Übergriffe beim Karneval der Kulturen: Zahl der "Antänzer" deutlich höher als bisher bekannt
Am Mittwoch wurde die 12. "Antänzertat" beim Karneval der Kulturen bei der Polizei angezeigt. Acht davon waren mit sexuellen Übergriffen verbunden. Seit April arbeitet eine Soko "Antänzer".
Am Mittwoch korrigierte die Polizei die Zahl der angezeigten "Antänzertaten" erneut nach oben. Demnach weiß das Präsidium nun von 12 Taten, acht davon waren mit sexuellen Übergriffen verbunden.
Am Dienstag hatte die Polizei eine Bilanz zu dem Karnevalswochenende in Kreuzberg gezogen. Demnach ist die Zahl der Taten weit höher als bislang bekannt, fast alle haben sich auf dem Straßenfest am Blücherplatz und der Blücherstraße ereignet. Von den elf bis dahin angezeigten "Antänzertaten" waren sieben mit sexuellen Übergriffen verbunden, teilte das Präsidium am Dienstag mit. Elf Männer wurden festgenommen, von denen sieben einen Haftbefehl erhielten. Dies sei ein erster großer Erfolg der im April beim Landeskriminalamt gegründeten Soko "Antänzer". Die Zivilbeamten hätten einschlägig bekannte Tätergruppen während des Karnevals observiert. Die sieben Männer, die jetzt in U-Haft sitzen, kommen aus Tunesien (3), Marokko (2), Libyen und Algerien. Diese sieben Täter wollten Geld und Mobiltelefone stehlen, sexuelle Übergriffe werden ihnen nicht vorgeworfen.
Zu den nunmehr acht sexuell motivierten Taten gab es vier Festnahmen. Davon drei zu dem bereits am Sonntag bekannt gewordenen Fall der beiden belästigten Berlinerinnen. Hier sind die Tatverdächtigen, wie berichtet 14 (2 mal) und 17 Jahre alt. Alle sind in Berlin geboren, haben einen türkischen bzw. libanesischen Migrationshintergrund. Zudem wurde laut Polizei ein 40-jähriger Türke festgenommen, der einer 22-Jährigen am Waterloo-Ufer heftig an den Po gefasst haben soll.
Innensenator Frank Henkel nannte die Attacken "abstoßend und kriminell"
Berlins Innensenator Frank Henkel hat die Übergriffe auf Frauen beim Karneval der Kulturen scharf verurteilt. „Dieses erniedrigende und frauenverachtende Vorgehen ist ebenso abstoßend wie kriminell", sagte Henkel am Dienstag. Gleichzeitig lobte er das Eingreifen von Zeugen der Vorfälle. "Zum Glück hat es mutige Personen gegeben, die Zivilcourage bewiesen haben." Auch die Polizei habe entschlossen gehandelt. Henkel forderte mögliche weitere Opfer auf, sich bei der Polizei zu melden. Seit dem 1. April arbeitet eine neu gegründete Soko "Antänzer" - bei der sechsköpfigen Ermittlungsgruppe laufen alle Informationen zu dem neuen Kriminalitätsphänomen zusammen. "Ziel ist es, vor allem Mehrfachtäter zu überführen", sagte Henkel.
Am Samstagabend waren zwei 17- und 18-jährige Berlinerinnen in der Blücherstraße von einer Gruppe von zehn jungen Männern bedrängt und sexuell belästigt worden. Die Frauen versuchten vergeblich, der Gruppe zu entkommen. Letztlich stahl einer der Männer der 17-Jährigen das Mobiltelefon aus der Tasche. Ein Zeuge sprach die Frauen an und filmte die Szene. Kurz darauf trafen die ersten Polizisten ein und nahmen drei junge Männer, darunter zwei türkischer Herkunft (14 und 17 Jahre alt) vorläufig fest. Bereits am Freitag war am selben Ort eine 16-Jährige bedrängt und sexuell belästigt worden. Hier schritt ebenfalls ein Zeuge ein.
Erstmals wurde das Phänomen in der Berliner Kriminalstatistik für 2015 beschrieben: Hierbei treten die Täter „offen“ an ihre Opfer heran, um mit ihnen zu tanzen, sie überschwänglich zu umarmen oder abzuklatschen. Ablenkung und körperliche Nähe werden dann für einen Diebstahl genutzt, wobei bevorzugt Brieftaschen, Handys, Armbanduhren und Halsketten entwendet werden.