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Die Baustelle vom Stadtschloss in Berlin.
© Jens Kalaene/dpa

Finanzen in Berlin: Wo die Extramillionen fürs Schloss herkommen

595 Millionen Euro darf das Schloss eigentlich kosten. Doch es wird teurer. Mindestens 26 Millionen Euro werden aus anderen Töpfen zugezahlt.

Vor 14 Tagen besuchte Bundespräsident Joachim Gauck das Schloss, staunte über die Dimension, darüber wie „die Intendanten“ die vielen Räume wohl bespielen wollten und sprach: „Ich höre, dieses Projekt ist im Kosten- und Zeitrahmen – ich hoffe, dass das so bleibt.“ 595 Millionen Euro, dabei soll es bleiben. Bleibt es nicht, denn 26 Millionen Euro kommen schon mal dazu. Aber die wollen die Verantwortlichen nicht dazugerechnet wissen. Denn dieses Geld kommt nicht aus dem einen Etat, sondern aus dem anderen – bleibt gleichsam im Schatten des Baubudgets.

„Die Kostenobergrenze der Baukosten und der Zeitplan werden nach wie vor eingehalten“, beantwortete ein Sprecher vom Bundesbauministerium die Frage, ob die 26 Extramillionen für Umbauten im Humboldt-Forum nicht die „Kostenobergrenze“ in Höhe von 595 Millionen Euro nun doch sprenge, die der Bundestag festgezurrt hatte. Seine Begründung: „Die Mittel dafür sind im Etat der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) veranschlagt“ – anderer Topf für andere Zwecke, ja eigentlich fast schon für ein anderes Gebäude: „für den kulturellen Betrieb des Humboldt-Forums“.

Nun waren Schloss und Humboldt-Forum immer schon untrennbar miteinander verbunden, standen sogar beide gemeinsam im Namen der für das Bundesprojekt gegründeten Stiftung, weil ja das historisch nachgebildete Gebäude immer schon der Begegnung der Kulturen gewidmet war, deren Inszenierung seit Anfang dieses Jahres Gründungsintendant Neil MacGregor mit Leben füllt.

Dass sich der frühere Chef des British Museum in London nicht mit der baulichen Hülle zufrieden geben würde, die ihm anvertraut ist, zeichnete sich bereits zuvor ab. Wenige Monate nach MacGregors Ernennung hatte der Garant für einen reibungslosen und pünktlichen Ablauf der Bauarbeiten kurzerhand seinen Hut genommen: „Schlossherr“ Manfred Rettig, besser bekannt als Manager des Bonn-Berlin-Umzugs der Bundesregierung. Das war nach einem teils öffentlich geführten Schlagabtausch mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die Möglichkeiten von Änderungen an der Schlossplanung einforderte, zum Verdruss von Rettig, der um eines der letzten im Kostenrahmen stehenden Bundesprojekte bangte.

Im Hause Grütters hieß es auf Anfrage: „Die für die Optimierung des Kulturbetriebs erforderlichen Mittel (von 26 Millionen Euro inklusive 5 Millionen von bisher nicht beplanter Ausstellungsfläche durch den Wegfall der Bibliothek) – werden von der BKM getragen, die Mittel für den Bau vom Bundesbauministerium“. Anders ausgedrückt, der Innenausbau des Schlosses zum Humboldt-Forum wird dieser Tage noch einmal neu in Rechnung gestellt und zwar in bestem Einvernehmen mit allen Beteiligten: Der Stiftungsrat sei am 8. November über die „Veränderungen der Ausstellungskonzeption“ informiert worden. Dieser habe zur Bedingung gemacht, „dass keine Mehrkosten bei der Baumaßnahme entstehen und die termingerechte bauliche Fertigstellung nicht gefährdet wird“.

Was aber wird nun geändert? Räume, die ursprünglich für die Bibliothek vorgesehen waren, sollen „als Humboldt Akademie und öffentlicher Ausstellungsraum“ dienen. Im gesamten Gebäude sollen die Spuren der Geschichte des Ortes sichtbar gemacht werden, die Sonderausstellungsflächen sollen „um einen Shop-Bereich“ erweitert werden. Schließlich sollen die „Ausstellungsmodule im zweiten und dritten Geschoss angepasst“ werden.

Ein Vorbild für die kreative Verbuchung der Extramillionen gibt es bereits: Als der Senat urplötzlich von seiner ursprünglichen Planung abrückte, auf den eigenen 41000 Quadratmetern Schloss- Schaufläche doch nicht die Zentral- und Landesbibliothek unterzubringen, handelte die Stiftung ebenfalls aus, dass das Land die Zeche für diese Laune doch bitte selber bezahle.

Im vorerst letzten „Bericht des Bundesbauministeriums zum Sachstand des Bauvorhabens Wiedererrichtung des Berliner Schlosses“ vom 13. Oktober lasen die Mitglieder des Bauausschusses aus der Feder von Baustaatssekretär Florian Pronold noch: „Die Baumaßnahme verläuft im vorgesehen Zeit- und Kostenrahmen.“ Sogar die während der langen Bauzeit kräftig gestiegenen Baukosten seien noch durch das Budget gedeckt.

Allerdings ist die in den Gesamtkosten enthaltene „Risikovorsorge“ bereits von 22 auf 14 Millionen Euro geschmolzen. Und die Stiftung schließt nicht aus, dass weitere Risiken eintreten, nennt die „mangelhafte Ausführungsplanung der Gebäudetechnik“ und auch die Gefahr, dass die fest verplanten Spenden über 80 Millionen Euro „nicht vollständig erreicht werden“. Zwar spenden immer mehr Menschen, so dass in diesem Jahr drei Millionen Euro mehr zusammenkamen als im vergangenen, noch sind aber nur 54 Millionen Euro beisammen.

Deshalb werden schon die historischen Fassaden zu Ende gebaut, obwohl diese aus Spenden finanziert werden sollten, die es bisher nicht gibt, also „die Bauausgaben voraussichtlich über dem Spendeneingang“ liegen. Aus Spenden außerdem „nicht finanziert sind weiterhin eine Realisierung der Laterne der Kuppel, der Vergoldung, der Terrakottaarbeiten und der Figuren der Kuppel und der Kolossalfiguren am Innenportal III“.

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