Vor 30 Jahren: Zum Jubiläum eine Party mit Bowie in West-Berlin
West-Berlin feierte zum 750. Stadtjubiläum im Jahre 1987 mit Konzerten und Neubauten. Ein Rückblick auf eine Zeit der Hoffnung.
Was war das damals für eine Zeit, in West-Berlin 1987? Heute irre weit weg – und doch auch sehr nah. Diese Nähe rührt vermutlich daher, dass wir die heitere Aufbruchstimmung, die das Stadtjubiläum verbreitete, heute wie eine Vorahnung des Mauerfalls lesen, mit dem damals nicht einmal blinde Optimisten rechnen konnten. Doch was zum Greifen nahe schien schon in diesen Tagen, das war eine DDR light, eine freundliche Diktatur, die mit Gorbatschow hinter dem dahinnuschelnden Erich Honecker aufdämmerte.
Die 750-Jahr-Feier war ein Experiment in diese Richtung. Denn dass die Feier ohne Ost-Berlin nicht gehen würde, war klar, wenngleich viele Ideen an der politischen Realität scheiterten und die Stadthälften doch nebeneinander her feierten. Konstellation West: Eberhard Diepgen, der Routinier im Rathaus Schöneberg, hütete mit den West-Stadtkommandanten den kniffligen Status der Stadt, während Volker Hassemer, sein Kultursenator, an der Front fürs Ausdenken und Machen zuständig war.
Internationale Bauaustellung
Dieser Hassemer, ein unkonventioneller CDU–Nachwuchsmann, erwies sich als Glücksfall fürs Jubiläum, weil er nicht nur weltläufig und kontaktfreudig agierte, sondern sich auch nicht allzu sehr ums CDU-Eingemachte scherte, das seinerzeit nach dem Ende der Weizsäcker-Ära wieder von mächtigen Frontstadt-Hardlinern gehütet wurde. Beispielsweise von Heinrich Lummer, der nach Rücktritt von seinem Amt als Innensenator 1986 in den Bundestag gewechselt war, aber die quirligen Jungtürken seiner Partei immer noch mit Argusaugen überwachte.
Beide Stadthälften bereiteten sich mit großem Ehrgeiz und viel Geld auf die Feier vor. West-Berlin hatte sich mit Bedacht die Internationale Bauausstellung organisiert, die von 1984 bis 1987 nicht nur die Weltliga der Architektur nach Berlin holte, sondern auch den Durchbruch des lange umkämpften Konzepts der „behutsamen Stadterneuerung“ brachte , die die vorhandene Substanz auf dem historischen Grundriss zu bewahren suchte. Die Stadt hatte sich hübsch gemacht.
Für das Lebensgefühl der Westhälfte bedeutete das: Endlich ging die quälende Hausbesetzer-Ära zu Ende, endlich wurde auch wieder neue Architektur sichtbar, die an die Erschaffung des Hansaviertels 1957/58 anknüpfte. Wenn man so will, ist hier der Urknall der „Gentrifizierung“ vor allem Kreuzbergs zu sehen, auch wenn dieser Begriff damals nicht verwendet wurde – die Rettung der bröselnden Mietskasernen wurde allenfalls noch von der Betonmafia bekämpft.
Musikspektakel im Strandbad Wannsee
In der Erinnerung sind von 1987 vor allem die Großveranstaltungen geblieben. Eine ganze Armada von Jachten rückte an zum Musikspektakel im Strandbad Wannsee. Zum größten jemals in Europa gezündeten japanischen Feuerwerk auf dem Flughafen Tempelhof kamen 800 000 Menschen, und vermutlich haben noch einmal so viele Ost–Berliner zumindest am Himmel zugesehen. Heikler waren die „Concerts for Berlin“, provokant dicht an der Mauer auf dem Platz der Republik, bei denen vom 6. bis 9. Juni Weltstars wie David Bowie, Phil Collins oder die Eurythmics auftraten. Die Tagesschau zeigte später, was im westlichen Klangrausch kaum bemerkt worden war: Die DDR-Staatsmacht ging mit aller Gewalt gegen den Druck der Ost-Berliner Fans auf die Grenze vor.
Das wirkte alles aus heutiger Sicht schon ziemlich verzweifelt. Aber kaum jemand gab im Westteil etwas auf die Rede Ronald Reagans, der am 12.Juni vor dem Brandenburger Tor Gorbatschow aufforderte, die Mauer einzureißen. Reagan galt als kalter Krieger von gestern, als Feind der Entspannung, die in Berlin so nahe schien. Am Vorabend hatten 50 000 West-Berliner gegen seinen Auftritt demonstriert – eine Art Vorecho des Pfeifkonzerts, das Helmut Kohl am 10. November 1989 entgegenhallte.