zum Hauptinhalt
Private Sicherheitsleute sind in vielen Flüchtlingsunterkünften unverzichtbar.
© dpa

Sicherheitsleute in Flüchtlingsunterkünften: "Zu viert gegen 50 wütende Männer"

Immer wieder gibt es Kritik an privaten Sicherheitsleuten in Flüchtlingsunterkünften. Die Wachschützer dürfen nicht mit der Presse reden. Wir lassen anonym einen 28-Jährigen zu Wort kommen.

"Ich bin seit zwei Jahren Sicherheitsmann, habe drei Monate lang die Schulbank gedrückt, um den 34a-Schein von der IHK zu bekommen. Es gibt entweder die Unterrichtung gemäß Paragraf 34a der Gewerbeordnung oder die Sachkundeprüfung. Mit der Unterrichtung kann man eingeschränkt eingesetzt werden, man braucht nur 40 Unterrichtseinheiten je 45 Minuten. Das machen viele. Besser ist aber, die Sachkundeprüfung abzulegen. Da wird man gründlich geschult, ist dann geprüfte Sicherheitsfachkraft.

Wenn man 180 bis 200 Stunden im Monat arbeitet, verdient man etwa 1300 bis 1400 Euro Netto. Viel ist das nicht, deshalb arbeiten einige schwarz. Das heißt, sie arbeiten voll, beantragen aber Hartz IV und melden einen Minijob an. Wenn eine Kontrolle kommt, weisen sie die Genehmigung für den Minijob vor. Ich habe aber noch nie eine Kontrolle erlebt. Es gibt derzeit einen so ungeheuren Bedarf an Sicherheitsleuten, dass sowieso niemand die Branche kontrollieren kann.

Ich war zuletzt in einer Turnhalle mit etwa 300 Flüchtlingen. Als ich dort anfing, lagen noch Stuhlbeine und Stangen von Betten herum, weil es kurz zuvor eine Massenschlägerei gegeben hatte. Das war in der Nacht, als nur vier Sicherheitsleute Dienst hatten. Was sollten die gegen 50, 60 wütende Männer tun? Sie haben sich in einem Büro eingeschlossen und auf die Polizei gewartet.

Was die Schlägerei ausgelöst hat, weiß ich nicht. Aber wundern tut es mich auch nicht. Es gibt nur einen einzigen Raum, wo auf einer Seite allein reisende Männer, auf der anderen Seite Familien schlafen, das ist alles an Trennung. Die Frauen und Kinder haben die Halle selten verlassen. Sie wissen, dass in Berlin der Flüchtlingsjunge Mohamed entführt und ermordet wurde – seither haben alle Angst.

Frauen fühlen sich belästigt

Manche Familien haben sich auch ein Zelt besorgt – vor allem wegen der Frauen. Die fühlen sich belästigt, wenn so viele Männer ihnen quasi bei fast allen Tätigkeiten zusehen können.

Es ist nicht einfach, gewisse Regeln durchzusetzen. Das geht schon damit los, dass um 22 Uhr das Licht ausgeschaltet wird. Da gibt es immer Diskussionen. Viele können nicht schlafen, die Alternative ist ein Vorraum, wo sie bis 24 Uhr oder ein Uhr nachts noch Karten spielen dürfen. Wenn man dann um ein Uhr sagt, dass jetzt endgültig Schluss ist, gibt es wieder Stress. Ich habe mal Ärger bekommen, weil ein arabischer Kollege sich drauf eingelassen hat, ’ne Viertelstunde zuzugeben. Aber das hört dann nie auf.

Schwarze Schafe gibt es überall

Generell sind sehr viele Arabisch sprechende Wachschützer da, was auch Sinn macht, weil sie sich besser mit den Flüchtlingen verständigen können. Viele sind nett, einigen traut man besser nicht. Kollegen haben erzählt, dass zum Beispiel in einigen Neuköllner Unterkünften arabische Großfamilien aufgetaucht sind und den Flüchtlingen deutlich gemacht haben, dass sie hier das Sagen hätten.

Ansonsten finden sich wie überall auch bei den Wachschützern schwarze Schafe, bei den Deutschen ebenso wie bei den Russen oder Arabern. So gibt es einige, die regelrecht auf Stunk warten, damit sie sich mal abreagieren können. Ich habe auch erlebt, dass mir ein Kollege bei Dienstantritt an einer neuen Arbeitsstelle erstmal gezeigt hat, wo die Überwachungskamera ist – und wo man sie ausschalten kann, falls was passiert, das die Öffentlichkeit nicht mitbekommen soll.

Ich würde nie in Tempelhof arbeiten

Wir haben ja auch wenig Möglichkeiten, Flüchtlinge, die Probleme machen, zur Räson zu bringen. Wir können ihnen den Zutritt in die Unterkunft verwehren, wenn sie betrunken sind, oder sie festhalten und fixieren bis die Polizei kommt, aber viel mehr nicht. Und ganz ehrlich: In eine Einrichtung wie am Flughafen Tempelhof mit Tausenden Flüchtlingen würde ich nicht gehen. Zu gefährlich. Wenn es da Gewaltausbrüche gibt – wer will das in den Griff bekommen? Da müssen Polizei oder Armee ran. Als Wachschützer ist mir das zu gefährlich. Zumal ich von meinem letzten Arbeitgeber drei Monate lang keinen Lohn erhalten hab’."

Aufgeschrieben von Sandra Daßler.

Zur Startseite