Berliner SPD-Fraktion wählt Chef: Wie groß wird der Unmut über Raed Saleh?
Am Dienstag stimmt die Berliner SPD-Fraktion über ihren Vorsitzenden ab. Eine Doppelspitze, wie von einigen gefordert, wird es wohl nicht geben.
Die Revolution ist abgesagt. Vorerst jedenfalls. Aller Voraussicht nach wird der SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, am Dienstag im Amt bestätigt. Wenn auch mit einem schlechteren Ergebnis als im September 2016, als Saleh auf 91,9 Prozent der Stimmen kam. Ein gutes Jahr später wurde er mit einem Brandbrief von 14 SPD-Abgeordneten konfrontiert, die ihm einen schlechten Politik- und Arbeitsstil vorwarfen. Nur mit knapper Not konnte Saleh seine Abwahl verhindern.
Damals schon, im November 2017, wurde über eine "Doppelspitze" diskutiert. Eine Genossin solle Ko-Vorsitzende werden, hieß es. Doch bis heute fand sich in der SPD-Fraktion keine klare Mehrheit für eine Kandidatin, nicht einmal die weiblichen Abgeordneten sind sich einig.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Fraktionschef Saleh keine Bereitschaft zeigt, die Macht freiwillig und gütlich zu teilen. Eine chronisch zerstrittene Fraktionsspitze will aber niemand. „Wir brauchen Geschlossenheit und kein Führungs-Duo, das sich gegenseitig die Butter vom Brot nimmt", verlautete am Montag aus beiden Lagern der Fraktion.
Spontane Kampfabstimmungen will niemand
Bisher liegt nicht einmal ein Antrag zur Änderung der SPD-Fraktionssatzung vor, um eine Doppelspitze juristisch zu legitimieren. Es müsste am Dienstag eine entsprechende Tischvorlage in die Fraktionssitzung eingebracht werden. Am Vortag sah es nicht danach aus. Spontane Kampfabstimmungen mit unkalkulierbarem Ausgang will offenbar niemand.
Übereinstimmend hieß es: Nur wenn die Fraktion eine Doppelspitze einvernehmlich und geordnet vorbereitet hätte, wäre die stellvertretende SPD-Landeschefin Ina Czyborra eine aussichtsreiche Bewerberin für den Ko-Vorsitz gewesen. Die Parteilinke wollte sich dazu nicht äußern, ebenso wenig der Fraktionschef Saleh.
Also wird die geheime Wahl des SPD-Fraktionsvorstands am Dienstag wohl nur zeigen, wie groß der harte Kern der Saleh-Widersacher noch ist. Gemeint sind jene Abgeordneten, die trotz der prekären Lage der SPD ihren Fraktionschef aktiv demontieren wollen.
Michael Müller hat einen Burgfrieden mit Saleh geschlossen
Das dürften weniger als jene 14 Genossen sein, die 2017 den Brandbrief gegen Saleh unterschrieben haben. Auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat schon vor Monaten einen Burgfrieden mit dem parteiinternen Widersacher Saleh geschlossen.
Er hält sich aus der fraktionsinternen Debatte raus. „Die Beiden haben sich längst arrangiert", so ein Abgeordneter. Die Forderung nach gegenderten Doppelspitzen in den Führungsgremien von Partei und Fraktion wird in der Berliner SPD trotzdem ein Thema bleiben.