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Angesicht der jüngsten Fälle forderte der Berliner Fahrgastverband erneut Videokameras auf S-Bahnhöfen.
© dpa

Gewalt im Nahverkehr: Wieder Übergriffe in S-Bahn – wieder ohne Bilder

Nach neuen Gewalttaten bei der S-Bahn fordern Fahrgastverband und Unternehmensführung den Einsatz von Kameras. Bisher ist der Betriebsrat aber dagegen. Er befürchtet die lückenlose Überwachung durch den Arbeitgeber.

Der Betriebsrat der S-Bahn und die Lokführer-Gewerkschaft (GDL) geraten mit ihrer Ablehnung von Überwachungskameras auf Berlins S-Bahnhöfen immer mehr in die Defensive. Zwei erneute Gewaltvorfälle haben die Rufe nach einer flächendeckenden Videoüberwachung aller Bahnhöfe weiter verstärkt.

Mittwochfrüh wurden zwei Männer auf dem Bahnhof Ahrensfelde von unbekannten Tätern mit Fäusten und Tritten attackiert. Und in der Nacht zum Donnerstag traten Graffitisprüher einen Fahrgast am S-Bahnhof Wuhlheide, als dieser sie am Beschmieren eines Zuges hindern wollte. In beiden Fällen flüchteten die Täter unerkannt. Wären die Übergriffe aufgezeichnet worden, hätte die Polizeifahndung wesentlich größere Erfolgsaussichten – wie bei der BVG, wo Aufnahmen jetzt 48 Stunden gespeichert werden und mehrfach Straftäter ermittelt werden konnten.

In Ahrensfelde wurden die 22 und 32 Jahre alten Opfer gegen 6.30 Uhr nach eigener Aussage „unvermittelt“ von zwei schwarz gekleideten Männern angegriffen, als sie den Bahnsteig verlassen wollten. Der Ältere erlitt durch Tritte eine Schädelprellung. Seinem Begleiter schlugen die Täter derart heftig ins Gesicht, dass er eine Fraktur am rechten Auge erlitt. Laut Bundespolizei sind die Hintergründe des Vorfalls „völlig unklar“. Die Opfer seien nicht beraubt worden.

An der Wuhlheide beobachtete ein 51-jähriger Fahrgast in der Nacht zu Donnerstag, wie sechs maskierte Graffitisprüher den gerade angehaltenen Zug beschmierten. Als der Mann einen Sprüher festhielt und ihm die Maske vom Kopf reißen wollte, traten dessen Komplizen laut Bundespolizei auf ihn ein. Der 51-Jährige konnte sich in den abfahrenden Zug retten. Wie berichtet, hatte es schon am Wochenende zwei Gewaltattacken auf den S-Bahnlinien 2 und 7 gegeben, nach denen die Täter unerkannt flüchteten.

Angesicht der jüngsten Fälle forderte der Berliner Fahrgastverband (IGEP) am Freitag erneut Videokameras auf S-Bahnhöfen. Diese seien „kein Allheilmittel, aber ein wichtiger Teil der Gewaltprävention“. Die S-Bahn-Führung sieht das seit 2006 genauso, wird aber von Gewerkschaftsseite gebremst. Der Betriebsrat fürchtet, die Fahrer seien dann in den Bahnhöfen einer lückenlosen Überwachung durch den Arbeitgeber ausgeliefert. Deshalb seien die Verhandlungen zur Videoüberwachung 2008 abgebrochen worden, sagte Betriebsrat Jens Mietzelfeld. Würden die Kameras so eingestellt, dass sie die Triebfahrzeugführer nicht erfassen, wäre aus Sicht des Betriebsrats ein Aufzeichnen möglich.

Kameras gibt es bereits an den meisten Bahnhöfen. Sie gehören zum neuen Abfertigungskonzept, bei dem die Fahrer die Züge per Monitor kontrollieren sollen. Noch ist das System aber nicht zugelassen. Aufgezeichnet werden schon Aufnahmen auch in S- Bahnhöfen, für die der Bereich Station und Service des Bahnkonzerns zuständig ist. Deren Zahl konnte ein Sprecher nicht nennen; Ahrensfelde und Wuhlheide gehören nicht dazu.

Klaus Kurpjuweit, Christoph Stollowsky

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