Fashion Week 2018: Zu dünnes Programm bei der Modewoche
Viele Berliner Designer fehlten bei der Fashion Week – das muss sich ändern, sonst wird die Messe ihrem Anspruch nicht gerecht. Ein Kommentar.
Die interessanteste Frage, die sich nach dem Ende dieser Woche stellt: Wer hat die Fashion Week gewonnen? Ganz klar: der FC Germany. Das ist die offizielle Abkürzung für Deutschlands wichtigste Lobbyvereinigung für Modedesign, die erst vor drei Jahren gegründet wurde. Kein Tag der Fashion Week, der ohne frohe Pressebotschaft verging. Am Freitagmittag schaffte es eine Abordnung von PR-Managern, Messechefs und Designern sogar bis ins Bundeskanzleramt. Nicht nur, dass sich die Staatsministerin für Digitalisierung, Dorothee Bär, extra für den Termin in einen glitzernden Fummel von Talbot Runhof warf, am Ende kam auch noch Angela Merkel für ein Gruppenfoto vorbei. Mode ist als Thema ganz oben auf der politischen Agenda angekommen, also scheint die Mode endlich in trockenen Tüchern zu sein. Aber um im Bild zu bleiben – die Designer, vor allem die aus Berlin, gehen als zweiter Sieger vom Platz. Dafür spielten einfach zu wenige von ihnen diesmal eine aktive Rolle.
Hurrarufe sind peinlich, wenn es nichts zu bejubeln gibt
Diese Fashion Week fühlte sich nicht nach zehn Jahren Aufbauarbeit an, wie es ihre inzwischen schöne Verpackung vermuten lässt. Dabei hat Berlin ein Pfund, mit dem es wuchern könnte: die Entwürfe von Berliner Designern wie Vladimir Karaleev, Lala Berlin, Malaikaraiss und Hien Le, die sich hier unter schwierigen Umständen einen Ruf erarbeitet haben und auf internationalem Niveau mithalten können. Aber die sind dieses Mal ebenso wenig zu sehen wie gehypte Labels wie GmbH, die zwar hier arbeiten, aber lieber in Paris präsentieren.
Stattdessen machen der Hauptsponsor der Fashion Week Mercedes Benz und auch der FC Germany mit Jubelgeschrei auf sich aufmerksam. Das erinnert an die Vorschusslorbeeren für die deutsche Nationalmannschaft. Man hat ja gesehen, wie kontraproduktiv Hurrarufe sind, wenn es gar nichts zu jubeln gibt.
Tatsächlich sorgte ausgerechnet der Fashion Council dafür, dass man sich ganz am Ende der Fashion Week fragte, welchen Sinn die Leistungsschau hat, wenn der Höhepunkt von einem Designer bestritten wird, der zwar aus Deutschland kommt, aber seit seiner Ausbildung im Ausland lebt und seine Kollektionen während der Pariser Modewoche zeigt. Deshalb zeigte Lutz Huelle auch nicht wie alle anderen in dieser Woche seine Entwürfe für Sommer 2019 im nur für ihn reservierten Berghain, sondern die Kollektion für diesen Winter, die jetzt in die Läden kommt. Und die ist so gut, dass man erleichtert aufseufzen möchte, so etwas Ausgefeiltes mit einem modernen Designanspruch in Berlin zu sehen. Die Messlatte in Paris hängt eben höher.
Wer hier arbeitet, sollte auch hier seine Entwürfe zeigen
Das ist auch überhaupt nicht schlimm, denn hier in Berlin, so hatte man sich in den vergangenen zehn Jahren immer wieder gegenseitig versichert, geht es darum, gute Kollektionen abzuliefern, die tragbar und vielleicht noch bezahlbar sind. Und sich trotzdem vom Fast-Fashion-Allerlei abheben – es müssten nur genug Menschen damit anfangen, die Kleidung zu kaufen. Und das, so lautete ein weiteres Mantra, braucht Zeit. Die Deutschen sind einfach kein Modevolk, sie mögen es praktisch und günstig. Aber Gutes setzt sich irgendwann durch – auch auf dem Heimatmarkt. Das sollte der Grund für viele Designer sein, die hier arbeiten und leben, auch hier ihre Kollektionen zu zeigen und nicht im Ausland.
Aber so, wie die Modenschauen unter dem Label von Mercedes-Benz im E-Werk mit einer deutlichen Ausrichtung auf kommerzielle Marken wie Riani, Guido Maria Kretschmer und Sportalm Kitzbühel präsentiert wurden, war das wohl eher ein frommer Wunsch. Zum Glück gibt es den Berliner Mode Salon, der wie eine Konkurrenzveranstaltung der Mercedes-Benz Fashion Week für hochwertige, anspruchsvollere Designer wirkte. Und das, obwohl beides nicht nur von mehr oder weniger denselben Menschen organisiert wird, sondern auch noch bei beiden das meiste Geld von Mercedes-Benz kommt.
Die Modewoche muss ihre Relevanz erhöhen
Gleichzeitig war das Programm noch nie so dünn: Viele Berliner Designer, die die Modewoche ausmachen, kamen einfach gar nicht vor. Das hatte viele individuelle Gründe. Mal war es die wichtige Vorbereitung auf eine Präsentation im Ausland, mal Zeit- oder Geldmangel, mal einfach die Erkenntnis, dass sich Berlin nicht lohnt. Aber diese Fashion Week hat gezeigt: Berliner braucht seine Designer dringend als Aushängeschild, um ein Modebildzu kreieren, das nicht nur hübsch verpackt ist, sich dann aber eher als Knallbonbon erweist, sondern auch relevant ist. Denn es wäre genug da, um zu zeigen, dass deutsche Mode nicht nur das Damenprogramm für das Brot- und Buttergeschäft der Berliner Modewoche ist. Auf den Messen wurden weit mehr als 3000 Kollektionen angeboten, sie gehören längst zum Pflichttermin vieler deutscher und auch internationaler Einkäufer. Aber dafür braucht es ein klareres Bekenntnis zu dem, was hier entstanden ist, eine sichtbarere Zusammenarbeit und Abstimmung der wichtigsten Akteure und eine punktgenauere Förderung der Designer, die deren wirtschaftliche Unabhängigkeit zum Ziel haben muss.