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Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen in seinem Büro in der Senatsverwaltung für Finanzen.
© Doris Spiekermann-Klaas

Berlins Finanzsenator im Interview: "Wir können nicht alles gleichzeitig machen"

Finanzsenator Kollatz-Ahnen im Interview über Sanierungsstau, Personalnot und die Bezahlung in den Bezirken.

Herr Kollatz-Ahnen, in einer Veranstaltung haben Sie erklärt, doppelt so vielen Berlinern Milieuschutz zu gewähren wie heute. Wirklich?

Ja, das habe ich gesagt, in Steglitz-Zehlendorf. Dort gibt es gar keine Milieuschutzgebiete. Es fällt mir schwer zu glauben, dass es dort keine Verdrängungsgefahr gibt. Und das haben Zuhörer bestätigt. Andere Bezirke haben viele Gebiete unter Schutz gestellt. Unsere Finanzverwaltung richtet sich darauf ein, dass sich die Zahl der Gebiete verdoppelt. Neukölln und Mitte haben schon erklärt, dass sie mehr Quartiere unter Schutz stellen werden. Nur noch wenige sagen, man habe die 40 000 Euro nicht für das Gutachten zur Begründung der Maßnahme. Ich halte es für eine politische Entscheidung, es zu tun oder zu lassen.

Aber wer soll das kontrollieren? Den Bezirken werden nicht mal bestehende Stellen für den Milieuschutz verlängert.

Wenn ein Bezirk kommt und etwas machen will, dann helfen wir mit Anschubfinanzierungen. Später müssen sie diese Stellen in ihren Haushaltsplan übernehmen. Das ist im Sinne des Steuerzahlers und der Transparenz. Die Bezirke können das auch, weil es im Haushalt Mittel dafür gibt, 50 Millionen Euro 2017, die im nächsten auf 70 Millionen steigen. Von diesem Geld haben die Bezirke bislang nur einen kleinen Teil abgerufen.

Sanierungsstau herrscht überall, bei Bibliotheken und Volkshochschulen. Es trifft die Berliner ins Mark. Wann investieren Sie?

Für die Menschen sind auch Kitas und Schulen wichtig und wir haben einen Investitionsstau an vielen Stellen. Bei der Polizei. Bei der Kultur. Bei den Hochschulen. Wir können nicht alles gleichzeitig machen. Wir müssen uns auf eine Reihenfolge verständigen. Das heißt nicht, dass wir woanders nichts machen. Jetzt sanieren wir erst mal die Schulen. Aber: Ja, wir haben einen Investitionsstau.

Die Verwaltung braucht vor allem Architekten und Ingenieure. Der Markt ist leergefegt. Haben Sie eine Lösung?

Naja, wir haben im letzten Jahr 7700 Stellen in Berlin besetzt. Ein Jahr davor waren es 7100. Was die Ingenieure betrifft, bieten wir duale Ausbildungen an. Hier könnten die Bezirke mehr Bedarf anmelden. Wir haben 20 Stellen pro Jahr und könnten das Programm aufstocken, aber es wird nicht mal ausgeschöpft.

Auch die IT der Bezirke blutet aus, weil Mitarbeiter zum ITDZ des Landes oder zum Bund abwandern. Müssen bezirkliche Jobs besser bezahlt werden?

Der Personalübergang hängt mit dem Konzept des ITDZ zusammen. Die Einrichtung soll später die IT komplett übernehmen und ihre Leute dann in den Bezirken stationieren. An einer Lösung für den Übergang arbeiten wir noch, aber der ungesteuerte Übergang ist ärgerlich.

Und die Berliner können erst heiraten, wenn die IT-Reform vollendet ist?

Nein, das liegt nicht an der IT, sondern an den zwei Bezirken, die keine Standesbeamte ausgebildet und falsch disponiert haben. Der Senat kann nicht das Mikromanagement der Bezirke übernehmen.

Mancher fordert eine bessere Bezahlung von Bezirksmitarbeitern. Um die Abwanderung von Lehrern zu stoppen, bekommen Berufsanfänger so viel wie langjährig Bedienstete. Ein Modell?

Nein. Wir wollen gerne Bundeshauptstadt sein. Wir wissen, dass der Bund mehr zahlt als die Länder. Das ist nicht nur im Bereich der staatlichen Verwaltungen so. In öffentlichen Banken ist die Tarifstruktur auch anders als in einer Privatbank. Ein Landeslabor am Chemiestandort Leverkusen zahlt weniger als Bayer. Damit muss man umgehen. Wir können die Leute aber motivieren und mit unseren Anreizen wuchern: unbefristete Stellen, interessantere Aufgaben, gute Vereinbarkeit von Beruf und Familien.

Matthias Kollatz-Ahnen ist seit 2014 Finanzsenator. Bei der Berlin-Wahl 2016 holte er das Direktmandat in Steglitz-Zehlendorf. Er gehört der SPD an.

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