zum Hauptinhalt
Videoüberwachung bei der BVG.
© Thilo Rückeis

Gewalt im Nahverkehr: S-Bahner lehnen Videoüberwachung ab

Viele Gewalttaten in Bussen und Bahnen der BVG können aufgeklärt werden - durch Auswertung der Videoüberwachung. Anders bei der S-Bahn: Dort verhindern Betriebsrat und Lokführer-Gewerkschaft die Kameras. Erst am Wochenende gab es wieder Gewaltvorfälle ohne Filmmaterial.

Die Berliner S-Bahn macht es Gewalttätern einfach, unerkannt zu entkommen. Was bei der BVG in U-Bahnen und Bussen inzwischen normal ist, abschrecken soll und geholfen hat, Überfälle aufzuklären, scheitert bei der S-Bahn an Datenschutz-Bedenken des Betriebsrates und der Lokführer-Gewerkschaft GDL: Die Überwachungskameras nehmen kein Videomaterial auf, das von der Polizei ausgewertet werden könnte. Gewalttäter kommen nach Attacken auf andere Fahrgäste in der S-Bahn leicht davon. Erst am Wochenende gab es erneut mehrere Vorfälle.

Einem Berliner Bundespolizisten wurde seine Zivilcourage außerhalb des Dienstes zum Verhängnis: Der Beamte wurde – wie erst jetzt mitgeteilt wurde - bereits am Samstagabend Opfer eine Gewaltattacke in der S-Bahn-Linie 2. Der 41-jährige Beamte war in Blankenfelde (Teltow-Fläming) um 23.20 Uhr in die S-Bahn in Richtung Berlin gestiegen. In dem Waggon saß auch eine Gruppe Jugendlicher, einer von ihnen rauchte im Zug. Der Beamte wies die Jugendlichen auf das Rauchverbot im Zug hin. Einer von ihnen attackierte den Mann und nahm ihn in den Schwitzkasten. Ein anderer schlug dem Beamten dann zwei Mal mit der Faust ins Gesicht.

Als die Jugendlichen von dem Polizisten abließen, konnte er über den Notruf seine Kollegen alarmieren. Erst am S-Bahnhof Buckower Chaussee, vier Stationen nach Blankenfelde stiegen die Täter aus der S-Bahn und flüchteten. Die sofort eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen brachten nichts, die jugendlichen Schläger konnten nicht gefasst werden. Der geschlagene Polizist erlitt leichte Verletzungen im Gesicht, lehnte es aber ab, sich ärztlich behandeln zu lassen. Die Bundespolizei ermittelt jetzt wegen gefährlicher Körperverletzung.

In einer S-Bahn der Linie 7 bedrohten zwei Männer in der Nacht zu Sonntag eine Frau und stahlen ihr das Handy. Die 24-Jährige war mit drei Freundinnen vom Alexanderplatz in Richtung Potsdam unterwegs. Die beiden Männer belästigten die Frauen , einer zog ein Messer hervor und bedrohte die 24-Jährige. Als die Frau die Polizei verständigen wollte, riss ihr einer der Täter das Mobiltelefon aus der Hand. Einem anderen Fahrgast, der den Frauen helfen wollte, sprühten die Angreifer Pfefferspray ins Gesicht, er musste in ein Krankenhaus gebraucht werden. Schließlich verließen die Täter am S-Bahnhof Bellevue den Zug und flüchteten. Die vier Frauen blieben unverletzt. Die Kriminalpolizei hat ein Verfahren wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung eingeleitet.

Bei flächendeckender Videoüberwachung aller 166 S-Bahnhöfe hätte die Polizei jetzt Bilder von den Tätern. Ein Bahn-Sprecher bestätigte, dass die Kameras nur für den S-Bahn-Betrieb da sind und dem Fahrer bei der Selbstabfertigung dienen. Ein Gewerkschaftssprecher erklärte, die Kollegen seien wegen datenschutzrechtlicher Bedenken vehement gegen die Videoaufzeichnung an Bahnhöfen. Es bestehe die Sorge, der Arbeitgeber könnte das Verhalten der Fahrer beim Ein- und Ausfahren sowie beim Selbstabfertigen der Züge prüfen. Noch 2006 hatte die S-Bahn-Führung angekündigt, dass auf Bahnhöfen Überwachungskameras installiert werden sollen. Eine Betriebsvereinbarung könnte ausschließen, dass das Material zur Kontrolle der Fahrer benutzt wird. Beide Seiten konnten sich bislang nicht einigen. „Wir setzen auf die regelmäßige Bestreifung der Bahnhöfe mit Sicherheitspersonal“, sagte ein Bahnsprecher. Insgesamt gibt es 500 Einsatzkräfte.

Alexander Fröhlich

Zur Startseite