Wohnungsmarkt in Berlin: Wir brauchen ein Angebot für die seriösen Hauseigentümer!
Einem Konzern 60.000 Wohnungen abzukaufen, wäre ein Symbol – aber es muss auch der Anfang einer neuen Politik sein. Ein Gastbeitrag.
Die ehemaligen Wohnungen der GSW zurückzukaufen – das hört sich erst einmal gut an und passt in die aktuelle Debatte. Aber es droht die Gefahr, dass damit ein Symbol gesetzt wird, das Land sich finanziell auspowert und ansonsten nichts passiert.
Wir reden über 60.000 Wohnungen, die dann wieder in städtischer Regie wären. Gut so. Aber in Berlin werden pro Jahr mehr als 50 000 Wohnungen verkauft. Viele Häuser sind noch im Streubesitz. Deren Eigentümer sind oftmals im Rentenalter, und es ist deutlich erkennbar, dass immer mehr langjährige seriöse Hauseigentümer mit der Verwaltung ihrer Gebäude überfordert sind und die Häuser eigentlich loswerden wollen – und sei es, weil sie nicht wollen, dass sich die Erben später darum streiten. Sie sind in der Regel gut mit ihren Mietern ausgekommen und wollen auch, dass es den Mietern im Haus auch weiter gut geht.
Die Langzeitrecherche „Wem gehört Berlin“ ist eine Kooperation des Tagesspiegels mit dem gemeinnützigen Recherchezentrum Correctiv. Auf unserer Plattform wem-gehoert-berlin.de können Sie uns mitteilen, wer Eigentümer Ihrer Wohnung ist, und welche Erfahrungen Sie mit Ihrem Vermieter gesammelt haben. Mithilfe der Daten suchen wir nach unverantwortlichen Geschäftspraktiken und machen den Immobilienmarkt transparenter. Eingesandte Geschichten werden nur mit Ihrer Einwilligung veröffentlicht.
Eigentümer werden unter Druck gesetzt
Allerdings bekommen diese Eigentümer zurzeit in Charlottenburg-Wilmersdorf jährlich unaufgefordert bis zu zehn Angebote von mehr oder weniger seriösen Maklern, von denen sie sich massiv unter Druck gesetzt fühlen. Viele geben diesem Druck irgendwann nach – und schon sind wieder unzählige bisher günstige Wohnungen zu Mondpreisen verkauft, nur mit spekulativer Absicht auf die Bodenpreisentwicklung oder mit der Planung, über eine Sanierungsmaßnahme mindestens eine Verdoppelung der Miete zu erreichen.
Gehen wir einmal davon aus, dass rund die Hälfte der jährlichen Verkäufe nicht an andere vernünftige Käufer im Streubesitz erfolgt, sondern bei den großen, auf schnellen Gewinn orientierten Investoren. Der Rückkauf von 60 000 Wohnungen von der Deutsche Wohnen löst also unser Problem nicht: Innerhalb von zwei Jahren wäre der Effekt verpufft. Dieser Rückkauf wäre ein wichtiges Symbol in die Gesellschaft zu einer neuen Wohnungspolitik, aber diese neue Wohnungspolitik muss dann auch folgen.
Berlin muss Immobilienbesitzern ein Angebot machen
Konkret heißt das, dass wir dringend ein Angebot für jene Immobilienbesitzer brauchen, die sich von ihrem Besitz trennen wollen, aber dabei die Interessen ihrer Mieter im Auge behalten wollen. Diese können dann je nach Struktur der Mieterschaft zu landeseigenen Gesellschaften, Genossenschaften oder auch in selbst verwaltete Hausgemeinschaften überführt werden.
Die volle Konzentration auf die Frage, wie wir verhindern, dass die Stadt einfach von diversen Versicherungsgesellschaften, Geldwäschern und Spekulanten aufgekauft wird, sichert auf Dauer viel mehr kostengünstige Wohnungen als jene 60 000, die das Land jetzt von der Deutsche Wohnen erwerben könnte.
Der Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters kann der Auftakt für die notwendigen Debatten um diese neue Wohnungspolitik sein. Er kann aber auch dazu führen, dass sich nach einer solchen Entscheidung alle zurücklehnen und das Problem für erledigt halten. Dann wäre der Rückkauf dieser Wohnungen schädliche Symbolpolitik.
Oliver Schruoffeneger (Grüne) ist Stadtrat für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt in Charlottenburg-Wilmersdorf.
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Oliver Schruoffeneger