Arminiusmarkthalle in Berlin-Moabit: Wie Moabiter sich gegen eine Dauerbaustelle vor ihrer Tür wehren
Die Straßensanierungen an der Arminiusmarkthalle verzögern sich seit Monaten. Ein Anwohner hat eine Petition ans Abgeordnetenhaus gerichtet, eine Café-Betreiberin eine Crowdfunding-Kampagne gestartet.
Wenn Antje Menz aus dem Fenster ihres Cafés in Moabit schaut, blickt sie auf Bagger, Steine, Container und Bauzäune. Aber sie sieht vor allen Dingen eins: Stillstand. Denn auf der Baustelle in der Jonasstraße, eigentlich als Maßnahme zur Aufwertung des Kiezes rund um die Arminiusmarkthalle gedacht, geht es nur sehr schleppend voran. Seit April wird gebaut, oder – besser gesagt: nicht gebaut.
Denn die Baufirma glänzt vor allem durch Abwesenheit, beklagen Anwohner. Eigentlich sollte die Sanierung der Straße im Juni abgeschlossen sein, doch auch heute ist der Abschnitt vor Menz’ Café „Natürlicher Lebensraum“ noch nicht wieder freigegeben. Und das, obwohl augenscheinlich alles fertig ist. Für Menz bedeutete die Dauerbaustelle vor ihrer Tür fast das Aus ihrer Existenz als Café-Betreiberin. Die ersten Wochen während der Bauarbeiten blieb ihr Geschäft trotz Lärm und Schmutz stabil. Doch im Sommer – als die Terrasse aufgerissen wurde – blieben die Kunden weg.
Gleichzeitig hatte die 30-jährige Konditorin wegen der hohen Nachfrage nach ihren süßen Kuchen gerade mit der Erweiterung ihres Lokals begonnen. Stammkunden des „Natürlichen Lebensraums“ hatten ihr für die Anmietung der benachbarten Gewerbefläche Privatdarlehen gewährt. Doch die Baustelle und ihre Folgen brachten Menz um ihre finanziellen Polster. Schließlich kam ihr die Idee, mit einer Crowdfundingkampagne auf der Internetplattform „startnext“ ihren Traum zu retten.
15.000 Euro braucht sie, um ihr aus allen Nähten platzendes 60-Quadratmeter-Lokal um weitere 70 Quadratmeter zu erweitern. Mehr als 6000 Euro hat sie schon zusammen, es bleiben noch 12 Tage, um ihr Ziel zu erreichen. „Mein Weg mit dem Café war oft schwierig und schien manchmal aussichtslos, aber ich habe hart gekämpft und konnte mich bisher immer durchsetzen und meine Ziele erreichen“, sagt Menz hoffnungsvoll.
Der neu gemachte Gehweg musste erneut aufgerissen werden, weil Leitungen, Hausanschlüsse und Fahrradständer vergessen wurden
Sie ist nicht die Einzige, die unter der Endlos-Baustelle leidet. Auch Klaus-Peter Paar, der um die Ecke in der Bugenhagenerstraße wohnt, ist in seinem Alltag massiv eingeschränkt. Der 70-jährige Rentner ist gehbehindert und auf die Sitzmöglichkeiten angewiesen, die der Gehweg der Jonasstraße gegenüber der Markthalle bietet.
Dieser ist jedoch seit Monaten gesperrt. Paar, der früher selbst bei einem Tiefbauamt gearbeitet hat, beschwerte sich beim Bezirk: Er schrieb E-Mails an den Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne), doch die Antworten blieben vage und stellten ihn nicht zufrieden.
Nun hat Paar eine Petition ans Abgeordnetenhaus gerichtet. Besonders ärgert ihn, dass die Baufirmen den Abschnitt vor seiner Haustür als Lagerplatz nutzen. „Es kann nicht angehen, dass das Bezirksamt die Baufirma dadurch begünstigt, dass sie ihr enorme Straßenflächen kostenlos zur Verfügung stellt“, klagt er. Auch dass der neu gemachte Gehweg erneut aufgerissen werden musste, weil Leitungen, Hausanschlüsse und Fahrradständer vergessen wurden, spricht nach Meinung von Paar für eine schlampige Bauleitung.
Ein Wohnzimmer im "rauen" Moabit
Auf Anfrage heißt es aus dem Bezirksamt: "Es kommt leider vor, dass es durch die Fülle an Anträgen bei der Bearbeitung der straßenverkehrsbehördliche Anordnungen immer wieder zu langen Bearbeitungszeiten kommt und geplante Baubeginne verschoben werden müssen." Außerdem sei es wegen des "außergewöhnlichen Starkregens" in diesem Jahr und "der sehr umfangreichen Sanierungsarbeiten aufgrund des maroden Leitungssystems im Land Berlin - zum Teil nicht in der ursprünglichen Planung vorgesehen" zu "Verzögerungen beim Bauablauf und zu einer Verlängerung des Bauzeitraumes" gekommen.
Schon über ein Jahr ist der Abschnitt vor Paars Haustür mit Containern blockiert. Er appelliert an die Politik: „Bitte sorgen Sie dafür, dass dieser Straßenabschnitt umgehend geräumt und freigegeben wird.“ Wenn das geschieht, soll es auch mit Menz’ Café vorangehen. Sie will nicht nur weitere Sitzplätze schaffen, sondern ihr Geschäftsfeld auch um Tea- und Dinnerparties, Backkurse sowie einen Sonntagsbrunch erweitern. „Das Café ist zu einem Wohnzimmer im „rauen“ Moabit geworden“, erzählt sie. „Die Menschen schienen regelrecht ausgehungert nach etwas Schönem.“