Neue Tierschutzbeauftragte Diana Plange: "Wir brauchen ein Konzept für die Tauben Berlins"
Diana Plange ist ab Montag Tierschutzbeauftragte des Senats. Die Veterinärärztin will illegalen Welpenhandel bekämpfen und auch mehr für die Stadttauben tun. Ein Gespräch.
Frau Plange, Sie sind die erste Berliner Tierschutzbeauftragte, die den Job hauptamtlich macht; Sie bekommen eine Stabsstelle und einen eigenen Apparat. Das ist eine ziemliche Aufwertung. Vorher war es ein Ehrenamt, das von Ruheständlern ausgefüllt wurde.
Das ist richtig, und es zeigt, dass dem neuen Senat der Tierschutz wichtig ist – wie im Übrigen auch der Bevölkerung. In der Koalitionsvereinbarung wurde die Schaffung einer Stelle für einen Landestierschutzbeauftragten festgeschrieben.
Mehr verdienen tun Sie dort aber nicht.
Das ist richtig, aber ich werde wahrscheinlich dreimal so viel arbeiten.
Die Stellenbeschreibung ist sehr umfassend. Unter anderem beraten Sie den Senat, fordern Gutachten an, informieren Schüler, beraten die Bürger, Sie sind bei der Gesetzgebung dabei, verleihen den Tierschutzpreis und berichten alle zwei Jahre dem Abgeordnetenhaus. Warum tun Sie sich das an, wenn Sie nicht einmal mehr Geld dafür bekommen?
Weil mir der Tierschutz am Herzen liegt. Ich sehe die Chance, etwas bewegen zu können. Ich habe mich beworben, weil ich das Gefühl habe, dass auch diese Regierung dieses Anliegen hat. Ich habe aber immer deutlich gemacht, dass es mir um die Sache geht. Deshalb bin ich in keiner Partei und werde auch in keine eintreten.
Sind die Linken tierschutzfreundlicher?
Tierschutzfreundlicher als wer? Jedenfalls ist mir sehr aufgefallen, dass auch bei den Linken fähige und sachkundige Menschen sich mit Tierschutzfragen auseinandersetzen. Die Grünen sind dafür seit Längerem bekannt, auch die SPD und insbesondere der für das Veterinäramt Spandau zuständige Stadtrat haben das Bemühen um mehr Tierschutz nachhaltig unterstützt. Den Kontakt zu den anderen Parteien werde ich suchen und hoffe auch da auf Unterstützung.
Welches sind die wichtigsten Themen? Bekannte Schlagworte sind Qualzucht, Welpenhandel, Wildtiere im Zirkus, die Giftköder, der berühmte Hummer ...
In der Großstadt sind es andere Themen als in einem Flächenland. Zum Beispiel auch die Tauben, für die in Berlin ein tragfähiges, nachhaltiges Konzept entwickelt werden muss. Qualzucht von Heimtieren und die Hälterung von lebenden Hummern sind Themen, mit denen sich die Veterinärbehörden auseinandersetzen müssen, wobei ich sie nach Kräften unterstützen werde.
Die Grenze zwischen engagiert und fanatisch ist fließend. Manche sehen Sie ja eher in der Nähe der Tierrechtler.
Ich bin Tiermedizinerin und Fachtierärztin für Tierschutz und Tierethik und will mich dafür nicht verteidigen müssen. Ich habe mich immer konsequent pragmatisch für die Umsetzung tierschutzrechtlicher Vorschriften eingesetzt, was auch zu Konfliktsituationen führen kann. Die Begriffe Tierschützer und Tierrechtler werden häufig indifferent verwendet. Die Zielsetzungen beider Gruppen haben eine große gemeinsame Schnittmenge: das Wohl der Tiere. Sie unterscheiden sich aber zum Beispiel in der Forderung vieler Tierrechtler, eine Nutzung von Tieren generell abzulehnen. Einig sind wir uns darin, dass es dem Tierschutzgedanken widerspricht, Tiere so zu behandeln, wie wir Menschen das häufig tun.
Sie haben auch Aufklärungsaufgaben.
Es ist mir ein wichtiges Anliegen, die Erstellung von Tierschutz-Bildungsmaterial für Schulen und Kindergärten voranzutreiben. Heute weiß man, dass Kinder, die Empathie für andere Lebewesen lernen, später weniger gewaltbereit sind – mit Tieren geht das besonders einfach.
Kinder lieben Hundewelpen. Der Welpenhandel ist aber ein Problem.
Das ist gerade in Berlin ein massives Problem. Es werden viel zu junge Hunde ohne den erforderlichen Impfstatus einfach über das Internet verkauft, das müssen wir stoppen oder zumindest stark eindämmen. Die Tiere kommen hier oft schon krank aus osteuropäischen Ländern in mehreren Sammeltransporten wöchentlich an. Viele sterben, viele werden unter elenden Bedingungen aus dem Transporter heraus verkauft. Wir haben zu wenig Personal in den Ämtern, um diesen illegalen Handel wirksam unterbinden zu können. Welpen dürfen erst nach erfolgter Tollwutimpfung und im Alter von über 15 Wochen über die Grenze kommen. Auch in Berlin werden sie von sogenannten Züchtern oft viel zu früh von der Mutter getrennt.
Hunde werden von manchen regelrecht gehasst, sogar Giftköder werden ausgelegt.
Jemand, der diese Köder auslegt und damit in Kauf nimmt, dass Tiere massiv leiden und sterben oder dass vielleicht sogar Kinder vergiftet werden, der kann nicht gesund sein. Ein wichtiger Teil meiner Arbeit wird sein, einen tragfähigen Kompromiss zu finden zwischen denen, die Hunde mögen, und denen, die es nicht tun. Was den Giftköderatlas angeht, so gilt es, ein möglichst frühzeitiges Warnsystem weiter zu optimieren.
Das Thema Wildtiere im Zirkus wird seit Jahren diskutiert, was dauert da so lange?
Der Bundesrat hat bereits beschlossen, dass für bestimmte Wildtiere eine artgerechte Haltung im Zirkus nicht möglich sei, ohne dass diese Tiere vermeidbarem Leiden ausgesetzt werden. Bis es zu einem Verbot kommen wird, auf das wir hinarbeiten, müssen wir Kompromisse finden und uns positionieren: Wollen wir in Berlin Zirkussen die Möglichkeit bieten, Gastspielplätze aufzusuchen, die zu klein sind, um alle erforderlichen Haltungseinrichtungen aufbauen zu können? Wollen wir Zirkusse in Berlin, die vorsätzlich und wiederholt gegen die Zirkusleitlinien und das Tierschutzgesetz verstoßen, oder wollen wir ein Konzept erarbeiten, nachdem nur noch Zirkusse auftreten, die ungetrübtes Vergnügen anbieten können? Langfristig geht der Weg an einem Verbot für bestimmte Tierarten nicht vorbei. Aber wenn ein Bundesratsbeschluss bis zum Ende der Legislaturperiode nicht aufgerufen wird, dann fällt er erneut der Diskontinuität zum Opfer.
Was sagen Sie zu der Kritik, der Opferbeauftragte des Senats habe – anders als Sie jetzt – nur ein Ehrenamt? Sind Tiere etwa wichtiger als Menschen?
Es geht nicht um Abwägung, wessen Not größer oder wie zu gewichten ist. Wir machen beide eine wichtige Arbeit, die man nicht gegeneinander ausspielen sollte.
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