräsentativen Wahlstatistiken und den Ergebnissen der inoffiziellen U18-Wahlen lässt sich nur vermuten, dass diese Altersgruppe überdurchschnittlich den Grünen zuneigt. Erkennbar ist auch, dass die Wahlbeteiligung von 17- und 18-Jährigen höher liegt als der 18- bis 35-Jährigen. Der Ausgang von Wahlen wird auch in Berlin von den über 50-Jährigen bestimmt, die etwa 55 Prozent der Wahlberechtigten ausmachen.
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