Herbstbeginn: Wie Sie sich vor der Grippe schützen
Nun wird wieder gehustet und geschnieft – dabei steht die Grippesaison noch bevor. Experten raten aber schon jetzt zur Vorbeugung.
Mit dem Herbstbeginn und den zum Teil extremen Temperaturunterschieden steigt die Erkältungsgefahr. Auch wenn die echte Grippewelle erst im Dezember erwartet wird, raten Mediziner insbesondere Risikopatienten zur Impfung. Und schon jetzt steigt bei den Schwankungen zwischen warmen Sonnenstrahlen am Tage und nächtlichen Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt die Zahl grippaler Infekte.
„Die ersten Anfänge spürt man“, sagt Detlef Bothe, Vorsitzender des Verbandes Berliner Hausinternisten mit Praxis in Moabit. Bisher hält sich die Zahl der Erkältungen aber im normalen Bereich für diese Jahreszeit. Beim ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung ist die Zahl der schwerer erkrankten Erkältungspatienten, die einen Hausbesuch erfordern, noch gering.
Ob in diesem Winter wieder mit einer Epidemie der Virusgrippe zu rechnen ist, lässt sich jetzt noch nicht voraussagen. Die ersten Einzelfälle treten in der Regel im November auf, richtig bricht die Krankheit in Europa meist erst im Januar aus, sagt Susanne Glasmacher vom Rot- Kreuz-Institut.
Regelmäßiges Waschen der Hände
Egal ob simple Erkältung oder gefährliche Grippe: Die beste Vorbeugung vor einer Ansteckung ist das regelmäßige Waschen der Hände, so der Mediziner Bothe. Gerade an häufig berührten Gegenständen haften die Viren, dazu gehören die Haltestange in Bussen und Bahnen oder die Griffe von Einkaufswagen in Supermärkten.
Wer eine Türklinke berührt und sich anschließend die Nase reibt, kann sich schon infiziert haben, warnt der Arzt. Um die Gefahr der Weitergabe einer Erkältung zu minimieren, sollte man sich beim Niesen oder Husten nicht die Hand, sondern den Ellenbogen vor das Gesicht halten, rät Bothe. Kaum möglich sei es dagegen insbesondere für Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel, Menschenansammlungen zu vermeiden.
Wer älter als 60 Jahre ist oder unter chronischen Erkrankungen leidet, sollte sich impfen lassen, rät der Internist. Gleiches gelte für Menschen mit medizinischen oder pflegerischen Berufen. Wer sich regelmäßig impfen lässt, ist am besten geschützt. Denn die Impfstoffe sind immer nur auf drei Virenstämme zugeschnitten.
Viren verändern sich schneller als Impfstoffe
Neuere Impfstoffe, die gegen vier Stämme wirken und einen größeren Schutz bieten, werden von den Krankenkassen wegen der höheren Kosten nicht bezahlt, bedauert Bothe. Setzt sich doch ein anderer Stamm als erwartet in Europa durch, hilft unter Umständen die Restwirkung einer Impfung aus den Vorjahren, sagt der Mediziner.
Gegen welche Stämme geimpft wird, liegt nicht im Ermessensspielraum deutscher Ärzte oder Pharmahersteller. Das entscheidet die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die ihre Prognosen für den nächsten Winter allerdings bereits im nächsten Frühjahr erstellt, um den Herstellern genügend Zeit zu lassen, um ihre Impfstoffe zu verändern und zu produzieren.
So gab die Ad-hoc-Influenza-Arbeitsgruppe der EU die Empfehlung der WHO für diesen Winter bereits im März heraus und die Produzenten mussten ihre Produkte im Juni anmelden. „Die Impfstoffe für die neue Saison 2015/16 unterscheiden sich in zwei der drei Komponenten gegenüber der vorangegangenen Saison“, erläutert Klaus Cichutek, Präsident des für die Zulassung zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts.
Doch die Viren verändern sich bisweilen schneller als die Impfstoffe. 2014 beispielsweise mutierte der zirkulierende H3N2-Stamm nach Beginn der Produktion der dagegen letztendlich unwirksamen Impfstoffe. So lag die Schutzquote der Geimpften im vergangenen Winter nach Angaben des Rot- Kreuz-Instituts (RKI) nur bei 27 statt der üblichen 40 bis 60 Prozent.
Engpässe sind nicht zu erwarten
So ist die Impfbereitschaft eher gering. Sie liegt nach RKI-Umfragen gerade einmal bei der Hälfte der über 60-Jährigen und bei den jüngeren chronisch Erkrankten unter einem Viertel. Dennoch rät RKI-Sprecherin Glasmacher trotz der letztendlichen Ungewissheit zur Impfung. „Wenn es draußen regnet und Sie haben nur einen Schirm, der lauter Löcher hat, werden Sie trotzdem immer noch weniger nass.“ Gerade bei jüngeren Menschen, die einen stärkeren Impfschutz aufbauen, könne der Wirkungsgrad auch bis zu 80 Prozent betragen.
Für in Berlin lebende Flüchtlinge hatte der am stärksten frequentierte Bezirk Spandau bereits vor einigen Wochen eigene Impfstellen eingerichtet. Am vergangenen Montag wurde auch eine Impfstelle im Lageso an der Turmstraße eingerichtet. Dort hält man sich an die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), sagt die Sprecherin der Gesundheitsverwaltung, Regine Kneiding.
Die Neuankömmlinge erhalten zunächst die Kombi-Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln, gefolgt von Tetanus/Diphterie. Gegen Grippe werden gemäß diesen Richtlinien nur diejenigen immunisiert, die an chronischen Erkrankungen leiden. Engpässe bei den Grippe-Impfstoffen sind deshalb trotz der hohen Zahl von Flüchtlingen nicht zu erwarten.
Rainer W. During