Das große Flattern: Zehntausende Fledermäuse sind im Anflug auf Berlin
Herbstzeit ist in Berlin auch Fledermauszeit. Und so steuern zehntausende Fledermäuse Richtung Hauptstadt. Doch wegen der fortschreitenden Sanierung finden die Nachtschwärmer immer weniger Unterschlupfstellen in Altbauten.
Sie trafen sich in ihrer Freizeit in der Leichenhalle. Immer wieder kamen Artenschützer in der ehemaligen Totenhalle auf dem Zehlendorfer Waldfriedhof zusammen – nicht etwa, um hier schwarze Messen zu veranstalten. Sie bauten das Gemäuer zum Fledermausquartier um.
Zehntausende Fledermäuse sind auch in diesem Herbst wieder im Anflug auf Berlin. Sie suchen Plätze für den Winterschlaf. Insbesondere die Kasematten der Spandauer Zitadelle mit ihren vielen Ritzen und Löchern bieten ihnen idealen Unterschlupf. So ist die historische Festung ihr größtes Quartier in der Region.
Alljährlich kehren Fledermäuse nach Berlin zurück
Für die ehrenamtlichen Helfer des Berliner Artenschutz- Teams (BAT) beginnt gerade die Saison. Seit zehn Jahren kümmert sich der Verein gemeinsam mit Naturschutzbehörden um das Wohlergehen der flatternden Gäste. Die Säugetiere kehren alljährlich in ihre Stammquartiere zurück. Das können auch zerklüftete Außenwände von Altbauten sein. Doch hier krachen die Tiere häufig an feste Mauern, erzählt Vereinschef Jörg Harder, der hauptberuflich Polizeibeamter ist. Durch die Gebäudesanierung gehen viele Schlafplätze verloren. Deshalb will der Verein auch Nistkästen anbringen, um Alternativen zu schaffen. Vor dem Einsatz auf dem Friedhof in Zehlendorf wurden bereits der Keller unter der Kirche des Steglitzer Friedhofes und ein alter Bunker an der Zehlendorfer Clayallee fledermausgerecht hergerichtet.
Allgemein machen die Fledermäuse um Menschen eine Flugkurve. Nur Jungtiere verirren sich gelegentlich durch ein offenes Fenster. Angst muss man vor den Flattertieren nicht haben. Die einheimischen Arten sind keine blutsaugenden Vampire, sondern Insektenfresser. Auch die Tollwutgefahr ist gering, beschwichtigt Harder. Nur etwa fünf erkrankte Tiere findet man pro Jahr. Dennoch gilt die Empfehlung, verletzte Fledermäuse nicht mit der bloßen Hand zu berühren.
Die Zitadelle Spandau ist ein Paradies für Fledermaus-Fans
In der Zitadelle drängen sich derweil wieder die Besucher im „Fledermauskeller“. In den Schaugehegen flattern exotische Fledermäuse wie Nilflughunde und – einmalig auf der Welt in Gefangenschaft – Kubanische Nektartrinker. Diese ernähren sie sich von frischem Obst.
Bei Führungen durch die Gemäuer können Besucher bis zu sieben heimische Arten bestaunen: von der Fransen- und der Wasserfledermaus bis hin zum Großen Mausohr, das es auf eine Flügelspannweite von bis zu 40 Zentimetern bringt und auf der Roten Liste der gefährdeten Arten steht.
Mit Hilfe eines Detektors machen die zwölf Vereinsmitglieder die Fledermäuse für Besucher hörbar. Das Gerät wandelt die nicht hörbaren Ultraschallsignale der Tiere in eine fürs menschliche Ohr wahrnehmbare Frequenz um. Die Echoortung, mit der die Zeit bis zum Rücklauf der ausgesandten Rufe gemessen wird, erlaubt es den Fledermäusen, Hindernisse millimetergenau zu lokalisieren. So können sie selbst bei Fluggeschwindigkeiten von 50 Stundenkilometern noch Kollissionen vermeiden.
Führungen in der Zitadelle Spandau gibt es nur nach Voranmeldung unter Tel. 36 75 00 61 oder unter www.bat-ev.de.
Rainer W. During