Coronavirus Berlin: Wie gut ist die Hauptstadt vorbereitet?
Die Charité rechnet nicht mit einer Ausbreitung in Europa. Die Gesundheitssenatorin richtet eine Hotline für verunsicherte Bürger ein.
Der Berliner Senat sieht die Hauptstadt gut auf mögliche Infektionen mit dem Coronavirus vorbereitet. Im Ernstfall sei Berlin „sehr gut aufgestellt“, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Montag. Sie verwies auf breit angelegte Aufklärung: An den Flughäfen Tegel und Schönefeld wurden Warnplakate in Deutsch, Englisch und Chinesisch aufgehängt, bei bestimmten Flügen werden Handzettel verteilt. Alle Passagiere könnten sich jederzeit an das routinemäßig auf Viren-Fälle vorbereitete Flughafenpersonal wenden.
Dennoch lässt Kalayci an diesem Dienstag unter 030 - 90282828 eine Hotline freischalten – es hatte zahlreiche Fragen zum Coronavirus gegeben. „Wir schalten ab Dienstag 8 Uhr eine Hotline zum Coronavirus“, schreibt die Gesundheitsverwaltung via Twitter. „Fachleute beraten dort zwischen 8 und 20 Uhr Menschen, die befürchten, sich angesteckt zu haben.“
Flughäfen, Feuerwehr und Charité probten
Die Zusammenarbeit von Flughäfen, Feuerwehr und der Universitätsklinik Charité sei erst vor wenigen Monaten in einer Übung geprobt worden, sagte Kalayci. Sie empfiehlt Reisenden aus dem chinesischen Risikogebiet, sich in einer Notaufnahme untersuchen zu lassen, falls ein Verdacht auf Atemwegserkrankungen vorliegt. Alle 38 Berliner Rettungsstellen können Verdachtsfälle isolieren.
Am Wochenende war ein erster Berliner Corona-Verdachtsfall auf der Isolierstation der DRK-Klinik in Wedding versorgt worden. Der Verdacht bestätigte sich nicht, die Frau soll sich in China aufgehalten und unter Atembeschwerden gelitten haben. Für die Behandlung schwerer Fälle wäre die landeseigene Charité zuständig. Mit dem dortigen Institut für Virologie und der Sonderisolierstation verfüge Berlin laut Kalayci „über eine sehr gute Ausstattung“.
Charité-Direktor: Derzeit keine Hinweise, dass sich das Virus in Europa verbreitet
Der Ärztliche Direktor der Charité, Ulrich Frei, sagte dem Tagesspiegel: „Selbstverständlich können wir nicht voraussagen, wie sich die Infektionsketten entwickeln. Derzeit aber haben wir keine Hinweise darauf, dass sich das Virus in Europa weiterverbreitet.“
Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht Deutschland gut gewappnet: „Grundsätzlich sind wir wachsam, wir nehmen die Dinge sehr ernst, wir sind aber auch gut vorbereitet“, sagte er. Pandemie- und Umgangspläne sorgten für Klarheit, was im Ernstfall an Flughäfen und in den Kliniken zu tun sei. Dabei gehe es darum, dass sich Passagiere mit Symptomen aus den entsprechenden Regionen „sehr zügig“ zu erkennen geben und einen Arzt aufsuchen.
„In einem nächsten Schritt würden die Kontaktpersonen identifiziert, die die betreffende Person in Deutschland, in Europa gehabt hat“, sagte Spahn. „Diese Kontaktpersonen würden informiert, aufgesucht und beraten und gegebenenfalls behandelt werden.“ Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums ergänzte, sie könne nicht ausschließen, dass es auch Screenings an Flughäfen geben werde. Derzeit rate die Weltgesundheitsorganisation davon aber ab.
Bundesminister Spahn: Krankheitsverlauf beim Coronavirus milder als bei Grippe
Zur „Einordnung“ sagte Spahn, dass der Krankheitsverlauf beim Coronavirus milder als bei einer Grippe sei: „An einer Grippe, wenn sie schwer verläuft, sterben in Deutschland bis zu 20.000 Menschen im Jahr.“ Auf die Frage, ob in Deutschland wie in China auch die Abschottung ganzer Städte möglich sei, führte Spahn das Beispiel von Masern an, die deutlich ansteckender seien als das Coronavirus. „Und wir bekommen auch einen Masernausbruch in Deutschland mit deutlich milderen Maßnahmen in den Griff, als wir sie derzeit in China sehen.“
Allerdings erwägt die Bundesregierung, ausreisewillige Deutsche aus China auszufliegen. Frankreich und die USA bereiten Rückholaktionen vor. In der betroffenen Metropole Wuhan in Zentralchina, dem Ausgangsort der Epidemie, lebten circa 90 Deutsche, teilte das Auswärtige Amt mit. Im Auswärtigen Amt tagte ein Krisenstab, der sich mit der Reaktion auf die Krankheit befasse. Derzeit gebe es keine Hinweise darauf, dass Deutsche vom Coronavirus betroffen sind.
China meldete bislang mindestens 80 Todesfälle und 2800 Infizierte. Außer in China traten einzelne Infektionsfälle in den USA, Australien und Frankreich auf. Österreich und Kanada meldeten je einen Verdachtsfall.